Die Terroristen
in dieser Wohnung längere Zeit aufhalten, während er auf die passende Gelegenheit zur Abreise wartete.
Die beiden Japaner hatten ähnliche Anweisungen. Sie sollten in der Fünf-Zimmer-Wohnung auf Södermalm bleiben, bis sie diesen Unterschlupf ohne Risiko verlassen konnten, das heißt, bis die Polizei es leid war, auf ihr Erscheinen zu warten, und das Leben in diesem Land wieder seinen normalen Gang ging. Ebenso wie Heydt hatten auch sie einen Vorrat an Konserven angelegt, von dem sie sich über einen Monat lang ernähren konnten. Der Unterschied war nur der, dass Heydt sich vermutlich nicht länger als zwei Tage mit den eigentümlichen Gerichten der Japaner hätte am Leben halten können. Danach wäre er wahrscheinlich bald hungers gestorben. Aber das Sortiment in seinem Kühlschrank und Vorratsschrank war anders zusammengestellt und würde für eine Person lange reichen, sogar über das Jahresende hinaus, falls sich das als notwendig erweisen sollte.
Im Augenblick dachte er nur an eines: Wie hatte die Sache missglücken können? Bereits im Trainingslager war er schon damit vertraut gemacht worden, dass man in Zukunft sowohl mit Rückschlägen als auch mit personellen Verlusten rechnen musste. Wesentlich in solchen Fällen war eigentlich nur, dass man weder fehlgeschlagene Aktionen noch tote Agenten mit der ULAG in Verbindung bringen konnte.
Aber trotzdem. Levallois war sicher, dass die Bombe detoniert war, und er machte nie einen Fehler. Dass die beiden Japaner die Ladung an einer falschen Stelle angebracht hatten, konnte als ausgeschlossen betrachtet werden.
Reinhard Heydt war es gewöhnt, fehlerfreie Kalkulationen anzustellen und auch verwickelte Probleme zu lösen. Er hatte dann auch nicht länger als 20 Minuten auf dem Bett gelegen, bevor er darauf kam, was passiert sein musste. Er stand auf und ging in die Operationszentrale. Levallois hatte bereits seine wenigen Habseligkeiten zusammengepackt und war gerade dabei, sich den Mantel anzuziehen.
»Jetzt verstehe ich, wie das alles zusammenhängt«, erklärte Heydt.
Der Franzose sah ihn fragend an.
»Die haben uns ganz einfach übers Ohr gehauen. Radio und Fernsehen haben nicht direkt übertragen. Die haben mit einer Zeitverschiebung von bis zu einer halben Stunde gearbeitet. Als wir zündeten, war die Eskorte bereits vorbei.«
»Mmm. Das klingt glaubhaft.«
»Und das erklärt auch, warum die Polizei Funkstille hielt. Der Polizeifunk hätte den Bluff mit den Radio- und Fernsehübertragungen sofort verraten.«
Der Franzose lächelte.
»Ganz schön schlau. Das muss man ihnen jedenfalls lassen.«
»Typische Unterschätzung der Polizei. Offenbar sind nicht alle Idioten.«
Levallois blickte sich im Zimmer um.
»Tja, so kann es einem gehen«, sagte er. »Ich haue jetzt ab.«
»Du kannst den Wagen nehmen«, sagte Heydt, »ich habe im Augenblick sowieso keine Verwendung mehr dafür.«
Der Franzose dachte nach. Das ganze Land, und besonders das Gebiet um Stockholm, war jetzt wahrscheinlich voller Polizeisperren. Obwohl der Wagen ihn kaum verraten konnte, bedeutete er ein Risikomoment.
»Nein«, lehnte er ab, »ich nehme den Zug. Tschüs.«
»Tschüs, wir sehen uns dann.«
»Hoffentlich.«
Levallois hatte richtig gerechnet. Er kam ungeschoren am nächsten Morgen in Ängelholm an. Von dort nahm er den Bus, der über Viarp nach Torekov fuhr.
Wie verabredet, lag das Fischerboot bereits im Hafen. Er ging sofort an Bord, sie legten jedoch erst ab, als es dunkel geworden war.
Am nächsten Vormittag war er in Kopenhagen und damit einigermaßen in Sicherheit.
Obwohl er das Dänische nur mäßig beherrschte, staunte er nicht schlecht über die Überschriften der Zeitungen. Er überlegte, wann France-Soir wohl an die Kioske in der großen Wartehalle des Hauptbahnhofs kommen würde.
Reinhardt Heydt lag immer noch auf dem Bett und hatte die Hände unter dem Kopf gefaltet. Er ließ das Radio im Hintergrund laufen, während er über seinen ersten großen Misserfolg nachdachte. Jemand hatte ihn hereingelegt, obwohl alle Vorbereitungen perfekt gewesen waren.
Wer war so gerissen gewesen, ihn so vollständig auszuschalten?
Als die Sondernachrichtensendungen begannen, setzte er sich im Bett aufrecht und lauschte verblüfft.
Zu allem Überfluss war es also zu einem beinahe komisch zu nennenden Doppelanschlag gekommen.
Heydt ertappte sich, wie er da saß und lachte.
Weniger zum Lachen war die Tatsache, dass er sich jetzt erst recht nicht in die Öffentlichkeit
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