Die Terranauten 091 - Die Sümpfe von Genessos
ich konnte nicht eingreifen, sonst hätte ich alles möglicherweise noch schlimmer gemacht.
Cantos schwebte auf Isis 31 zu, berührte sie fast – sie als lebende Fackel.
Und Cantos verschwand gemeinsam mit Isis 31 in einem gähnenden Schlund.
War es nur Theater, eine Art Taschenspielertrick, hervorgerufen durch PSI? Was hatte Isis 31 vor?
Ich hätte mich selber ohrfeigen können, daß ich mir überhaupt eine solch banale Frage stellte.
Mit ein paar schnellen Schritten erreichte ich Frost und packte ihn am Kragen. Spielend leicht hob ich ihn hoch – und brauchte dazu keineswegs die Hilfe von PSI-Kräften.
»Was soll das alles?« knirschte ich. »Frost, ich breche dir die Knochen einzeln im Leib, wenn du mir nicht sagst, was du mit Cantos vorhast, verdammt noch mal.«
»Ich?« rief er erschrocken.
»Natürlich du. Mit wem rede ich denn sonst? Spuck es aus, Bursche, oder ich vergesse mich.«
»Das tun Sie doch schon, Llewellyn«, krächzte er. In seinen Augen stand die Todesangst.
»Rufen Sie das Monster zurück, Frost!«
»Es – es geht nicht, Llewellyn. Ich – ich darf mich nicht einmischen. Überhaupt, ich habe doch gar nichts damit zu tun. Isis 31 tut Cantos nichts, sondern demonstriert nur ihre Macht, um ihm zu zeigen, was die Neuen Menschen vermögen.«
Ich erinnerte mich an den verschlagenen Blick von Frost, als er hereingekommen war.
Nein, Frost hatte keinerlei Furcht verspürt. Das war eine glatte Fehlinterpretation von mir gewesen.
Ich stieß Frost zu Boden. In meinen Händen war er nichts als eine hilflose Puppe, die keinerlei Chancen hatte. Aber es machte mir keinen Spaß. Frost war ein Parasit, ein wimmelndes Gewürm mit menschlicher Maske. Er war weniger Mensch als Dawos oder alle Genessaner zusammen. Er war ein Teufel, dem man nichts anhaben konnte – nicht einmal, wenn man ihn umbrachte. Man erzeugte damit nur ein Machtvakuum, in das sofort andere von ähnlicher Sorte schlüpften. Sie würden mir sogar dankbar sein.
Frost lag am Boden und grinste mich an. Vielleicht nannte er es ein freundliches Lächeln. Für mich jedenfalls war es nichts als ein gemeines Grinsen.
Ein Blick über die Schulter.
Das gähnende Loch, das direkt in die Hölle zu führen schien und das Isis und Cantos auf geheimnisvolle Weise verschlungen hatte.
Mein Blick zu Frost. Ich griff nach den goldenen Riemen in Bauchhöhe, griff hinein und zog daran.
»Sie haben dich doch so gestört, nicht wahr? Du hast mich mit einer wandelnden Mumie verglichen, die statt Leichenbinden Goldriemen trägt, was? Es wird Zeit, daß ich deinen ästhetischen Ansprüchen genüge und die Riemen entferne!«
Frost zitterte wie Espenlaub. Er streckte mir abwehrend die Hände entgegen. Seine Augen schienen so groß wie Billardkugeln zu werden. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Auf die Stirn traten dicke Schweißperlen.
»Nicht!« wimmerte er.
Es war so kläglich, daß mir prompt übel wurde.
»Er hat recht!« sagte jemand ruhig hinter mir.
Es war tatsächlich Cantos, und Isis 31 lag regungslos und in seltsam verkrümmter Haltung am Boden.
Cantos kam näher. »Ich weiß, Llewellyn, du wolltest ihm nur Furcht einjagen, damit er Isis 31 zurückpfiff, weil du um mein Leben gefürchtet hast. Glaube mir, Frost hat ausnahmsweise nichts damit zu tun. Es war ein Alleingang von Isis. Sie fühlte sich von mir übergangen und nicht für voll genommen. Das ist das Schlimmste, was diesen seltsamen Menschen geschehen kann. Sie sind keine Menschen, sondern Monstren, Llewellyn. Wenn Valdec wirklich den Frieden will, sollte er sie abschaffen.«
So hatte ich Cantos noch nie sprechen hören.
»Abschaffen?« echote ich verwirrt.
»Ich bin kein Mörder, Llewellyn, und bin auch gegen Gewalt, aber die Supertreiber sind eine Gefahr, schlimmer als Kaiserkraft. Noch gelingt es Valdec, sie zu bändigen, aber irgendwann werden sie ihn überlisten und der Menschheit das Ende bringen – unwiderruflich. Du hast es selber gehört, daß sie euch überhaupt nicht als Menschen ansehen, sondern als Tiere, die es auszumerzen gilt. Isis wollte mir nichts tun, sondern nur ihre Macht demonstrieren. Sie wollte uns zeigen, daß nur Supertreiber und ihre Dirigenten wesentlich sind. Damit handelte sie gegen den Willen von Frost. Ich habe sie gelehrt, daß jeder seinen Meister findet. Sie wird bald wieder zu sich kommen und wahrscheinlich nicht einmal begreifen können, was mit ihr geschehen ist.«
Ich konnte auch nur eines begreifen: Cantos war selbst einem
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