Die Terranauten 034 - Der Renegat
hätte lesen können. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatten die Grauen Anti-PSI-Mittel genommen, so daß ein schrankenloses Eindringen in ihr Bewußtsein ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Aber das war jetzt auch nicht nötig. In jedem Fall hatte er die Gewißheit, daß sich vier Tamerlaner an Bord befanden. Mindestens vier, genauer gesagt. Auch wenn aus Sicht der Grauen gegenwärtig keine Veranlassung mehr bestand, einen PSI-Block aufrechtzuerhalten, konnte diese Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen werden.
Sekunden später spürte er, wie eins der vier Bewußtseine abrupt aufhörte zu existieren. Für ihn zu existieren jedenfalls.
Llewellyn wußte, was das bedeutete. Einer der vier Grauen war ein Schatten. Er hatte das Tasten fremder Gedankenimpulse in seinem Bewußtsein bemerkt und sofort danach einen geistigen Schutzschirm aufgebaut. Die Garden traute den Aquanern also so wenig, daß sie sogar auf der TASCA versteckte Treiber einkalkulierten.
Roglan Alessandr bestätigte die Feststellungen des Riemenmanns. Auch er hatte lediglich einen PSI-Begabten ermitteln können. Seine telepathischen Fähigkeiten waren nur sehr rudimentär ausgebildet. Deshalb hatte er die anderen drei gar nicht spüren können. Er war jedoch einigermaßen beruhigt, als er hörte, daß sich aller Wahrscheinlichkeit nach insgesamt nur vier Graue an Bord befanden.
»Mit den vier werden wir leicht fertig«, sagte er großspurig. »Du schnappst dir zwei, ich mir die anderen beiden. Und dann …«
Er schwieg, lauschte in sich hinein.
»Der Schatten ortet uns!« registrierte er. »Am besten dürfte es sein, wir bauen unseren Block wieder auf.«
»Nein, noch nicht«, widersprach der Riemenmann. »Der Bursche soll durchaus herausfinden, daß wir uns hier im Ringo-Hangar befinden.«
Er spürte die fremden PSI-Strömungen, die sich wie Tentakel in sein Bewußtsein drängten. Ganz bewußt ließ er in seinen Gedanken ein plastisches Bild des Hangars entstehen. Erst dann errichtete er wieder seinen Gedankenschirm und bedeutete Roglan dem Großen, dasselbe zu tun.
»So«, sagte er, »eigentlich müßten unsere grauen Freunde jetzt gleich hier auftauchen, um uns dingfest zu machen.«
»Und dann geben wir es ihnen!« meinte der kleine Terranaut spontan. »Wir legen uns auf die Lauer und …« Ein nachdenklicher Zug huschte über sein Gesicht. »Hm, ob sie uns aber so einfach in die Falle laufen?«
»Ich glaube schon«, sagte Llewellyn zuversichtlich. »Wir müssen es nur richtig anstellen.«
»Und wie?«
»Ich mache das schon. Bleib hier, und warte auf mich. Am besten versteckst du dich hinter dem Ringo, so daß sie dich nicht sofort sehen. Und halte deinen Gedankenblock konsequent aufrecht, damit dich der Schatten nicht orten kann.«
Llewellyn verlor keine Zeit mehr und rannte aus dem Schiffshangar. Noch ließen sich die Grauen nicht blicken. Damit hatte er gerechnet. Die Gardisten waren wirklich keine Dummköpfe, die blindlings in einen Hinterhalt rannten. Sie würden ihre Aktion sorgfältig planen und ihre Sicherheit dabei keinen Augenblick außer acht lassen. Es sei denn, man gab ihnen ein falsches Gefühl der Sicherheit …
Und genau das hatte der Riemenmann vor.
In unmittelbarer Nähe des Hangars, auf der anderen Seite des Zentralgangs, lag der Kontrollraum für die Luftschleusen. Er war Llewellyns Ziel.
Für jeden Hangar gab es ein separates Steuerpult. Er trat an die Konsole heran, die den Hangar kontrollierte, in dem sich Roglan Alessandr nicht aufhielt. Rote und grüne Kontrollampen leuchteten ihm entgegen.
Mit routinierter Hand machte sich Llewellyn an die Arbeit. Er legte den Schalter um, der die Innenschleuse schloß. Sofort sprang die Farbe der Kontrolleuchte um. Aus Grün wurde Rot. Dann betätigte er den Mechanismus, der die Luftzufuhr regelte. Zusätzlich zu dem grünen Licht flammte jetzt ein gelbes auf, was bedeutete, daß der Regelcomputer den Befehl entgegengenommen und gespeichert hatte, ihn aber erst dann ausführen würde, wenn sich die Innenschleuse hermetisch geschlossen hatte. Sobald dies geschehen war, würde die Atemluft aus dem Hangar gepumpt. Abschließend bediente der Riemenmann dann auch noch den Schalter der Außenschleuse. Wieder trat ein zusätzliches gelbes Kontrollicht in Aktion. Auch diesen Befehl hatte die Elektronik nun akzeptiert. Die Außenschleuse würde sich jedoch erst in dem Moment öffnen, in dem der letzte Kubikzentimeter Luft aus dem Hangar herausgepumpt war.
Mehr brauchte Llewellyn
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