Die Terranauten 052 - Die Irrfahrt der Somasa
konnte den Terranauten zwar nur schaden, aber sie würde die Männer wenigstens vor einem ungewissen Schicksal bewahren.
David hatte das Angebot zum Verlassen des Luftschiffes aber noch aus einem anderen Grund abgegeben:
Durch den großen Gewichtsverlust wurde die SOMASA auf der Stelle leichter und gewann stark an Höhe. Eine halbe Stunde, nachdem der letzte Mann das Schiff verlassen hatte, schwebten sie in zweihundert Meter Höhe. Die sie verfolgenden Reiter schienen jetzt den Mut zu verlieren, denn sie hielten an und berieten sich.
Gegen Mittag – inzwischen hatte Martion wieder das Ruder übernommen – fielen David wieder die beiden Gefangenen ein, die man in der Kapitänskajüte unter Verschluß hielt. Er betrat den kleinen Raum und setzte sich zu ihnen. Maris, der offenbar der Wortführer der beiden war, stand höflich auf und entbot ihm seinen Gruß. Elmo sah verunsichert aus dem Fenster. Die Höhe schien ihn zu erschrecken.
»Wer sind Sie, und weswegen sind Sie an Bord gekommen, wenn Sie nicht zu den Leuten gehören, die uns gestern ans Leder wollten?« fragte David kurz angebunden.
Maris berichtete von seinem Großvater und seinem Auftrag. »Mein Großvater ist ein alter und kranker Mann«, sagte er, »und kann jeden Tag sterben. Er möchte vor seinem Tod noch einmal mit einem Angehörigen seines Volkes sprechen, verstehen Sie?«
David horchte auf. »Soll das heißen, daß Ihr Großvater ein Mann von der Erde ist?«
Maris zuckte die Achseln. »Das sagt er. Er ist ein weitgereister Mann, das wissen alle, und er behauptet, einen Himmel zu kennen, an dem nachts kleine Lichter blinken, die er Sterne nennt. Er ist mit einem Schiff wie diesem aus dem Himmel gefallen. Damals war er noch ein junger Mann. Er hat es zu beträchtlichem Ansehen gebracht und ist heute geachtet und geehrt.«
David dachte nach. Er zweifelte keinen Augenblick lang an den Worten Maris’, denn Toland Ryker war beileibe nicht der erste Erdenmensch gewesen, der ihnen auf Rorqual in die Quere gekommen war. Alain Rogier, der die Kauffahrer gegen den Adel führte, stammte ebenso aus dem realen Universum wie Guy LaRamée, Thorna und Marcel d’Guinne. Sie alle waren Opfer irgendwelcher Schiffskatastrophen, die sich in Weltraum II ereignet hatten. Seit dem Beginn des Großen Exodus, der Millionen von Siedlern ins All hinausbefördert hatte, waren Hunderte von interstellaren Raumschiffen verschwunden. Einige davon mochten vom Kurs abgekommen und auf Planeten gelandet sein, die man bis jetzt noch nicht entdeckt hatte; der Großteil der Vermißten war aber zweifellos in Weltraum II abhanden gekommen. Soweit David wußte, war weniger als ein Dutzend davon auf Rorqual gestrandet. Jeder Bewohner dieses ungewöhnlichen Planeten stammte somit von irdischen Kolonisten ab; die meisten hatten aber im Laufe der Generationen ihre ursprüngliche Heimat vergessen und waren auf eine Kulturstufe zurückgefallen, die vergleichbar war mit der des irdischen Mittelalters.
Um das Ersuchen des jungen Mannes nicht allzu brüsk zurückweisen zu müssen – immerhin hatte, David momentan ganz andere Sorgen –, sagte er: »Wir werden die Bitte Ihres Großvaters wohl kaum erfüllen können, mein Freund, denn das Luftschiff, auf dem wir uns befinden, gehört leider nicht zu denen, womit meine Freunde und ich sonst unterwegs sind. Die SOMASA wurde auf der Insel Saryfa gebaut. Wir haben große Schwierigkeiten mit ihr, weil sie langsam ist und nicht hoch genug aufsteigen kann. Wir suchen seit gestern abend nach einem Weg durch die Berge.«
»Oh!« sagte Maris verblüfft, denn das, was er bisher an Bord zu sehen bekommen hatte, schien ihm das höchstmögliche Maß menschlichen Erfindergeistes widerzuspiegeln. Daß die Fremden über noch bessere Flugmaschinen verfügen sollten, versetzte ihn beinahe in einen Rausch.
Elmo, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, wandte plötzlich ein: »Ich kenne alle Wege durch das Gebirge. Ich habe mein halbes Leben dort verbracht. Aber … Ich weiß nicht, ob es angeraten wäre, einem Zauberer beizustehen.«
Ehe David, der erstaunt aufschaute, etwas sagen konnte, raufte Maris sich die Haare und schrie: »Zauberer? Und ich habe mir die ganze Nacht um die Ohren geschlagen, um dir beizubringen, daß wir es mit gewöhnlichen Menschen zu tun haben!«
Elmo lächelte verlegen. »Das kann ja durchaus sein. Daß sie gewöhnliche Menschen sind, meine ich. Aber zaubern können müssen sie trotzdem. Hat man etwa je davon gehört, daß Menschen
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