Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt
»Es geht darum, Zeit zu gewinnen, ja, damit haben Sie ganz recht. Zeit für uns, für die Grüne Umgestaltung. Zeit für die Stabilisierung unserer Macht, Gilmore. Bitte versuchen Sie, das zu verstehen.«
Sie spürte den Aufruhr in dem Libertisten, und sie dachte zurück an die Kämpfe der Terranauten gegen das Konzil der Konzerne und seine grauenvolle Hauptwaffe:
Die Grauen Garden, Divisionen von Soldaten, die keine Furcht empfanden, die auf Gehorsam konditioniert gewesen waren – menschliche Kampfmaschinen, gegen die sie nur ihre Entschlossenheit ins Feld hatte führen können.
Während der Tagungen des Grünen Symposiums auf der Erde und Sarym war sie eine derjenigen gewesen, die sich gegen das Prinzip der Toleranz ausgesprochen hatten. Die Technowelten stellten ein Krebsgeschwür in der menschlichen Gesellschaft dar. Und welcher einigermaßen vernünftige Arzt hätte es gutheißen können, die Erkrankung eines Patienten einfach zu ignorieren – mit dem Argument, man müsse erst warten, bis weitere Antikörper entstanden seien und sich der Zustand des Immunsystems verbessert habe?
Delmont Vargas stand hinter dem Schreibtisch, Verknotete die Hände und überlegte anscheinend, wie er wohl Crymsen als auch Narda auf möglichst elegante Weise loswerden konnte. Die Terranautin machte es ihm besonders leicht, indem sie sagte: »Wie Sie hörten, Vargas, habe ich einige Nachforschungen anzustellen. Ich weiß jetzt, wohin ich mich wenden muß. Allerdings lege ich dabei keinen Wert auf die Begleitung von Vigilanten. Gibt es noch einen anderen Ausgang? Eine Möglichkeit, die Botschaft ungesehen zu verlassen?«
»Oh, ja, natürlich. Das Kanalsystem. Kein Problem.« Narda stellte sich stinkende Abwässer in dunklen Betontunneln vor und schauderte. Sie sah Crymsen an, der infolge der Enttäuschung geschrumpft wirkte – so als habe ihm die Hoffnung inneren Halt gegeben. »Kommen Sie mit mir. Auf diese Weise entgehen Sie einer Verhaftung. Mehr kann ich nicht für Sie tun. Leider.«
»Und was ist mit uns?« rief Benjamin aufgeregt. Narda lächelte über seinen Eifer. »Es stand nicht nur eine Adresse auf der Liste. Und die Überprüfungen könnten zeitaufwendig werden.«
»He, Moon, hast du das gehört? Wir werden gebraucht!« Woraufhin die junge Treiberin ihre Karten zusammenschob und zu einem Stapel ordnete, den sie in der Innentasche ihrer halblangen Jacke verschwinden ließ. Sie gab nach wie vor keinen Ton von sich, stand einfach nur auf – Zeichen ihrer Bereitschaft.
»Also los.« Und ein über alle Maßen erleichterter Delmont Vargas zeigte ihnen den Weg.
Hinter den Kulissen 2
6. März 2516
Piter Dyke-Clonner maß mit seinen Blicken die dunkle Tunnelöffnung, nickte sich selbst zu und steuerte die summende MHD-Plattform durch das weite Gewölbe. In der Ferne sah er einige Lichter: Techniker, die für die Archäologen eine weitere Meßstelle einrichteten.
Die Wand vor Piter sah aus, als sei sie von überdimensionalen Termiten zerfressen worden. Und vielleicht, dachte der ehemalige Geningenieur in einem Anflug von Ironie, stimmte das auch. Vielleicht untersuchten sie das zwar gewaltige, aber wurmstichige Relikt einer alten Zivilisation.
Er berührte einige matt schimmernde Sensorpunkte auf der hufeisenförmigen Kontrolleinheit, und die Plattform verharrte neben dem Tunnelzugang, für den sich Piter entschieden hatte. Er justierte seine Schutzkombination auf eine höhere Heizstufe, hakte den handlichen Scheinwerfer vom Gürtel und ließ den Lichtkegel über den Rand des Tunnels gleiten.
Das Metall war nicht korrodiert, ebensowenig wie in den anderen Bereichen der Anlage, wies aber auch hier sonderbar anmutende Höcker und Buckel auf – wie Warzen, die sich auf dem harten, stahlähnlichen Material gebildet hatten.
»Ich gehe voraus«, sagte Euresia. Die junge Archäologin mit dem blauschwarzen Haar schob sich an Dyke-Clonner vorbei und kletterte in den horizontal verlaufenden Schacht – ein menschlicher Pfropfen in einem fremden Leitungssystem. Piter verzog das Gesicht und folgte ihr.
Die junge Frau bewegte sich schattengleich vor ihm, und der harte Stoff ihrer Kleidung schabte mit einem verhaltenen Knistern über die Tunnelwände. Euresia war in dieser Umgebung ganz in ihrem Element und mochte jetzt einen Traum verwirklicht sehen. Sie scherte sich nicht um den Sturm, der einige hundert Meter weiter oben über die Wüste der Mulde hinwegheulte, um die Kälte des Winters, die Springfluten an der Großen
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