Die Terranauten 059 - Eine Welt für Yggdrasil
Monster. Nicht mehr die Mißgeburten, die für eine Verwertung unbrauchbar waren, sondern die Fleischmassen, die voller Haß waren auf diese Station, weil sie ahnten, daß wir ihr Schicksal verursacht hatten. Wir Menschen!«
»Keine unwissenschaftlichen Spekulationen, Captain«, sagte Deputy Sprott eisig.
Der Captain lachte heiser. »Alte Landratte«, sagte er und spuckte aus. »Ihr habt keine Ahnung, was hier läuft. Mann, werdet bloß nicht seekrank!«
Deputy-Manag Tonn Sprott regte sich nicht über diese respektlose Anrede auf. Tatsächlich, er war grün im Gesicht! »Weiter«, forderte er schwach.
»Dann kam der Angriff. Vor einigen Tagen. Vorher hatten wir noch Bericht erstattet über die Entwicklung, aber keiner von Euch sauberen Burschen hat es für nötig gehalten herzukommen. Ihr habt die Hosen voll, Ihr Landratten. Aber jetzt steht Euch allen auch das Wasser bis zum Hals!«
Der Gardist starrte den verwundeten Captain drohend an. Seine Hand zuckte zur Halfter seines Strahlers, aber ein grimmiger Blick von Asen-Ger ließ ihn verhalten.
»Jetzt ist keine Zeit für Höflichkeiten«, mischte sich Asen-Ger schnell ein. Er Wandte sich an Nelos: »Warum habt Ihr in dieser Situation nicht um Hilfe gerufen?«
»Es ging alles zu schnell. Die Monster überfluteten förmlich das Deck, rissen die Aufbauten ab, natürlich mitsamt den Antennen, und, Mann, wir haben gefunkt wie die Teufel, kann ich dir sagen, aber es wurde nicht übertragen. Und schließlich hatten wir keinen Strom mehr. Denn auch die Sonnenspiegel und Energiedetektoren, die Gezeitenkraftwerke am Rumpf und die Wärmetauscher waren weggerissen worden. Hier kommen wir nicht mehr weg. Wir nicht und ihr nicht!«
Ein dumpfer Ruck erschütterte das Fangschiff. Die ganze Station schien zu bersten. Hämmernde Gerausche waren zu hören. Die Bestien schienen nicht genug daran zu haben, die Station hilflos treiben zu lassen. Sie wollten sie versenken.
*
Nach drei Tagen hatte David es geschafft. Der Talkessel, es war der dritte dieser Art, den er am Rand der Steppe gefunden hatte, wirkte dermaßen einladend, daß er seine Herde zusammenpfiff.
Die Tiere kamen fröhlich auf ihn zugesprungen. Es waren inzwischen nicht nur Pferde, auf denen David abwechselnd ritt. Eine kleine Ziegenherde hatte sich beigesellt, und ein halbes Dutzend wilder Schweine tauchte immer wieder auf und schien sich in der Gesellschaft des jungen Terranauten sehr wohl zu fühlen, obwohl sie David mehr unter ihrem Aspekt als Fleischlieferanten ansahen.
David war froh über die Tiere, die ihn begleiteten. Sie halfen ihm und linderten seine Einsamkeit, von der er nicht wußte, wie lange sie noch dauern würde.
Der Talkessel war schön, weit im Norden, einsam und ein perfektes Abbild jenes Tales auf Grönland, in dem der Weltenbaum Yggdrasil Jahrmillionen gewachsen war.
David dachte viel über die rätselhaften Andeutungen nach, die der Weltenbaum im Herzen Rorquals über das Erbe der Macht gegeben hatte. Manchmal beschlichen ihn Zweifel, ob er der Menschheit eine neue Yggdrasil geben durfte. Aber er konnte nicht erst den mysteriösen Alten Wald suchen, um das Rätsel der Weltenbäume zu lösen. Das Konzil wartete auf neue Misteln, sonst würde es weiter bei der Kaiserkraft bleiben.
David dachte auch oft an Ultima Thule, an den Riesenpalast, den sein Vater nach den Plänen seiner Mutter erbaut hatte. Er dachte an seine langen Spaziergänge in das Tal der Mistelblüten, dachte an die Unterweisungen von Merlin III, der dritten Inkarnation des im Mittelalter bekannten Zauberers, und er dachte an Merlins Tochter Lithe, die seit Valdecs Berliner Transmitterexperimenten verschwunden war. David hatte mehrere Male auf der Erde nach ihrem Schicksal forschen lassen, aber selbst die Grauen Garden wußten nicht, was aus dem Mädchen geworden war.
David schüttelte die quälenden Gedanken ab. Er hatte viel zu tun. Das Schicksal eines Sternenreiches hing von ihm ab. David grinste – das Imperium des Konzils in der Hand eines halbnackten Gärtners. Zu schade, daß Valdec das nicht mehr miterlebte.
Zum x-ten Male sah David sich das Tal an. Sein Tal. Yggdrasils Tal.
Die Felsen strebten bis in eine Höhe von fünfhundert Metern auf. Sie waren schwarz und zerklüftet und offenbar vulkanischen Ursprungs. In ihre Spalten und Risse, die von den Zähnen der Zeit genagt worden waren, hatten sich Bäume und Büsche gesetzt, Ranken und Moos überwucherten ganze Felspartien. An verschiedenen Stellen
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