Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
Vom Netzwerk:
warf. Ein anderer junger Mann zupfte eine Gambe und sang, den Blick auf eines der oberen Fenster im Haus der Äbtissin gerichtet, wo Eleanor stand und über die ausgelassene Szene lachte.
    Und das im Heiligtum. Das kein nichtgeistlicher Mann je betreten sollte, und vermutlich bis jetzt nie betreten hatte.
    Aus Eleanors Fenster drang ein schwacher Parfümhauch, flüchtig wie eine Fata Morgana, schillernd vor Sinnlichkeit, ein Sirenenduft, der zu palmengesäumten Eilanden lockte, so betörend, dass Adelias Nase, noch während sie ihn analysierte – Bergamotte, Sandelholz, Rosen –, zugleich seiner Üppigkeit sehnsüchtig nachschnupperte, bis die eisige Luft ihn davontrug.
    O Gott, ich hab den Tod und die Kälte so satt.
    Neben ihr blieb Schwester Havis steif und stumm vor Entrüstung stehen.
    Als die jungen Leute sie erblickten, erstarrte die ganze Szene. Dem Troubadour blieb sein Lied im Halse stecken, seinem jungen Gefährten fiel der nächste Schneeball harmlos aus der Hand, die Nonnen nahmen die Haltung empörter Frömmigkeit an und gingen weiter, als hätten sie sich nie von irgendetwas ablenken lassen. Der Schneeballwerfer riss sich mit großer Geste den Hut vom Kopf und drückte sich ihn in gespielter Zerknirschung an die Brust.
    Eleanor winkte vom Fenster her. »Verzeihung«, rief sie und schloss die Läden.
    Dann bin ich also nicht der einzige Schandfleck, dachte Adelia amüsiert. Die Königin und ihr Gefolge brachten die verlockenden Farben der Weltlichkeit in die schwarz-weiße Welt des Klosters. Die Anwesenheit Eleanors, die schon einen ganzen Kreuzzug gefährdet hatte, bedrohte Godstow in seinen Grundfesten mehr als Wolvercote und seine Söldner.
    Dann verflog Adelias Amüsement. Hat sie einen Mörder mitgebracht?
     
    Adelia war zu müde, um den Rest des Vormittags noch etwas anderes zu tun, als auf Allie aufzupassen, während Gyltha zum Plaudern in die Küche ging. Dort schnappte sie stets viele Neuigkeiten und Tratsch auf.
    Bei ihrer Rückkehr sagte sie: »Die haben jetzt alle Hände voll zu tun, für die Hochzeit von der hübschen Emma zu kochen, wo doch jetzt der alte Wolf aufgetaucht is. Das arme Würmchen, ich hätte keine Lust, diese Schlange zu heiraten. Die Leute fragen sich, ob sie’s sich noch anders überlegt – sie bleibt die ganze Zeit im Kloster und hat noch kein Wort mit ihm gesprochen, sagen sie.«
    »Es bringt Unglück, den Bräutigam vor der Hochzeit zu sehen«, sagte Adelia geistesabwesend.
    »Den würd ich auch hinterher nich sehen wollen«, sagte Gyltha. »Ach so, und später wollen die Schwestern was wegen den Gehängten an der Brücke tun. Die Äbtissin meint, es wär Zeit, dass sie beerdigt werden.« Sie zog ihren Mantel aus. »Bin mal gespannt. Dem alten Wolf trau ich zu, dass er ganz gern ein paar Leichen rumhängen hat.« Sie hatte ein Leuchten in den Augen. »Vielleicht kriegen die sich richtig in die Wolle. Mein Gott, wo willst du denn nun schon wieder hin?«
    »Zum Hospital.« Adelia war ihr Patient gerade wieder eingefallen.
    Schwester Jennet begrüßte sie freundlich. »Vielleicht könnt Ihr Master Mansur meine Dankbarkeit übermitteln. So ein glatter, sauberer Stumpf, und der Patient erholt sich gut.« Sie blickte sehnsüchtig. »Wie gern hätte ich der Operation beigewohnt.«
    Aus ihr sprach der Instinkt einer Ärztin, und Adelia dachte an all die Frauen, die ihrer Berufung ebenso entsagen mussten wie diese hier, und dankte Gott für das Privileg, das Salerno ihr geboten hatte.
    Sie wurde durch den Krankensaal geleitet. Alle Patienten waren Männer – »Frauen behandeln sich meistens selbst« –, und die meisten litten unter einer Verstopfung der Lunge, eine Folge, wie die Infirmarin meinte, vom Leben in den Niederungen, wo sie den ungesunden Dämpfen des Flusses ausgesetzt waren.
    Drei waren ältere Männer aus Wolvercote. »Sie sind unterernährt«, sagte die Infirmarin, ohne die Stimme zu senken. »Lord Wolvercote vernachlässigt seine Untertanen sträflich. Sie haben nicht mal eine Kirche, in der sie beten könnten, seit die alte eingestürzt ist. Es ist eine Gnade Gottes für sie, dass wir in ihrer Nähe sind.«
    Sie ging zu einem anderen Bett, wo eine Nonne gerade die Ohren eines Patienten mit warmem Wasser betupfte. »Erfrierung«, sagte sie.
    Adelia bekam ein schlechtes Gewissen, als sie Oswald erkannte, Rowleys Waffenknecht. Sie hatte ihn vergessen, dabei war er doch unter den Männern gewesen, die zusammen mit Mansur die Barkasse vom Kloster nach

Weitere Kostenlose Bücher