Die Terroristen
Stunden mit Sexualität, Vertrauen und Gemeinschaft. Obwohl er über fünfzig war und glaubte, das meiste im Leben hinter sich zu haben, hatte er zusammen mit ihr neue Wege der Entfaltung gefunden.
Hoffentlich war dieses Verhältnis wechselseitig.
Aber in diesem Punkt war er nicht ganz so sicher. Sie war die psychisch Stärkere und Beweglichere von ihnen beiden, vermutlich war sie auch intelligenter, jedenfalls konnte sie schneller denken. Sie hatte auch negative Seiten, zum Beispiel war sie häufig schlechter Laune und gereizt, aber er liebte diese Charaktereigenschaften an ihr. Der Ausdruck war vielleicht dumm oder allzu romantisch, aber etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
Er sah sie an, und ihm wurde bewusst, dass er nicht länger eifersüchtig war. Ihre großen Brustwarzen zeichneten sich unter dem Stoff deutlich ab, die Bluse war nachlässig zugeknöpft, sie hatte die Sandalen ausgezogen und rieb die nackten Füße unter dem Tisch aneinander. Ab und zu blickte sie hinunter und kratzte sich an den Fersen. Aber sie war ihr eigener Herr und nicht sein Eigentum, vielleicht war das das Allerbeste an ihr.
Doch jetzt sah sie traurig aus, die unregelmäßigen Züge ihres Gesichtes waren von Unruhe und Widerwillen geprägt.
»Ich verstehe nicht viel von Juristerei«, sagte sie wenig überzeugend. »Aber dieser Prozess scheint mir verloren zu sein. Kannst du mit deiner Aussage noch etwas bewirken?«
»Kaum. Ich weiß nicht einmal, was er von mir will.«
»Und die anderen Zeugen der Verteidigung scheinen wertlos zu sein. Ein Bankdirektor, eine Hauswirtschaftslehrerin und ein Polizist. War von denen überhaupt jemand dabei?«
»Ja. Kristiansson. Er fuhr den Streifenwagen.«
»Ist er ebenso dämlich wie der andere Bulle?«
»Ja.«
»Und ob sich durch das Schlussplädoyer des Verteidigers noch was ändert… also ich glaub nicht daran.«
Martin Beck lächelte. Natürlich hatte er damit rechnen müssen, dass sie sich so ernsthaft engagierte.
»Das scheint unwahrscheinlich. Aber warum glaubst du, dass der Prozess von der Verteidigung gewonnen werden sollte und dass Rebecka nicht schuldig ist?«
»Die Ermittlungen sind ein Müllhaufen. Der Fall sollte zur nochmaligen Prüfung und Untersuchung an die Polizei zurückverwiesen werden. Nichts ist ordnungsgemäß ermittelt. Deswegen hasse ich die Polizei, abgesehen von der Gewaltanwendung und all dem anderen natürlich. Die liefern Berichte an die Staatsanwaltschaft ab, die nicht mal zur Hälfte abgeschlossen sind. Dann stolziert der Ankläger umher wie ein Hahn auf dem Mist, und die, die dort richten sollen, sind eine selbstzufriedene Bande, sie sitzen nur dort, weil sie sonst in der Politik nicht zu gebrauchen sind und zu nichts anderem taugen.«
Im Großen und Ganzen hatte sie recht. Die Schöffen wurden aus den Abfalltonnen der politischen Parteien geholt, sie waren häufig mit dem Ankläger mehr als vertretbar befreundet oder ließen sich von willensstarken Richtern umstimmen, von denen sie im Grunde verachtet wurden. Meistens wagten sie nicht, den juristischen Autoritäten zu widersprechen, und allzu häufig waren sie Repräsentanten der so genannten schweigenden Mehrheit der Nation, die summarisch für Recht und Ordnung war, aber nichts darüber hinaus.
Dieser oder jener Richter war progressiv, aber das waren seltene Ausnahmen, und die meisten Verteidiger hatten schon vor langer Zeit aufgegeben und ärgerten sich, nicht einen der einträglichen Posten als Jurist in Handel und Industrie angenommen zu haben. Dort war das große Geld zu verdienen, und außerdem hatte man die Chance, in Hänt i Veckan, der Klatschspalte, abgebildet zu werden.
»Das hört sich vielleicht komisch an«, sagte Martin Beck, »aber ich glaube, du unterschätzt Braxen.«
Auf dem kurzen Weg zurück ins Rathaus nahm Rhea plötzlich seine Hand. Das geschah nicht off und bedeutete stets, dass sie aufgeregt und emotionell stark angespannt war. Ihre Hand war wie alles andere an ihr fest und Vertrauen erweckend.
Bulldozer Olsson traf gleichzeitig mit ihnen im Vorraum ein, eine Minute vor Wiederbeginn der Verhandlung.
»Der Bankraub in Vasagatan ist aufgeklärt«, rief er außer Atem. »Aber wir haben stattdessen zwei neue. An einem davon scheint Werner Roos beteiligt gewesen zu sein.«
Er erblickte Kvastmo und ging zu ihm hin, ohne den Satz ganz beendet zu haben.
»Du kannst nach Hause gehen«, sagte er zu ihm. »Oder wieder in den Dienst. Hier wirst du nicht mehr benötigt.«
So pflegte
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