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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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Abhörspezialisten denken, was sie wollten. Ab heute abend würde er in der konzerneigenen Direktorenvilla residieren, die abhörsicher war.
    Oder, durchfuhr es Gral, zumindest fast abhörsicher; er war überzeugt, daß Dauns Beraterbüro jede Direktorenvilla mit Mikrofonen verseucht hatte. Er würde sich darum kümmern müssen. Später.
    Er schob die Reste des Frühstücks zur Seite, kleidete sich an – ein lackschwarzer, einteiliger Isolieranzug, der ihm passend für diesen festlichen Anlaß erschien – und fuhr mit dem Lift hinunter ins Foyer. Den Morgengruß der beiden bewaffneten Wächter in dem panzerverglasten Kontrollbüro erwiderte er mit einem frostigen Lächeln und ließ sich von der Rolltreppe in die Subebene tragen. Die Röhrenbahn, die unter dem Zürichsee entlangführte, brachte ihn in das dritte Kellergeschoß des Verwaltungshauses.
    Am Bahnsteig erwartete ihn Karen Schreiber.
    Die kleine rothaarige Frau trug wie immer ein mausgraues, sackähnliches Gewand, bei dessen Anblick Gral nur schwer eine zynische Bemerkung unterdrücken konnte. Er war nicht überrascht, die Dezernentin hier vorzufinden. Noch am Abend hatte er sie über Telefax angerufen und sich mit ihr verabredet.
    »Herzlichen Glückwunsch, Direktor«, sagte Schreiber mit einer eigentümlichen Betonung.
    Gral zuckte die Achseln. Er hatte ihr nichts von seiner Beförderung erzählt, aber offenbar waren alle Abteilungsdirektoren und Dezernenten von Daun informiert worden.
    »Haben Sie den Pfalz-Bericht fertig?« fragte er barscher als beabsichtigt.
    Sie schlenderten gemeinsam zu den Aufzügen, ohne sich um die anderen mittleren und hohen Führungskräfte zu kümmern, die die in regelmäßigen Abständen eintreffenden Röhrenbahnen verließen oder bestiegen.
    Schreiber nickte und brachte eine münzgroße Mikrofilmspule zum Vorschein. »Fantrinelli hat persönlich die beiden schlafenden GC-Agenten für den SD empfohlen«, erklärte sie mit deutlicher Befriedigung. »Zudem mit einem Freigabevermerk der Stufe Eins.«
    »Also absolut zuverlässig und für den Umgang mit Geheimmaterial geeignet«, murmelte Gral. »Ich begreife das nicht. Das ergibt doch keinen Sinn. Selbst wenn Fantrinelli bewußt zwei GC-Agenten in den SD Eurochems einschleusen wollte, so war es doch ungeheuer leichtsinnig, ihnen persönlich diese Unbedenklichkeitsbescheinigung auszustellen. Ricarda ist nicht dumm. Ein derartiger Fehler würde ihr niemals unterlaufen.«
    Karen Schreiber zuckte die Achseln. »Ich enthalte mich jeglicher Spekulation. Ich liefere nur Daten.«
    »Gewiß«, sagte Gral ironisch.
    Sie betraten den Lift. Die Kabinentür schloß sich, und sie glitten in die Höhe.
    »Ich werde die Spionage-Abwehr einschalten«, erklärte Gral schließlich. »Das Dezernat soll sich um Fantrinelli kümmern.«
    Schreiber wölbte die Brauen. »Ich rate Ihnen davon ab.«
    »So?«
    »SpA-Dezernent Feldmann hat bis vor vier Jahren in der Abteilung Fantrinellis gearbeitet. Wußten Sie das nicht?«
    »Feldmann?« wiederholte Gral verblüfft. »Aber …«
    »Er kam aus Bolivien«, sagte Schreiber. »Offiziell hat er die dortige SD-Gruppe geleitet, aber ich bin überzeugt, daß SD und die PR-Abteilung in den bolivianischen Protektoraten eng miteinander verquickt sind. Ich konnte nichts dagegen unternehmen. Jeder Versuch, das Personal auszutauschen, wurde von höchster Stelle abgeblockt.«
    »Von Daun?«
    »Vom Generaldirektor«, bestätigte Schreiber.
    Gral runzelte die Stirn. Inwieweit paßte dies in das Muster? War Feldmann wirklich ein Spitzel Fantrinellis? Und warum hatte Daun in die internen Belange des SD eingegriffen?
    »Ich brauche einen Vizedirektor«, sagte Gral langsam. »Einen loyalen Vertreter. Ich dachte an Sie, Karen.«
    Schreibers spitzes Mausegesicht verriet Verblüffung – und Freude. »Ist das ein offizielles Angebot?« fragte sie vorsichtig.
    Gral nickte.
    »Ich akzeptiere«, erklärte Karen Schreiber. Sie atmete tief durch. »Ich danke Ihnen, Direktor. Ich werde sie nicht enttäuschen.«
    Solange ich dich protegiere und dir Vorteile verschaffe, nicht, dachte Gral nüchtern. Aber was dann?
    Er vertrieb die Zweifel. Er brauchte dringend eine halbwegs loyale Mitarbeiterin, und von allen Dezernenten im SD erschien ihm Karen Schreiber als die zuverlässigste und intelligenteste. Sie würde ihm helfen, schon um sich selbst zu helfen. Alles andere war im Moment unwichtig.
    »Verfolgen Sie die Sache weiter«, befahl er. »Aber mit Fingerspitzengefühl.«
    Der Lift

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