Die Terranauten 066 - Im Licht der Mördersonne
durchfuhr es ihn. Alle werden wir elend zugrundegehen.
Wieder blinzelte er, verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und versuchte, sich zu orientieren.
Aus der Helligkeit schälte sich ein diffus wirkendes Rohrbündel. Sah man länger hin, dann wurden die Rohre durchsichtig und enthüllten Kabel und fingerdicke Glasfaserstränge.
Als Phibas spürte, daß er weitersank, machte er heftige Schwimmbewegungen und bekam schließlich eines der Rohre zu packen. Krampfhaft hielt er sich fest und schnappte nach Luft. Der Schmerz in seinem Brustkorb wurde fast übermächtig.
Ein Geräusch ließ ihn sich umsehen.
Langsam driftete eine Gestalt aus dem grellen Licht. Hilflos rotierte sie um ihre eigene Achse, prallte gegen eines der Rohre und drohte davonzutreiben.
Aus einem Impuls heraus griff Phibas nach ihr.
Die Gestalt schrie auf, und der fette Mann erkannte entsetzt, daß die Haut des Unbekannten rot wie Feuer war.
Verbrennungen, natürlich, sagte sich Phibas grimmig. Und bis zum Anbruch der Nacht wird es noch schlimmer werden.
Trotz des Protestes zog er den Fremden näher.
Eine Frau, dachte der fette Mann erstaunt.
Genau wie bei ihm, so war auch die Kleidung der Frau transparent geworden, und nichts verriet an ihr, ob sie eine Technikerin war oder zum Wissenschaftlichen Stab gehörte.
Die Frau war starkknochig und vollbusig, und die empfindliche Haut an den Innenseiten ihrer Oberschenkel hatte Blasen geworfen.
Sie schrie noch immer und wehrte sich verzweifelt, und Phibas schrak zusammen, als sich ihre Blicke trafen.
Verrückt, erkannte er. Sie muß verrückt geworden sein.
Er ließ sie los, und ihre heftigen Bewegungen ließen sie wieder davontreiben, durch Wände und Böden, hinein in Calinas unbarmherzigen Glanz.
Tosten Phibas schloß die Augen.
Er spürte den Stoff seiner Hose über die Haut kratzen, und es tat weh. Vorsichtig öffnete er die Lider und senkte den Kopf. Obwohl er die Hose fühlte, konnte er sie doch nicht sehen. Und seine Haut war gerötet und spröde.
In die Tiefe, entschied der fette Mann. Vielleicht gibt es in den Kellergewölben einen Ort, wo man sich vor der mörderischen Sonne schützen kann.
Er stieß sich ab und tauchte ein in das gleißende Licht. Hin und wieder klangen von fern Stimmen auf, heiser und hysterisch, gefolgt von Schreien, und leisem Schluchzen.
Niemand in Kaisergrad schien von der unheimlichen Veränderung verschont worden zu sein.
Tiefer glitt der fette Mann hinab, und er fragte sich, was wohl aus Sholar geworden war. Unwillkürlich schnitt er eine Grimasse. Valdecs Neffe, dachte er, hat immer auf eine Gelegenheit zur Bewährung gewartet. Nun ist sie da. Hoffentlich macht es ihm Vergnügen.
Doch er hatte seine Zweifel.
Durch die roten Flecken, die seit kurzer Zeit seinen Blick trübten, entdeckte er einen wuchtigen Maschinenkoloß. Die Verkleidung aus Stahlplast war erstaunlicherweise von dem Transparenzeffekt noch nicht angegriffen worden. Ein weiterer Block, durch armdicke Kabel mit Transformatoren und Meßgeräten verbunden.
Phibas kramte in seiner Erinnerung. Vermutlich befand er sich in der Entwicklungsabteilung, wo ständig nach Verbesserungen für die Energiespeicherelemente geforscht wurde. Dies bedeutete, daß nur noch sechzig Stockwerke unter ihm lagen. Ein Geräusch ließ ihn verharren.
Mißtrauisch sah er sich um, doch seine Sehkraft ließ immer mehr nach. Das helle Licht … Es versengte die Retina.
Bei allen Raumgeistern, dachte Phibas grimmig, wenn das alles vorbei ist, werde ich mir eine neue Netzhaut transplantieren lassen müssen.
Wieder dieses Geräusch, dieser tiefe, knurrende Laut, der aus dem Nichts zu dringen schien.
Der Manag tastete sich weiter, schwebte halb in der sirupdicken Luft, die ihm Widerstand entgegensetzte, und deutlich empfand er den Sog der Schwerkraft. Hin und wieder passierte er einen amorphen, brodelnden Haufen; ein Schreibtisch vielleicht oder ein Computerterminal, die unter den unheimlichen Gewalten ihre molekulare Festigkeit verloren hatten und zu einer Protopmasse zerlaufen waren.
Das Knurren war jetzt lauter geworden.
Phibas schluckte, und er wünschte, eine Waffe zu tragen. Eine beklemmende Atmosphäre lag über diesem Raum irgendwo im Innern Kaisergrads, diesem lichtüberfluteten Saal, dessen Ausmaße nicht abzuschätzen waren und in dem nichts auf die Anwesenheit von Menschen hindeutete.
Ein weiteres Maschinenungetüm schälte sich aus dem allgegenwärtigen Gleißen; ein Block, so hoch wie ein
Weitere Kostenlose Bücher