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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Nase. Eleanor verkündete triumphierend: »Sie verrottet. Sie fängt an zu stinken.«
    Das war schneller als erwartet. Erstaunt blickte Adelia zu Rosamund hinüber, die noch immer steif über ihre Arbeit geneigt dasaß.
    Sie ließ den Blick weiterwandern und bemerkte, dass Wächter sich ein behagliches Plätzchen gesucht hatte und nun auf der Schleppe des königlichen Hermelinmantels lag. »Das ist leider nur mein Hund«, sagte Adelia.
    »Nur? Schafft ihn raus. Was hat der hier zu suchen?«
    Einer der Waffenknechte, die vor der Tür eingenickt waren, rappelte sich auf und zog Wächter nach draußen auf den Treppenabsatz, dann kehrte er auf ein Nicken seiner Königin hin auf seinen Posten zurück.
    Eleanor veränderte ihre Haltung; sie wurde unruhig. »Die heilige Eulalie schenke mir Geduld, wie lang dauert das denn?« Die Totenwache begann, sie zu ermüden.
    Adelia hätte beinahe gesagt: »Noch eine Weile«, tat es dann aber nicht. Bis sie die Situation besser durchschaute, wollte sie lieber weiterhin die Rolle einer Frau spielen, die für die Königin zwar nur ein leicht angeschmuddelter Bestandteil von Rowleys Tross war, aber dennoch von Gott dazu ausersehen wurde, das königliche Leben zu retten, und deshalb zur Belohnung in der Nähe der Königin verweilen durfte.
    Aber du
solltest
mehr über mich wissen, dachte Adelia verärgert. Ich sterbe vor Neugier, und das sollte dir auch so gehen. Du solltest über alles mehr wissen: wie Rosamund starb, warum sie die Briefe schrieb, wer sie diktierte … du hättest das Zimmer durchsuchen lassen und diese Briefe vor mir finden sollen. Es genügt nicht, Königin zu sein. Du solltest Fragen stellen. Wie dein Mann.
    Henry Plantagenet war der reinste Spürhund, und er ließ Spürhunde für sich arbeiten. Er hatte Adelias Beruf im Handumdrehen gewittert und sie wie ein besonders seltenes Tier seiner Menagerie in England festgehalten, für den Fall, dass er erneut Verwendung für sie hätte. Er wusste haargenau, wie die Dinge zwischen ihr und seinem Bischof standen. Er hatte von der Geburt des Kindes gewusst – und auch dessen Geschlecht gekannt, was man von Allies Vater nicht behaupten konnte. Wenige Tage danach hatte zum Beweis, dass der König Bescheid wusste, einer seiner Boten in schlichter Kleidung ein Taufkleidchen aus herrlicher Spitze an Adelias Tür im Sumpfland abgegeben. Und dazu eine kurze Nachricht: »Nennt sie, wie Ihr wollt, für mich wird sie stets Rowleys Kleine sein.«
    Im Vergleich zum König bewegte sich Eleanor in einem Gesichtskreis, der nur ihr persönliches Wohlergehen erfasste sowie die Gewissheit, dass Gott ganz besonders darum bemüht war. Die Fragen, die sie in diesem Raum gestellt hatte, bezogen sich ausschließlich auf sie selbst.
    Adelia überlegte, ob sie sie aufklären sollte. Rowley und die Königin hatten gewiss in der Vergangenheit korrespondiert. Sie würde seine Schrift kennen. Wenn sie ihr diese Briefe zeigte, wäre das zumindest der Beweis dafür, dass er sie nicht geschrieben hatte, damit Rosamund sie kopierte. Vielleicht kannte sie die Handschrift sogar und wusste, wer der Verfasser war.
    Warte lieber. Hier ging es um zwei Verbrechen.
    Wenn Mansur und ihr Ziehvater Adelia in diesem Moment beobachtet hätten, dann hätten sie gesehen, dass sie ihre, wie sie es nannten, »Seziermiene« aufsetzte: die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst, die Augen glühend vor Konzentration, wie immer, wenn ihr Messer einer Muskelbahn bis zur Sehne folgte, eine Vene freilegte, schabte und schnitt, um Ursachen auf den Grund zu gehen.
    Was sie zu einer hervorragenden Anatomin machte, war ihr Instinkt, wie Dr. Gerschom einmal gesagt hatte. Sie war gekränkt gewesen. »Logik und Ausbildung, Vater.« Er hatte gelächelt. »Mag sein, dass die Menschen für Logik und Ausbildung gesorgt haben, aber der Herr gab dir deinen Instinkt, und dafür solltest du ihm danken.«
    Zwei Verbrechen.
    Erstens: Rosamund hatte aufrührerische Briefe kopiert. Zweitens: Rosamund war ermordet worden.
    Herauszufinden, wer Rosamund dazu angestachelt hatte, diese Briefe zu schreiben, war eine Sache. Ihren Mörder zu entlarven, eine andere. Und beide Lösungen widersprachen einander, zumindest was Eleanor von Aquitanien und den Bischof von St. Albans betraf.
    Für die Königin war der Briefeschreiber der Schurke, den es zu vernichten galt. Eleanor war es völlig gleichgültig, wer Rosamund getötet hatte. Wahrscheinlich würde sie den Täter sogar belohnen, falls sie

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