Die Terranauten 096 - Planet der Illusionen
nickte eilig. Den Schmerz hatte er offenbar vergessen. Scanner Cloud und Morgenstern kamen nun ebenfalls näher.
»Ja«, sagte Dime Mow erneut. »Sie hat sich gebückt, und dann …«
Farrell bückte sich ebenfalls – und verschwand übergangslos.
Er rematerialisierte auf einer weiten Ebene, die eingehüllt war von gelborangefarbenem Licht. Er stolperte und hatte Mühe, das Gleichgewicht zu wahren. Shyla D’honor berührte seinen Arm.
»Das muß ein offenes Transportfeld gewesen sein«, sagte sie mit ihrer weichen Stimme. »Irgend etwas in dieser Art …« Sie schnitt ein vielsagendes Gesicht und deutete in die Ebene hinab.
Es war ein Raumhafen. Ein gewaltiges Areal, das sich bis hin zum Horizont und vielleicht noch darüber hinaus erstreckte. Hinter ihnen ertönten Stimmen.
Nacheinander stolperten die Kameraden aus dem unsichtbaren Transitfeld. Sie hatten Glück gehabt. Hätten sie es nicht durch Zufall entdeckt, wären sie mit großer Wahrscheinlichkeit dem Säureozean zum Opfer gefallen. Kein angenehmer Tod.
Sie schritten den Hügel hinunter und traten auf das Landefeld des Raumhafens. Das gelb-orangefarbene Material war ihnen unbekannt und so glatt wie die Oberfläche geschliffenen Metalls. Einige Kilometer entfernt erkannten sie niedrige, kastenförmige Gebäude: vielleicht die Kontrolleinrichtungen.
»Keine Raumschiffe«, ließ sich Dime Mow vernehmen. Er humpelte und fluchte. »Es wundert mich ohnehin: Wenn dies die Zentralwelt der Entitäten ist, warum dann ein Raumhafen? Soweit wir wissen, sind die Entitäten Gipfel psionischer Evolution. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie in ihrem Vergeistigungsstadium Raumschiffe nötig haben, um von einem Sonnensystem ins andere zu reisen.«
»Und vor allen Dingen«, fügte Tse Irlowna nachdenklich hinzu, »warum ein leerer Raumhafen? Hier hätten Tausende, wenn nicht Hunderttausende von Raumschiffen Platz.«
Stille. Nur ihre Schritte. Hart auf dem unbekannten Material zu ihren Füßen. Und der Wind. Ein laues, sanftes Flüstern; unsichtbare Arme, die ihre Gesichter streichelten.
Sie kamen an eigenartig geformten Maschinen vorbei. Jedenfalls sahen sie wie Maschinen aus und schienen auch aus Metall zu bestehen. Welchem Zweck sie dienten – oder gedient hatten –, war nicht ersichtlich. Sie näherten sich den Gebäuden. Und noch immer blieb alles still.
»Zur Aufrechterhaltung des Transportfeldes«, sagte Tse Irlowna und blickte dabei auf die Anzeige ihres Taschencomputers, »ist Energie notwendig. Eine Menge Energie. Eine stabile Aktivitätsphase eines solchen Transportfeldes wäre widersinnig, wenn die Entitäten nicht beabsichtigten, es auch zu benutzen. Zumindest von Zeit zu Zeit.«
»Wenn es sich überhaupt um ein Transportfeld handelt«, wandte Scanner Cloud leise ein. Alle blickten ihn an, aber er schwieg und fügte keine weitere Bemerkung hinzu.
Sie marschierten weiter. Ziellos. Farrell horchte in sich hinein. Aber da war nichts. Nur Gedankenschweigen.
Die Gebäude waren leer. Sie enthielten nicht einmal Überbleibsel von Einrichtungen.
»Hier werden wir die Entitäten wohl kaum finden können«, sagte Ana Madashi.
»Wohl kaum«, stimmte Farrell nachdenklich hinzu. Alles war gescheitert: die Kontaktaufnahme zu den Entitäten. Und die Kontaktaufnahme zu David und den anderen, die während des Transits durch den Sphärentunnel verlorengegangen waren.
Die Zeit wird allmählich knapp, stimmte Silent Chorp zu, der Farrells Gedanken aufgenommen hatte. Es kann nicht mehr lange dauern, bis Valdecs Eingreifflotte die Sternenstadt als vermeintliche Zentralwelt der Entitäten angreift und damit die ganze Menschheit ins Unglück stürzt.
Scanner Cloud und Morgenstern unterhielten sich wieder. Leise. Und mit Worten, die Farrell nicht verstehen konnte. Warum hatten die beiden Fastlenker sie überhaupt begleitet?
Unwichtig, übermittelte Silent Chorp. Es sind keine Gegner.
Aber auch keine Menschen mehr, entgegnete Farrell mißtrauisch.
»Weiter«, sagte er laut. »Hier finden wir nichts, was uns helfen könnte.«
Draußen war Wind aufgekommen. Eine singende Stimme, die über den gewaltigen und leeren Raumhafen wehte. Sie ließen die Gebäude hinter sich und marschierten wieder los. Sie waren erst mehrere Dutzend Meter weit gekommen, als sich die Szenerie schlagartig änderte. Keine weite Landefläche mehr, kein gelblich-orangefarbenes Licht, keine verlassenen und leeren Gebäude.
Übergangslos fanden sie sich in einer hügeligen Landschaft wieder.
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