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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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verbrennt.«
    Andrej schaffte es irgendwie, die Fassung zu bewahren. Er war überrascht und entsetzt zugleich, wie wirkungsvoll sein Schweigen gewesen war. Wenn man es recht bedachte, hatte er ihr weder gedroht noch sie unter Druck gesetzt. Sie hatte es selbst getan, sie hatte alle verhängnisvollen Aussagen selbst getroffen, und auf die Idee, Kaiser Rudolf ins Spiel zu bringen, wäre er im Leben nicht gekommen. Er fragte sich vergeblich, was es bedeuten mochte, dass ihr der Gedanke, der Kaiser wolle sich an sie heranmachen, so nahe zu liegen schien, während er ihr dabei zusah, wie sie sich langsam beruhigte. Ein Funkeln trat in ihre Augen.
    »Oder geht’s dir um dich selbst, kleiner Mann? Willst du was von mir haben? Was hast du von mir gesehen, als du bei Giovanni Scoto Knecht warst? Hast du von meinem Arsch geträumt, wenn du dir den Stachel selbst massiert hast? Hast du dir meine Fut vorgestellt, während du deine kleine Hurenmama gevögelt hast? Träumst du von mir und vom Fick deines Lebens?« Sie musterte ihn. »Oh, bin ich der Wahrheit nahe gekommen, mein Hübscher?«
    Andrej hätte ihr sagen können, dass sie von der Wahrheit nicht weiter entfernt hätte sein können. Doch er erkannte, dass sie irgendwie dabei war, den Spieß umzudrehen, und sein Instinkt gab ihm die Antwort ein, die sie am meisten treffen würde, bevor der Verstand dazu in der Lage war. »Leider würde das auch nicht helfen, Ihnen die Jugend zurückzugeben, Gnädigste«, sagte er.
    Ihre Augen verwandelten sich in zwei Steine. »Ich verfluche dich«, zischte sie.
    »Es würde mir schon reichen, wenn Sie mein Anliegen gnädig aufnehmen.«
    »Spuck’s aus, du … du …«
    »Ja«, sagte Andrej, dem mit einem Mal ein so bitterer Geschmack in den Mund stieg, dass er am liebsten tatsächlich ausgespuckt hätte. »Ja, bestimmt. Das und noch viel mehr, da bin ich sicher. Ich möchte Folgendes, Gnädigste: Ich möchte, dass Sie das Siegel Ihres Gatten ausborgen und es mir morgen zwischen dem Non- und dem Vesperläuten in mein Haus bringen lassen. Senden Sie Ihre Magd, sie kennt mich ja nun. Sie kann darauf warten, dass ich es wieder zurückgebe. Ich brauche es keine fünf Minuten lang.«
    »Was willst du damit tun?«
    »Eine gute Tat.«
    Sie verzog verächtlich den Mund. »Wenn ich nicht an das Siegel herankomme?«
    »Ich habe diese Möglichkeit gar nicht erst in meine Pläne einbezogen«, sagte Andrej freundlich.
    Sie zischte wie ein Waschweib. »Wenn er es genau in der Zeit, in der du es hast, vermisst?«
    »Dann müssen Sie ihn ablenken, Gnädigste. Ihnen wird schon was einfallen.«
    Sie tat so, als wolle sie auffahren, dann schien ihr klar zu werden, wie hohl diese Geste in ihrer Situation gewesen wäre. »Gut«, sagte sie stattdessen.
    Andrej sah sie so lange an, dass sie begann, unruhig auf ihrem Thronsessel herumzurutschen. »Ich habe gesagt ›gut‹!«, rief sie. »Was willst du noch?«
    Andrej setzte zu einer Verbeugung an, die so tief war, dass sie beinahe als Hohn hätte gedeutet werden können. Aber Hohn lag ihm fern; er war so erleichtert, dass er fürchtete, seine Gesichtszüge könnten ihn verraten. Als er sich erhob, zerrte sie bereits an der Samtschnur, mit der man jemanden vom Gesinde herbeiläuten konnte.
    »Bemühen Sie sich nicht, ich finde allein hinaus«, sagte Andrej.
    »Wenn du dich noch einmal hierherwagst, bringe ich dicheigenhändig um«, sagte sie. »Lieber lasse ich mich als Mörderin ertränken, als mich ein zweites Mal mit dir einzulassen.«
    »Vielen Dank«, sagte Andrej und ging mit einer weiteren Verbeugung hinaus.
    Erst als er ein paar Gassen weiter war und das Plätschern eines öffentlichen Brunnens hörte, blieb er stehen. Er lehnte sich gegen den Löwenkopf, aus dessen Maul das Wasser in ein kleines Becken lief. Er hatte einmal gelesen, dass man einen Feind am besten mit seinen eigenen Waffen schlug, und letztlich hatte er nichts anderes getan als das, was Pater Xavier Espinosa getan hatte, um Jark… Yolanta in seine Gewalt zu bringen. In dem Text hatte nicht gestanden, ob man sich gut fühlen musste, wenn man die Methoden des Feindes anwandte.
    Andrej bückte sich und ließ das Wasser in seine hohle Hand laufen. Es war prickelnd kalt. Er spülte sich den Mund aus. Es war Flusswasser, eine lange Strecke durch moosige Leitungen gelaufen, und schmeckte faulig. Der Geschmack war nichts gegen den, den seine eigenen Worte in seinem Mund hinterlassen hatten und der sich nicht fortspülen ließ.
    25
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