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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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an Snibril heran. Er wagte es noch nicht aufzustehen.
    »Du hast es gefühlt«, sagte er. »Noch vor den Tieren.«
    »Auch die Moule sind dazu imstande«, entgegnete der Munrung. »Sie spüren es eher als ich. Sie rufen den Scheuerer nicht herbei, aber sie wissen, wann und wo er zuschlägt. Und sofort danach greifen sie an, nutzen die allgemeine Verwirrung aus …«
    Snibril und Careus blickten zu den Haaren hinüber.
    »Zu den Waffen!« rief der Sergeant.
    Ein Deftmene hob die Hand. »Zu welchen Waffen?« fragte er.
    »Ihr sollt eure Waffen für den Kampf bereithalten!«
    »Oh, gut.«
    Wenige Sekunden später kamen die Moule. Aber wenige Sekunden genügten. Etwa hundert Angreifer galoppierten ins Lager und rechneten damit, dort auf desorientierte, verletzte und unvorbereitete Gegner zu stoßen. Statt dessen fanden sie desorientierte, verletzte sowie außerordentlich gut vorbereitete und sehr entschlossene Kämpfer vor.
    Sie waren überrascht. Allerdings nur für kurze Zeit. Es handelte sich im wahrsten Sinne des Wortes um die letzte Überraschung ihres Lebens.
    Der Moul-Angriff veränderte alles. Deftmenen und Dumii hatten immer gekämpft, aber nie Seite an Seite. Es fiel sehr schwer, sich den Zorn auf jemanden zu bewahren, der am vergangenen Abend verhindert hatte, daß man von den Streitäxten und Speeren des Feindes getroffen wurde.
    Das kleine Heer setzte den Weg auf der Straße fort und sang. Zugegeben, es wurden drei verschiedene Lieder gesungen, und auch die Melodien unterschieden sich sehr, aber das Ergebnis zeichnete sich durch eine gewisse Harmonie aus – falls man keinen Wert darauf legte, den Text der einzelnen Lieder zu verstehen.
    »Manchmal singen die Burschen ein Lied über mich«, sagte der Sergeant. »Hat sieben Strophen. Einige von ihnen sind ziemlich unverschämt, und eine ist absolut unmöglich. Ich höre einfach nicht hin. Übrigens: Hast du gemerkt, daß die Schlauen in der letzten Nacht weggelaufen sind?«
    »Oh, ich glaube nicht, daß sie weggelaufen sind«, erwiderte Snibril. »Zumindest nicht im eigentlichen Sinne. So etwas paßt nicht zu ihnen. Ich nehme an, sie haben einfach entschieden, sich … mit anderen Dingen zu beschäftigen.«
    »Nach dem Kampf haben sie sich beraten«, brummte der Sergeant.
    »Vielleicht ging es ihnen darum, einen Plan zu entwi…«
    Der Munrung unterbrach sich.
    Sie hatten inzwischen eine Gegend erreicht, die direkt vom Schrecklichen Scheuerer heimgesucht worden war. Überall zeigten sich geknickte und umgestürzte Haare. Zu beiden Seiten der Straße ragten die traurigen Reste eines geborstenen Torbogens auf.
    Tote Soldaten lagen in der Nähe. Und die Leiche eines Mouls.
    Die Legionäre schwärmten stumm aus und beobachteten die Haare. Eine Gruppe erhielt den Auftrag, die Gefallenen zu begraben.
    »Ohne dich wäre es uns vielleicht ebenso ergangen«, sagte Careus: »Wenn du etwas spürst … Wieviel Zeit bleibt dann noch?«
    »Ein oder zwei Minuten«, antwortete Snibril. »Vielleicht etwas mehr. Kommt darauf an, ob es ruhig ist.«
    »Was empfindest du dabei?«
    »Irgend etwas scheint mir langsam den Kopf zu zerquetschen. Wo sind wir hier?«
    »Dies ist – beziehungsweise war – eins der großen Tore, die Zugang gewähren zum Land von Wehr. Die Stadt befindet sich weiter vorn.«
    »Ich habe mich immer gefragt, wie sie aussieht«, sagte Snibril.
    »Ich auch«, meinte der Sergeant.
    »Soll das heißen, du hast die Hauptstadt des Reiches nie gesehen?«
    »Nein. Ich bin in der Provinz geboren und aufgewachsen. Als Soldat kam ich viel herum – aber nie bis nach Wehr. Soll ziemlich eindrucksvoll sein. Eine Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten.« Careus seufzte. »Wir erreichen sie in einigen Stunden.«
    »Wehr …«, murmelte Snibril.

 

     
    W ehr war an und zwischen fünf riesigen Haaren erbaut worden. Eigentlich bestand die Metropole aus drei Städten, die ineinander ruhten. Jenseits des dicken Außenwalls erstreckte sich das Imperiale Wehr, eine Stadt, deren breite Straßen mit Holz und Salz gepflastert waren. Statuen säumten die Alleen. Dort konnte man einen prächtigen Ausblick genießen. Prunkvolle Bauten ragten empor, und überall erhoben sich Denkmäler, die an alte Schlachten, glorreiche Siege und sogar an die eine oder andere ruhmvolle Niederlage erinnerten.
    Nur wenige Personen wohnten im Imperialen Wehr, fast ausschließlich Kustoden, Gärtner und Dutzende von Bildhauern. Es handelte sich in erster Linie um eine Stadt zum Anschauen.
    Hinter einer

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