Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr

Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr

Titel: Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
Vom Netzwerk:
in seiner Seele jedoch bluteten noch immer.
    Er erhob sich und betrachtete die Reste der Wallfahrt-Karawane.
    »Tot«, murmelte er. »Alle tot.« In dem heraufgezogenen Frost erstarrtes Blut, nun von Schnee bedeckt und wie gnädig vor seinen Blicken verborgen. Der süßliche Geruch lag noch immer in der Luft.
    Xala.
    Ebenfalls tot.
    Tairit kniete neben ihr nieder. Ihr Gesicht war eine unkenntliche Masse, für immer erstarrt. Ihre Verletzungen waren zu groß gewesen, als daß sich ihr Körper noch in die Kataleptische Starre hätte zurückziehen können. Die Selbstregeneration vermochte nicht alles zu heilen.
    Stille lag über dem Land.
    Einsamkeit.
    Tairit weinte leise. Die Tränen sollten den Kummer aus ihm herauswaschen und den Geist klären. Es war vergebens. Zu tief saß der Schmerz.
    Xala …
    Er tastete zu seiner Brust, um Trost zu finden in der Umarmung seines Namenssteins.
    Die Kette mit dem geweihten Stein war fort.
    Tairit begriff.
    Es waren die Städter gewesen. Sie hatten die Heilige Stadt betreten, entgegen dem Abkommen, das vor vielen Jahren mit ihnen geschlossen worden war. Sie hatten die Glimmsteine entwürdigt. Sie hatten gestohlen und gemordet, und wie durch ein Wunder war nur er selbst davongekommen.
    Haß entstand in Tairit. Er wandte sich von den Toten ab und schritt an den uralten Mauern der Stadt der Nichtmenschen entlang. Er vernahm die Ätherischen Stimmen von Glimmsteinen, die der Habgier der Städter offenbar entgangen waren.
    Haß und Wut und Zorn.
    Und Furcht.
    Sein Namensstein war fort. Damit war ein Teil seines Ichs verschwunden. Natürlich wußten die Städter nicht, wie man mit einem Namensstein umging. Es bestand also nicht die Gefahr, daß ein Fremder die, Kenntnis von Tairits Wahrem Namen gegen ihn anwandte. Eine andere Bedrohung war um so bedrückender.
    Er würde sterben. Der Tod war ihm gewiß, wenn er seinen vom Preten geweihten Namensstein nicht zurückerlangte. Die Kraft des Lebens selbst würde tropfenweise aus ihm heraussickern, und die Regenerierfähigkeit seines Körpers konnte ihn vor diesem Langsamen Tod nicht bewahren. Kein Mulcalin konnte zwei Wahre Namen erhalten. Der erste war bindend. Und nun verloren.
    Stumm ragten die alten Mauern rechts und links von ihm auf. Tairit lenkte seine Schritte gen Norden, dorthin, wo sie vor vielen Tagen aufgebrochen waren, tiefer ins Mulcalin-Land hinein. Er mußte den Dorfgemeinschaften Kunde bringen von der Untat, die die Städter verübt hatten. Es mußte endlich etwas unternommen werden gegen diese ständig zunehmende Gefahr. Die Zeit war gekommen, die Zurückhaltung aufzugeben und die Haydrathfremden in ihre Schranken zu weisen. Sie verstanden so wenig, fast gar nichts.
    Stunde um Stunde wanderte Tairit.
    Aus dem Trichter heraus, in dem vor Jahrmillionen die Nichtmenschen ihre Stadt errichtet hatten. Durch einsame Tiefentäler mit frostigen Winden. Durch Schneeböen und über Eisflächen. Tairit verdrängte Wut und Zorn. Er durfte seine Gefühle nicht schon jetzt verbrauchen. Später brauchte er sie dringender, dann, wenn es darum ging, seinen Namensstein zurückzuholen. Er betrachtete den Schnee, der nun mit den Fallwinden beständig niederging. Er betrachtete die Stellungen von Mualt und Shenth zueinander.
    »Dieser Winter ist zu früh«, sagte er sich einmal, als er eine Rast einlegte. »Viel zu früh. Schnee darf erst in einigen Monaten fallen.«
    Die Kälte konnte seinem Körper nichts anhaben, aber sie war in zweifacher Hinsicht unangenehm. Zum einen beanspruchten die ständig wiederkehrenden Erfrierungen einen beinahe permanenten Einsatz seiner Körperregeneration. Zum anderen erschwerten Schnee und Eis das Auffinden von Nahrung.
    Als der Hunger schließlich in seinen Eingeweiden bohrte, ließ sich Tairit an einem Granitopal nieder und sprach mit geschlossenen Augen die Beschwörungsformeln der Preten. Eigentlich war dies ein Sakrileg. Nur den Preten war die Beschwörung derer, die waren, gestattet.
    Er rief die Geister der Welt, die schlafenden Titanen tief in der Kruste des Planeten. Er rief die Seele Haydraths.
    Und er erhielt eine Antwort.
    Eine Warme Flamme wuchs über dem Granitopal in die Höhe. Sie schmolz den Schnee, und sie schenkte Wärme. Tairit ließ die Flamme höher wachsen und badete in ihrem Glanz.
    Als der Schnee geschmolzen war, fand Tairit einige schmack- und nahrhafte Felswurzeln. Er aß schweigend und in stummer Andacht der Seele der Welt gegenüber.
    Etwas Anderes begann sich bald darauf in seinem

Weitere Kostenlose Bücher