Die Terranauten 069 - Die Bio-Invasion
gefälschtes Identifikationssignal aus, und die Schranke ließ sie durch. Ebenso die zweite und dritte Sperre. Dann gelangten sie an eine breite Panzerprotoptür. Diskin deutete auf einen grünschimmernden Sensorpunkt und verneigte sich.
»Meine Damen – Ladies first.«
Viveca betätigte den Öffner, und das Panzerprotop glitt beinahe lautlos zur Seite. Sie traten in die erste von insgesamt drei Lagerhallen. Cynthia riß die Augen auf und stöhnte verhalten.
Diskin Myers glaubte, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Die langen Regalreihen waren – leer. Keine Kartons, keine Container. Nichts. Gar nichts!
Sie stürmten in die zweite, dann in die dritte Lagerhalle, doch auch hier war das Bild gleich. Keine eingelagerten Lebensmittelvorräte. Nicht einmal eine einzige Konzentratpackung.
»Aus«, seufzte Diskin. »Wir sind zu spät gekommen.«
»Hast du uns nicht gesagt, daß laut Verwaltungsverzeichnis diese Lagerhallen noch gefüllt wären?« fragte Viveca nervös.
Er nickte müde.
Eine halbe Stunde später hatten sie die Lager über die Kanalisation wieder verlassen. Noch immer wogte die Flut aus Demonstranten den Mainboulevard Doriamans hinunter. Diskin Myers entriß einem vorbeieilenden Demonstranten den Stimmverstärker und brüllte, so laut er konnte:
»Die Lebensmittellager sind leer! Leer!«
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Zehn Minuten darauf liefen fast achtzigtausend Menschen Amok.
Währenddessen wurden die Schatten immer länger. Langnacht, rief der auflebende Wind. Langnacht, blinzelten die ersten am Firmament sichtbar werdenden Sterne.
*
Achte das Leben. Leben ist alles und eins. Ohne Leben ist der Kosmos nichts. Achte und verstehe das Leben. Jede Pflanze, jedes Tier, jede Mikrobe stellt ein in sich geschlossenes Universum aus Wünschen und Begehren dar. Töte nur, wenn du unbedingt mußt. Denn wenn du tötest, zerstörst du ein Universum und wirst damit zu einer auflösenden Kraft ähnlich der, die das Muster der Ewigkeit verzerrte, damals, in der Großen Katastrophe. Leben zerstört Leben, auf einer niedrigen Stufe, daran können wir Mirhyry nichts ändern. Doch wir selbst können uns vorsehen und nicht dem gleichen Fehler verfallen. Wir sind Leben, aber anderes Leben als das, das älter als selbst jener Makrokosmos ist, der uns umgibt und ein Teil von uns ist. Wir sind ein Fehler in der Struktur, und wir haben die Möglichkeit, uns selbst als Fehler zu verstehen und Einsicht zu gewinnen.
Handle immer im Einklang mit dir selbst und deinem Inneren Kosmos. Achte den Großen Plan …
(Aus: Lehrsätze der Mirhyry)
*
Wie eine lebende Rakete jagte der Lauffresser eine kleine Anhöhe hinunter, grunzte lautstark und winkelte dann seine Sprungbeine, so an, daß er schlitternd zum Stehen kam. Dihs Reijonen hatte Mühe, sich festzuhalten und nicht vom Rücken des Läufers geworfen zu werden. Der Lauffresser hob seinen breiten Schädel, und aus der Nasenöffnung glitt die schmale, mehrfach unterteilte Witterungszunge heraus.
Reijonens Partner vibrierte auf seinen bloßen Unterarmen. Er verstand und sprang vom Rücken des echsenähnlichen Geschöpfes hinunter. Der Lauffresser warf ihm aus seinen rosaroten Pupillen einen fast dankbaren Blick zu, röhrte und raste davon. Dihs konnte sehen, wie er auf einen zweiten Schatten zu jagte, der auf der Kuppe einer anderen Anhöhe auf ihn wartete.
Sexualität, erinnerte er sich, ist unteilbar. Sie ist eines der wichtigsten Instrumente für Harmonie. Stelle deine Ansprüche und Wünsche niemals über die Sexualität eines Geschöpfes.
In der Ferne röhrten die beiden Lauffresser, als sie sich vereinigten. Lauffresser waren ganzaktiv und kamen einmal während eines Standardtages in die Uhmer, in eine zeugungs- und empfangsfähige Zeit, die in der Regel eine knappe Stunde andauerte. Reijonen lauschte dem bizarren Gesang der beiden riesenhaften Geschöpfe und ließ sich vorsichtig in das Singgras nieder. Leise klirrten und knisterten die Halme des blauroten Grases, die teilweise pflanzlicher und teilweise kristalliner Struktur waren. Die Fangdomen am oberen Ende der Halme waren geöffnet, doch sie wandten sich von dem Viertnovizen ab, als wüßten sie genau, daß ihnen von ihm keine Gefahr drohte. Reijonen kommunizierte mit seinem Partner. Er empfand die Wünsche des Symbionten wie seine eigenen, die innere Harmonie, die ihn erfüllte, wie die, die seine Lippen tonlose Laute formulieren ließ.
Dihs sah die unsichtbaren
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