Die Teppichvölker: Roman (German Edition)
ihn.
Anschließend hielten sie Kriegsrat.
»Ich habe immer befürchtet, daß es dazu kommt«, verkündete Bane. »Einst wurde der Gebieter gewählt, doch Targon sorgte dafür, daß er Titel und Macht auf seinen dämlichen Sohn übertragen konnte. Kaum jemand erhob Einwände. Meine Güte, genausogut könnte man Könige einführen.«
»Das geht zu weit!« protestierte Brocando.
»Entschuldige! Du hast recht. Bei euch Deftmenen gibt es schon seit langer Zeit Könige. Ihr wißt, worauf es bei einem guten König ankommt.«
»Fangt jetzt nicht an, euch zu streiten«, warf Snibril ein. »Wir sollten uns statt dessen überlegen, was die Moule anstellen.«
»Ist doch ganz klar«, erwiderte Bane. »Sie warten auf den Schrecklichen Scheuerer – um anzugreifen, wenn es bei uns drunter und drüber geht. Sie sind nur ein wenig ungeduldig geworden.«
»Vielleicht haben wir Glück«, sagte Eulenglas. »Nun, wenn ich hier von ›Glück‹ spreche, so meine ich natürlich …«
»Es wird passieren.« Bane deutete bedrückt auf eine Karte. »Wenn man das Dorf, Wagnis und Wehr mit Strichen verbindet, so entsteht eine gerade Linie.«
»Und was folgt daraus?« erkundigte sich Snibril.
»Unheil«, antwortete Pismire düster. »Wo steckt der Gebieter?«
»Glurk und die Köche haben ihn in der Küche eingesperrt«, erklärte Bane. »Der richtige Ort für ihn. Dort kann er sowohl essen als auch schreien.« Er blickte auf einen Zettel. »Insgesamt besteht unser Heer aus nicht mehr als eintausendfünfhundert einsatzfähigen Kämpfern.«
»Es sind sogar noch weniger«, sagte der Schamane. »Die Frauen, Kinder und Alten dürfen nicht allein und schutzlos in der Stadt bleiben. Denk an Tregon Marus! Gebäude stürzen ein. Wir müssen die Bewohner in Sicherheit bringen und sie schützen.«
»Und wenn wir die Frauen bewaffnen?« schlug Brocando vor.
»So ein Unsinn«, schnaufte Bane. »Frauen wissen nicht, wie man kämpft.«
»Deftmenische Frauen verstehen sich gut darauf.«
»Ach? Und gegen wen kämpfen sie?«
»Gegen deftmenische Männer«, sagte Brocando.
»Eigentlich ist die Idee gar nicht so schlecht«, murmelte Pismire nachdenklich. »Die Faust meiner Oma war weit und breit gefürchtet – wo sie zuschlug, hatten Zähne keine Zukunft mehr. Ihr wäre es bestimmt nicht schwergefallen, einen Moul gründlich durch die Mangel zu drehen.«
»Ich verbiete es«, sagte Bane kategorisch. »Kämpfende Frauen? Dann wird kein Krieg geführt; dann gibt es schlicht und einfach ein ordinäres Durcheinander. Nein, kommt nicht in Frage. In dieser Hinsicht lehne ich jeden Kompromiß ab, Euer Majestät. Bring die Frauen meinetwegen in Sicherheit – aber damit hat es sich. Meine Güte, sie haben nicht die geringste Ahnung von Taktik und so.«
»Na schön.« Brocando nickte. »In Ordnung. Keine kämpfenden Frauen.« Bei den letzten Worten zuckte der Hauch eines Lächelns in seinen Mundwinkeln.
»Außerdem gibt es gar nicht genug Waffen«, fügte Bane hinzu.
»Zum Palast gehört auch ein großes Arsenal«, sagte Eulenglas.
»Ja, aber als wir uns dort umsahen, fanden wir nur ein Loch im Boden«, teilte ihm der Dumii-General mit. »Die Moule haben alles fortgeschafft.«
»In dem Fall …«, begann Brocando.
»Vermutlich möchtest du vorschlagen, die Moule anzugreifen, um ihnen die Waffen abzunehmen, oder?« fragte Bane kühl.
»Nun …«
»Nein.« Bane schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sie sind dort draußen. Und sie sind unter uns. Ich weiß es. Sie warten. Um anzugreifen, nachdem der Schreckliche Scheuerer zugeschlagen hat. Das ist ihre Strategie. So gehen die Moule vor, wenn es ihnen nicht gelingt, sich beim Feind einzuschleichen und ihn zu besiegen, ohne daß er etwas davon merkt.«
Snibril hatte aufmerksam zugehört. Als er schließlich sprach, gewann er den Eindruck, niedergeschriebene Worte vorzulesen. Die Silben lagen ihm bereits auf der Zunge – er brauchte nur den Mund zu öffnen, damit sie eine Botschaft vermittelten.
»Ich kann helfen«, sagte er. Eine Sekunde später fühlte er die Blicke aller Anwesenden auf sich ruhen.
»Ich weiß, wann der Schreckliche Scheuerer zuschlägt«, fuhr er fort. »Ich spüre es, zwar nicht so deutlich wie die Moule, aber eher als die meisten Tiere.«
»Er hat recht«, meinte Sergeant Careus. »Ich hab's selbst erlebt.«
»Nun, das wäre tatsächlich eine große Hilfe«, sagte Bane.
»Ich glaube, ihr versteht nicht ganz.« Snibril gestikulierte. »Wie verhalten sich die Moule
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