Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur
Bericht fortsetzen?
Aber den Großteil der Ereignisse habe ich schon erzählt. Was jetzt folgt, das ist der letzte Akt. Inzwischen ist die Bühne leer, die Scheinwerfer sind erloschen, der Vorhang hat sich gesenkt. Keine Hand hat sich zum Beifall gerührt, doch dies ist gut so. Man klatscht nicht am Ende eines Trauerspiels.
Der Transit verlief ohne Komplikationen. Kaum hatten wir den Weltraum II verlassen, nahmen die Ortungsanlagen der SIMON BOLIVAR ihre Arbeit auf. Zuerst galt es, ein Diagramm der Gravitationseinflüsse in diesem System zu erstellen. Mit dem Ionenstrahltriebwerk die knapp neun Milliarden Kilometer zurückzulegen, die uns noch von Ardas Welt trennten, war blanke Illusion. Bereits die Manöver am Industriesatelliten hatten den Ionenbrenner mehrfach ausfallen lassen und Reparaturen erzwungen, und Jhimer spielte schon mit dem Gedanken, sein Quartier im Triebwerksteil aufzuschlagen, um nicht ständig von der Bugkugel über den Dorn zum Heck wandern zu müssen. Zudem würde uns ein Unterlichtflug eine Menge Zeit kosten; mehr als wir uns unter den gegebenen Umständen erlauben konnten.
Wir planten, einen letzten Kurztransit durchzuführen, der uns bis auf zwanzig Millionen Kilometer an Ardas Welt heranbringen sollte. Allerdings, so erläuterte mir Cram mit ungewohnter Offenheit, stellten die korrespondierenden Schwerkraftlinien innerhalb eines Planetensystems auch die beste Loge vor große Probleme. Das Gravitationsdiagramm sollte den Treibern helfen, ein Schlupfloch im Netzwerk der Schwerkrafteinflüsse zu finden, und als die benötigten Meßergebnisse vorlagen, begab sich Mandorla nach unten auf das Computerdeck, um die Berechnungen einzugeben und zu überwachen.
Indessen erforschten wir weiter das System.
Funktechnisch gesehen war es tot – wenn sich die Grauen noch auf Ardas Welt aufhielten, dann bewahrten sie absolute Funkstille oder sie arbeiteten mit Richtstrahlsendungen, deren Streuimpulse im Radiokonzert der Sonnen unterging. Nirgendwo orteten wir ein vorgeschobenes Patrouillenboot oder eine Überwachungssonde.
Das Diirn-System wirkte verlassen.
Die äußeren Planeten, die derzeit auf »unserer« Seite der Sonnen standen, waren öde, lichtlose Steinbrocken mit gefrorener Atmosphäre oder diffuse Gasbälle mit überschweren Kernen aus festem oder halbflüssigem Wasserstoff. Für die Trabanten eines Doppelstern-Systems besaßen sie bemerkenswert stabile Umlaufbahnen – im Gegensatz zu den inneren Welten, die teilweise äußerst exzentrische Bahnen beschrieben.
Zu unserem Glück stand auch Ardas Welt auf »unserer« Seite der Sonnen, was ein weiteres zeitraubendes Manöver überflüssig machte.
Wir warteten, bis Mandorla mit dem Erstellen des Gravitationsdiagramms fertig war, und hielten währenddessen Ausschau nach den Diirn. Zu meiner Enttäuschung blieben sie unauffindbar.
»Vielleicht halten sie sich in Sonnennähe auf«, meinte Codette. »Wo es hell ist. Wo sie mehr Energie zur Verfügung haben.«
Nach Codettes Theorie – die sich dann als zutreffend erwies – ernährten sich die Diirn von den energiereichen, kurzwelligen Strahlungen der Sonnen. Wenn man bedachte, welche Energiemengen sie zur Fortbewegung und zur Erzeugung jener superstarken Elektromagnetfelder benötigten, klang dies plausibel.
Schließlich betrat Mandorla wieder die Logenplattform.
Ich betrachtete sie aus den Augenwinkeln. An Bord des Industriesatelliten war sie auch angesichts der toten Graugardisten vollkommen ruhig, nüchtern, beherrscht geblieben. Nichts schien sie zu beeindrucken, nichts die Fassade ihrer Gleichmütigkeit zu durchdringen.
Bei den Sternen, sie war tatsächlich eine Graue!
Um so unerklärlicher war mir, wie David terGorden dieses Stück Eis in menschlicher Gestalt durch seine Liebe hatte erwärmen können. Aber was wußte ein Mann wie ich schon von den Möglichkeiten dieser Psioniker?
Ich hörte noch, wie Logenmeister Cram mürrisch brummte: »Das hat ja verdammt lange gedauert!« Aber ich schenkte der Bemerkung keine Aufmerksamkeit, weil ich Codette ansehen mußte, die nach dem letzten Sprung durch den Weltraum II noch mehr an Substanz verloren hatte. Die anderen Treiber warfen ihr ebenfalls besorgte Blicke zu, doch Codette lächelte nur, und im Licht ihrer Warmherzigkeit verloren die tiefen Schatten um ihre Augen an Bedeutung.
Vor dem Transit nahmen wir gemeinsam eine Mahlzeit ein. Leichte Kost; mehrere vitaminreiche Sorten Meeresfrüchte von Ginger, Obst, Gemüsesaft.
So ist es
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