Die Teufelshaube
er?«
»Oh, er ist wohlauf. Aber den ganzen Weg seit Chinon waren uns die Jäger dicht auf den Fersen, also hat der junge König beschlossen, sich nach, äh, Paris zu begeben statt hierher.«
Mit erloschenem Blick tastete die Königin nach der Lehne ihres Stuhls und sank hinein.
»Na, na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht«, sagte der Abt mit tief dröhnender Stimme, »aber Ihr kennt ja Euren Jungen, er hat England noch nie gemocht, meint, der Wein schmeckt wie Pisse.«
»Was sollen wir tun? Was sollen wir tun?« Eleanors Augen waren groß und flehend. »Alles ist verloren. Allmächtiger, was sollen wir jetzt tun?«
»Ist ja gut.« Der Abt kniete sich neben sie und ergriff die Hände der Königin. »Nichts ist verloren. Ich hab mit unserem Schwyz hier geredet, und der meint, es ist alles nicht so schlimm. Hab ich recht, Schwyz?«
Auf sein Drängen hin nickte Schwyz.
»Seht Ihr? Und Schwyz versteht was davon. Sieht man ihm nicht an, zugegeben, aber er ist ein guter Taktiker. Denn jetzt kommt die gute Nachricht …« Eleanors Hände wurden hochgehoben und auf ihre Knie geschlagen. »Hört Ihr zu, meine Teure? Passt gut auf. Hört, was unser Streiter Jesus Christus für uns getan hat – er hat den König von Frankreich auf unsere Seite geholt. Er hat sich mit dem jungen Henry verbündet, jawohl, das hat er.«
Eleanors Kopf fuhr hoch. »Im Ernst? O endlich. Gott sei gepriesen.«
»König Ludwig, wie er leibt und lebt. Er wird sein Heer ins Feld führen, um an der Seite des Sohnes gegen den Vater zu kämpfen.«
»Gott sei gepriesen«, sagte Eleanor erneut. »
Jetzt
haben wir eine Streitmacht.«
Der Abt nickte mit seinem großen Kopf, als sähe er einem Kind dabei zu, wie es ein Geschenk öffnet. »Ein frommer König. Euch war er ein lahmer Gatte, zugegeben, aber wir heiraten ihn ja nicht, und Gott wird seine Tapferkeit jetzt mit Gnade betrachten.« Wieder hämmerte er auf Eleanors Knie. »Versteht Ihr, Lady? Der junge Henry und Ludwig werden das französische Banner erheben, wir werden das unsere hier in England erheben, und gemeinsam werden wir den alten Henry niederringen. Das Licht wird über die Finsternis siegen. Gemeinsam fangen wir den alten Adler und bringen ihn zu Fall.«
Er entfachte neues Leben in Eleanor; ihr Gesicht hatte wieder Farbe. »Ja«, sagte sie, »ja. Ein Angriff von zwei Seiten. Aber haben wir genug Männer? Hier in England, meine ich? Schwyz hat nur wenige dabei.«
»Wolvercote, meine Schöne. Lord Wolvercote lagert mit einem tausend Mann starken Heer in Oxford.«
»Wolvercote«, wiederholte Eleanor, »ja, natürlich.« Ihre Niedergeschlagenheit schwand, als sie die Leiter der Hoffnung hochstieg, die der Abt für sie hielt.
»
Natürlich,
natürlich. Tausend Mann. Und mit Euch an ihrer Spitze werden uns noch weitere zehntausend zuströmen. All diejenigen, die der Plantagenet in den Staub getreten und zu Bettlern gemacht hat, sie werden aus den Midlands herbeieilen. Dann marschieren wir, und welche Freude wird im Himmel herrschen.«
»Zuerst müssen wir in dieses Scheiß-Oxford«, sagte Schwyz. »Und zwar schnell, verflucht noch mal. Es wird Schnee geben, und dann stecken wir in diesem Scheißturm fest wie beschissene Zielscheiben. In Woodstock hab ich der blöden Kuh erklärt, dass er nicht verteidigt werden kann. Wir müssen direkt nach Oxford, hab ich gesagt. Da kann ich Euch verteidigen. Aber sie wusste es ja besser.« Seine Stimme kippte vom Bass ins Falsett.
»O nein, Schwyz, die Straßen sind zu schlecht, um uns zu verfolgen, Henry kann uns nicht hierher folgen.«
Der Tonfall schlug um. »Und ob Henry das kann, ich kenn den Schweinehund.«
In gewisser Weise war das der seltsamste Moment der Nacht. Eleanors Gesichtsausdruck schwebte unverändert zwischen Skepsis und Begeisterung. Der Abt kniete noch immer neben ihr und wandte sich nicht um.
Haben die ihn nicht verstanden? Hab ich ihn verstanden?
Denn Adelia war in Gedanken zurück in die Berglandschaft Graubündens versetzt worden, wohin sie und ihre Zieheltern jedes Jahr eine lange, aber schöne Reise unternommen hatten, um der Sommerhitze Salernos zu entkommen. Dort wohnten sie in einer Villa, die ihnen der Bischof von Chur, einer von Dr. Gerschoms dankbaren Patienten, zur Verfügung gestellt hatte, und die kleine Adelia war mit den flachsblonden Kindern des Ziegenhirten losgezogen, um Kräuter und Wildblumen zu sammeln. Sie hatte den Gesprächen von Kindern und Erwachsenen gelauscht, die nicht ahnen konnten,
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