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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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nippte, während sie das Zimmer erkundete.
    Ein Wandschränkchen enthielt hübsche Fläschchen und Phiolen mit Etiketten: Rosenöl, Märzveilchen, Himbeeressig für weiße Zähne. Walnussöl für weiche Hände. Fast alle waren kosmetischer Natur, doch Adelia registrierte, dass Rosamund Atemprobleme gehabt – w
undert mich nicht bei deinem Gewicht –
und dagegen Alantwurzel genommen hatte.
    Das Bett nahm mehr Platz in der Mitte des Raumes ein, als nötig gewesen wäre, weil es gut einen Fuß von der Wand abgerückt stand. Dahinter hing ein Teppich mit Darstellungen des Gartens Eden – offenbar ein Lieblingsmotiv, denn ein weiterer und besserer mit demselben Sujet schmückte zwischen zwei Fenstern die Ostwand.
    Als Adelia näher herantrat und schließlich zwischen Bett und Wandbehang stand, spürte sie eine köstliche Kühle.
    Der Teppich war alt und so schwer, dass er sich nicht in dem starken Luftzug bewegte, der darunter hervorstrich. Während Adam und Eva auf dem an der anderen Wand fröhlich herumtollten, standen sie hier einander unbeholfen unter unwirklichen Bäumen gegenüber, ebenso erstarrt wie die arme Rosamund. Das Einzige, das wirklich lebendig wirkte, waren die geschmeidigen grünen Windungen der Schlange – und selbst die waren von Motten zerfressen.
    Adelia trat noch näher heran, und der kühle Luftzug wurde kräftiger.
    Dort, wo das Auge der Schlange hätte sein müssen, befand sich ein kleines Loch im Gewebe – und das war nicht von den Motten hineingefressen worden. Es war absichtlich gemacht, denn ringsum am Rand waren Knopflochstiche.
    Ein Guckloch.
    Sie musste einige Kraft aufwenden, um den Wandbehang zur Seite zu schieben. Eisige Luft wehte dahinter hervor und ein muffiger Geruch. Sie sah einen kleinen Raum vor sich, der außen an die Turmmauer angesetzt war. Rosamund musste keine Nachttöpfe benutzen, sie hatte den Luxus eines Aborts. In eine halbrunde Bank aus glänzendem Holz war ein gesäßförmiges, mit Samt gerändertes Loch eingelassen, unter dem es rund hundert Fuß senkrecht nach unten ging. In einem Halter lag ein Seifenstück in Form einer Rose neben einem kleinen goldenen Krug. Eine Schale mit Abwischtüchlein aus Lammwolle stand in Reichweite.
    Ein Glück für Rosamund. Adelia befürwortete Aborte, solange die Grube darunter regelmäßig ausgehoben wurde. Sie ersparten es den Dienerinnen, widerliche Behältnisse, die oft genug überschwappten, die Treppen hinauf- und hinuntertragen zu müssen.
    Von dem Gemälde auf den verputzten Wänden war sie dagegen weniger angetan. Seine Erotik wäre in einem Bordell angebrachter gewesen als auf einem Abtritt, doch vielleicht hatte es Rosamund Spaß gemacht, die Abbildungen zu betrachten, während sie hier saß, und Henry Plantagenet hatte sie ganz sicher goutiert. Obwohl, wenn sie recht drüber nachdachte, fragte sie sich, ob er überhaupt von der Existenz dieses Abortes mit dem Guckloch gewusst hatte.
    Adelia trat hinter den Teppich, um von hinten durch das Loch zu spähen, und stellte fest, dass sie genau auf das Bett, den Schreibtisch und das Fenster dahinter blicken konnte.
    Hier also hatte Dakers sich versteckt und – ein gruseliger Gedanke – Adelia bei ihren Untersuchungen beobachtet. Was für eine Geduld und was für ein Durchhaltevermögen, dass sie diese Kälte ertragen hatte. Nur die Wut, als sie sah, wie Eleanor ihrer Herrin die Krone vom Kopf riss, hatte sie hinausgetrieben.
    Doch der sorgfältig genähte Rand des Gucklochs ließ vermuten, dass heute Nacht nicht zum ersten Mal jemand hindurchgelugt hatte.
    Es mussten geladene Gäste gewesen sein, die hier heraufkamen – es war in England Sitte, dass die höheren Stände im Schlafzimmer Besucher empfingen. Falls Dakers sie heimlich belauert hatte, dann musste sie ihren Posten auf dem Abort mit Rosamunds Wissen und Erlaubnis bezogen haben.
    Um die Gäste zu beobachten? Den König? Das Bett und das, was sich darin abspielte?
    Solche Spekulationen eröffneten Möglichkeiten, die Adelia nicht näher erkunden wollte, und die Beziehung zwischen Herrin und Haushälterin gehörte ganz sicher dazu.
    Zum Teufel mit der Erlaubnis der Königin; sie brauchte jetzt frische Luft. Sie schlüpfte unter dem Teppich hervor. Eleanor schien nichts bemerkt zu haben. Adelia ging zum nächstbesten Fenster, öffnete den Riegel und stieß die Fensterläden auf. Mit dem Fuß zog sie einen Hocker heran, stieg darauf und lehnte sich nach draußen.
    Der bitterkalte Nachthimmel war mit Sternen

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