Die Terranauten 018 - Odyssee der Verlorenen
bald als einer der Zähesten, was das Ziehen des Schlittens anging.
Die Sturmvogel schmolz hinter ihnen zu einem winzigkleinen, schwarzen Punkt zusammen, als sich plötzlich eine kleine Gestalt von der Reling löste und über Bord sprang. Die Schnelligkeit, mit der sich der unbekannte Verfolger auf die sechs Schlittenzieher zubewegte, war erstaunlich. Erst als die Sturmvogel nicht mehr zu sehen war und unerwartet der Schneefall wieder einsetzte, drehte Farrell sich herum und bemerkte, daß ihnen jemand folgte.
Fünf Minuten später schrie er: »Es ist Mark! Beim Sternenfeuer von Alpha Crucis!«
Der Sohn des alten Markham winkte ihnen lächelnd zu, als er näher kam. Farrell fluchte, tat es aber so, daß niemand seinen Zornausbruch bemerkte. Collyn seufzte und zuckte die Schultern.
»Wir müssen ihn mitnehmen«, stellte David terGorden fest. »Ich glaube, er mag uns und hat Vertrauen zu uns gefaßt. Wir dürfen seine Gefühle nicht verletzen.«
*
Gegen Abend wuchs sich der Schneefall zu einem ausgewachsenen Sturm aus. Collyn, der an der Spitze des Zuges ging und den anderen mit seinen breiten Schneeschuhen den Weg ebnete, blieb plötzlich stehen.
»Es hat keinen Zweck mehr. Der Schneefall ist einfach zu stark. Wir müssen ein Lager aufschlagen.«
Die Gruppe steuerte auf das linke Ufer zu, zog die Schlitten »an Land« und begann sofort, ein großes Quadrat des Schnees festzutreten. Collyn und Farrell packten das Zelt aus und stellten es auf. Es war groß genug für sechs Personen, aber der Rest der Ladung mußte draußen bleiben. Nachdem man sich weitgehend bequem eingerichtet hatte, stellte Collyn einen eisernen Kessel in die Mitte des Raumes, füllte ihn mit faustgroßen, schwarzen Steinen und zündete sie an. Die kohlenähnlichen Dinger brannten sofort und erzeugten eine behagliche Wärme. Obwohl das Feuer nur klein war, wurde es im Zeltinneren bald so heiß, daß man sich der Pelzkleidung entledigen konnte. David ging sogar soweit, den Eingang zu öffnen, aber der Windstoß, der ihn dabei traf, war so stark, daß er beinahe umfiel und sein Vorhaben auf der Stelle vergaß.
Der Wind begann nun zu heulen, das Zelt wackelte bedrohlich. David legte sich neben Thorna auf den Boden und bemerkte, daß sie zitterte.
Arlene packte etwas zu essen aus und verteilte es, nachdem sie es auf kleinen Spießen über dem Feuer geröstet hatte. Es war Rochenfleisch. Collyn reichte dazu ein ziemlich hartes Brot.
Obwohl David alles versuchte, um einschlafen zu können, machte er in dieser Nacht kein Auge zu. Die Zeltdecke begann sich immer tiefer auf sie hinabzusenken, was ein Anzeichen dafür war, daß der Schnee sie mittlerweile tief unter sich begraben haben mußte. Als er den Eingang öffnete, um die abgestandene Luft heraus- und frische hineinzulassen, prasselte ihm eine Ladung kalten Schnees ins Gesicht.
Die anderen schliefen. David versuchte, den Kopf aus dem Zelt zu stecken und stellte fest, daß das nicht möglich war. Das Zelt war einen Meter fünfzig hoch. Bedeutete das etwa, daß in dieser kurzen Zeit der Schnee so hoch gefallen war?
Er dachte an die draußen stehenden Schlitten und den darauf festgeschnallten Proviant und geriet beinahe in Panik. Was war, wenn sie sie nicht mehr wiederfanden?
Er warf sich mit aller Gewalt gegen den den Eingang versperrenden Schneehaufen und stellte mit Erleichterung fest, daß er ihn noch durchdringen konnte. Der Wind, der hier draußen viel lauter heulte als im Inneren des Zeltes, zerrte an seinen langen Haaren. Zum Glück hatte er die Pelzmütze abgelegt; sie wäre ihm ansonsten mit hundertprozentiger Sicherheit vom Kopf gerissen worden.
Die Zeltwände waren dick von Schnee bedeckt. Der Wind hatte ungeheure Massen vor sich hergeblasen, die sich nun am nächstbesten Hindernis – der nördlichen Zeltwand – abgesetzt hatten. Auch das Dach machte den Eindruck, als würde es der Belastung nicht mehr lange standhalten. Kurzerhand ging David an die Arbeit, streckte die Arme aus und raffte soviel er fassen konnte zusammen. Er brauchte weniger als fünf Minuten, dann war das Zeltdach schneefrei und begann sich von neuem zu bedecken.
David fluchte. Wenn sie nicht erdrückt werden wollten, mußte er in dieser Nacht noch mehrere Male hinaus.
Als er ins Zeltinnere zurückkehren wollte, ließ ihn ein langgezogener Heulton verharren. War das der Wind gewesen?
Er sah sich um, entdeckte aber nichts. Die Nacht war zwar ebenso finster wie jede andere auf Rorqual. Irrte er sich,
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