Die Terranauten 042 - Der Sammler
vollständig erstarrt und lag genauso reglos auf dem Blatt wie Lyda Mar.
Bevor der Nebel die Seerosenqualle endgültig einhüllte, warf Ennerk Prime noch einen letzten Blick zur Korallenstadt zurück – und wurde Zeuge eines phantastischen Schauspiels.
Aus den zahllosen Stollenöffnungen quollen ganze Schwärme von Traumhaken und vereinigten sich oberhalb der nur noch wenige Meter aus den Fluten ragenden Spitze der Korallenstadt zu einer gewaltigen, auf und ab tanzenden Wolke. Und hinter den Traumhaken schlossen sich die Höhlen.
Plötzlich drehte die Wolke ab und schwebte in Richtung Norden davon. Ein neuer Lebenszyklus hatte begonnen.
Dann verschwand das unglaubliche Bild plötzlich hinter treibenden Nebelfetzen.
Die Seerosenqualle glitt jetzt mit ständig zunehmender Geschwindigkeit über das Meer. Sie schien ihren alten Kurs wieder aufgenommen zu haben, ohne daß sie dazu einen besonderen Befehl erhalten hatte. Unwillkürlich atmete Ennerk Prime erleichtert auf.
Noch war nicht alles verloren. Sie würden den Südkontinent doch noch erreichen. Und bis dahin würden sich sicherlich auch Lyda Mar und Damon Credock wieder erholt haben!
Zu diesem Zeitpunkt konnte der Terranaut natürlich nicht ahnen, daß der Kurs der Seerosenqualle sie alle mitten in einen gewaltigen Sturm führen sollte, der sich jetzt schon jenseits der Nebelmassen zusammenballte …
*
In der Kommandozentrale der Geheimstation herrschte hektische Aktivität. Rund ein Dutzend Männer und Frauen – vorwiegend Wissenschaftler, aber auch Computertechniker und Sicherheitsfachleute – hatte sich hier versammelt, um über die neuesten Entwicklungen zu diskutieren. Laufend trafen weitere Beratungsteilnehmer ein, wurden kurz über den Stand der Dinge informiert und um ihre Meinung gefragt.
Eine ganze Wand der Zentrale bestand aus einem flimmernden Bildschirm, auf dem jetzt eine Karte des Planeten Sarym erschien. Leuchtpunkte zeigten die Positionen der schwimmenden Roboteinheiten an, die sofort ausgeschwärmt waren, um die verschwundene Seerosenqualle zu finden.
Verschwunden – oder, besser gesagt, von einer unbekannten Macht entführt!
Der junge Überwachungstechniker rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Da er es gewesen war, der die bestürzende Entdeckung gemacht hatte, stand er in gewisser Weise im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. Immer wieder richteten Neuankömmlinge Informationsfragen an ihn. Was genau hatte sich zugetragen? Konnte er darüber Auskunft geben, warum nur eine der beiden Seerosenquallen durch die Traumhaken vom Kurs abgebracht worden war? Was …?
Schlagartig erstarb das Stimmengewirr. Alle Blicke richteten sich zur Tür.
Auch der junge Techniker starrte das Wesen an, das jetzt langsam in den Raum schwebte. Wie jeder in der Station kannte er Dor Masali, den persönlichen Assistenten des Kommandanten, und er kannte auch die Gerüchte, die über den unheimlichen Cyborg im Umlauf waren. Es hieß, daß Masali bei einem Ausbruch unbekannter psionischer Energien entsetzlich verstümmelt worden sei. Aber das sollte nun schon runde fünfzehn Jahre zurückliegen.
Über die genauen Begleitumstände der Katastrophe wußte allerdings niemand etwas.
»Ich möchte Sie bitten, jetzt Ihre Plätze einzunehmen«, schnitt die gefühllose Stimme des Cyborgs durch den Raum. »Der Kommandant wird in wenigen Augenblicken eintreffen, so daß wir mit der Krisensitzung beginnen können.«
Der Klang der Computerstimme ließ den jungen Techniker frösteln. Immerhin wirkte der monströse Cyborg hier, in diesem kleinen Saal voller Menschen, nicht ganz so beängstigend wie an jenem Tag, als der Techniker mit dem Kommandanten und dem Cyborg allein im Büro des Stationsleiters gesprochen hatte.
Auch die letzten Anwesenden hatten sich mittlerweile um den hufeisenförmigen Konferenztisch verteilt. Vereinzelt flackerten wieder Unterhaltungen auf, aber alle Gespräche wurden sehr gedämpft geführt.
Dann betrat der Kommandant den Raum.
Mit federnden Schritten ging er zum Kopfende des Tisches und setzte sich.
Der junge Techniker beugte sich gespannt vor. Unwillkürlich fiel sein Blick auf das Porträt-Hologramm des Lordoberst Valdec, das über dem Kopf des Kommandanten an der Wand hing. Etwas von der Autorität des obersten Befehlshabers schien auch auf den mittelgroßen, grauhaarigen Mann überzugehen, der gerade noch einen Schluck Wasser aus einem vor ihm stehenden Glas trank, bevor er das Wort ergriff. Der junge
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