Die Terroristen
zutiefst von der großartigen Tatsache ergriffen waren, dass sie als Zeugen zu einem spannenden Prozess geladen waren, in dem es beinahe um Mord ging, jedenfalls aber um ein Ereignis, von dem sowohl in Aftonbladet wie auch in Expressen berichtet worden war.
Er war ins Dezernat für Gewaltverbrechen hinaufgegangen und hatte eine Weile mit Rönn und Strömgren geschwatzt, aber viel war nicht dabei herausgekommen. Strömgren hatte er nie gemocht, und sein Verhältnis zu Rönn war kompliziert. Tatsache war ganz einfach, dass er in Polishuset von Kungsgatan keine Freunde mehr hatte. Sowohl dort als auch in der Reichspolizeileitung gab es einige, die ihn bewunderten, andere, die ihn verabscheuten, und eine dritte Gruppe, die größte, die ihn einfach beneidete.
Draußen in Västberga hatte er jetzt, nachdem Lennart Kollberg ausgeschieden war, auch keine Freunde mehr. Benny Skacke hatte sich um den Posten beworben und ihn erhalten, nachdem Martin Beck das befürwortet hatte. Sie passten nicht schlecht zusammen, aber von da bis zum wirklichen Kontakt war es ein weiter Weg. Manchmal saß er da, starrte ins Blaue und sehnte sich nach Kollberg. Wenn er ehrlich sein wollte, und das fiel ihm jetzt leicht, trauerte er ihm auf die gleiche Art nach, wie man ein Kind oder eine verlorene Geliebte betrauert.
Er saß eine Weile in Rönns Zimmer und plauderte, aber Rönn war nicht besonders gesprächig. Außerdem hatte er viel zu tun; beim Dezernat für Gewaltverbrechen beschäftigt zu sein, war kein Zuckerlecken, und im Übrigen klagte er meistens nur über die verbaute Aussicht. Von Rönns Fenster aus sah man jetzt nur noch das gigantische neue Polizeihauptquartier, das sich zu imponierender Höhe erhob. In ein oder zwei Jahren sollte es fertig sein, und dann würden sie alle dorthin umziehen, ein Gedanke, der keinen von ihnen begeisterte.
»Möchte wissen, wie es Gunvald geht«, sagte Rönn. »Ich hätte nichts dagegen, mit ihm zu tauschen. Stierkampf und Palmen und große Galaessen. Schick, schick!«
Rönn war Spezialist, wenn es darum ging, das schlechte Gewissen bei Martin Beck zu wecken. Warum hatte man nicht ihn auf diese Vergnügungsreise geschickt, ihn, der sicher mehr als alle anderen ein wenig Abwechslung nötig hatte?
Und die Wahrheit durfte man gar nicht aussprechen: Rönn war tatsächlich diskriminiert worden. Ganz einfach deswegen, weil man meinte, einen rotnasigen, verschnupften Norrländer mit offensichtlich wenig repräsentativem Aussehen, dem man nur mit großem Wohlwollen nachsagen konnte, dass er ein einigermaßen verständliches Englisch sprach, nicht hinschicken zu können.
Aber Rönn war ein guter Kriminalbeamter.
Zu Beginn war er nicht mehr als guter Durchschnitt gewesen, jetzt jedoch war er zweifellos einer der besten Männer im Dezernat für Gewaltverbrechen.
Martin Beck überlegte, was er Aufmunterndes sagen konnte, aber es fiel ihm wie gewöhnlich nichts ein.
Er sagte ganz einfach hej und ging.
Aber jetzt saß er mit Rhea zusammen, und das war wirklich eine ganz andere Sache.
Der einzige Fehler war, dass sie traurig zu sein schien.
»Diese Gerichtsverhandlung«, begann sie, »scheußlich deprimierend. Und was für Leute da zu bestimmen haben! Dieser Staatsanwalt ist ja der reinste Clown. Und wie der mich angestarrt hat, als ob er noch niemals vorher eine Frau gesehen hat.«
»Bulldozer! Der hat schon genug Mädchen gesehen, verlass dich drauf, und außerdem bist du nicht sein Typ. Aber er ist neugierig wie ein Hummer.«
»Sind Hummer neugierig?«
»Weiß nicht. Ich hab den Ausdruck irgendwo gehört. Finnlandschwedisch, glaube ich.«
»Und der Verteidiger weiß nicht mal, wie die Angeklagte heißt. Darüber hinaus rülpst er nur und kommt mit einer Reihe unverständlicher Unterbrechungen. Das Mädchen da hat ja nicht die Spur einer Chance.«
»Wir haben den Schluss noch nicht gesehen. Bulldozer gewinnt fast alle seine Prozesse, aber wenn er hin und wieder mal verliert, dann ist es gegen Braxen. Erinnerst du dich an diese Geschichte mit Svärd?«
»Und ob!«, bestätigte Rhea und lachte heiser. »Als du das erste Mal mit in meine Wohnung in Tulegatan gekommen bist. Verschlossen und verriegelt und all das. Ist beinahe zwei Jahre her. Sollte ich das vergessen haben?«
Sie sah fröhlich aus.
Aber ihn konnte nichts fröhlicher stimmen. Sie hatten seit damals eine schöne Zeit zusammen verlebt, angefüllt mit Gesprächen, Eifersucht, freundschaftlichen Streitereien und nicht zuletzt schöne
Weitere Kostenlose Bücher