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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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hatte.
    »Bitte, John, erschieß ihn nicht! Er ist mein kleiner Bruder und steht wahrscheinlich unter Drogen. Vermutlich leidet er unter Wahnideen, weil er seine Finger nicht vom Marihuana lassen kann.«
    John wusste nicht, was er von dieser Vorstellung zu halten hatte. Der schwarzhaarige Kerl gehörte zu Cuninghames Leuten – daran bestand für ihn nicht der geringste Zweifel. Die Söldner des schwarzen Lords erkannte er nicht nur an ihrem Äußeren, sie besaßen eine andere energetische Körperspannung als normale Menschen, die er erspüren konnte. Dafür war der Komplettaustausch des Blutes gegen Eternity verantwortlich. Dieser Kerl war allerdings nur teilweise initiiert. Man hatte ihn nicht vollständig zu einem Idioten gemacht, sondern ihm einen Teil seines freien Willens gelassen. Das konnte John an seinen lebhaften braunen Augen erkennen, die Lilians so verdammt ähnlich sahen. Also musste der Mann zur Führungsriege gehören, denn nur deren Mitglieder blieben von einer vollkommenen Umwandlung zum Lakaien verschont. Dass Lilian den Mann als ihren Bruder bezeichnete, war kein gutes Zeichen, selbst wenn es bedeutet hätte, dass sie lediglich biologisch verwandt waren und sie möglicherweise nichts von seinen Machenschaften wusste. Für gewöhnlich rekrutierte die Bruderschaft der Panaceaer entweder ganze Familien, oder man brachte sie gemeinschaftlich um, wenn auch nur einer von ihnen der Bruderschaft nicht mehr nützlich erschien.
    John war verwirrt. Er wusste nicht, ob er an Lilians Unschuld glauben konnte.
    Zu allem Überfluss tauchten nun noch weitere Söldner in der Tiefgarage auf. Wahrscheinlich war es ihre Absicht gewesen, ihn bei seinem Rendezvous mit Lilian zu überwältigen und Cuninghame auf einem goldenen Tablett zu servieren.
    Alex wurde von seiner Schwester für einen Moment abgelenkt. John zielte auf seine Stirn, weil er das Herz nicht anvisieren konnte. Lilian stand immer noch vor ihm. Trotzdem feuerte John das Spezialgeschoss ab. Alex sackte getroffen in sich zusammen. Das Projektil hatte ein Loch in seiner Stirn hinterlassen. Blut spritzte auf – oder das, was man dafür halten konnte. Lilians nackte Schultern wurden von einem feinen roten Sprühnebel überzogen. Mindestens fünfzehn Minuten würde es dauern, bis sich Alex’ Verletzung wieder geschlossen hatte, und auch sein Gehirn würde einige Zeit benötigen, um sich zu regenerieren. Bis dahin befand sich Lilians Bruder außer Gefecht.
    Lilian stürzte sich mit einem Schrei des Entsetzens auf Alex, der mit verdrehten Augen vor ihren Füßen lag, und drückte ihm voller Verzweiflung eine Hand auf die Wunde. Als sie bemerkte, dass sie so die Blutung nicht stoppen konnte, zerriss sie einen Teil ihres Bettlakens und drückte den Stoff auf die klaffende Wunde. Die Angst und Sorge, die in ihrem Gesicht zu lesen waren, verriet John, wie sehr sie ihren Bruder liebte.
    An Alex’ reglosem Körper erkannte John, dass es sich tatsächlich um Lilians echten Bruder handeln musste. Für einen Moment noch hatte er gehofft, dass vielleicht der geheimnisumwobene Bruder Mercurius hinter diesem Auftritt steckte. Mercurius konnte kraft seiner Gedanken in anderen Menschen die Illusion von verschiedenen Persönlichkeiten hervorrufen, aber bei jeder Verletzung war er gezwungen, für eine Weile seine ursprüngliche Gestalt anzunehmen. Wenn Lilian also tatsächlich zu Cuninghames Familienbande gehörte, musste sie ihre Gefühle verdammt gut unter Kontrolle haben. Womöglich war sie sogar eine Initiierte, deren Körper zwar sterblich war, aber deren Geist man beeinflusst hatte.
    John hoffte immer noch, dass er unrecht hatte, als er Lilian weinend am Boden hocken sah. Es war höchst ungewöhnlich, dass sie als Angehörige eines Panaceaers Tränen vergoss, zumal sie wissen musste, dass Alex irgendwann wieder zu sich kommen und seine Wunden verheilen würden. Aber vielleicht tat sie es auch nur, um bei ihm Mitleid zu erregen oder weil sie ihre Rolle konsequent zu Ende spielen wollte, um ihn endgültig zu verwirren. John machte einen letzten Versuch, sie auf seine Seite zu ziehen, nachdem er in seiner Not den Wagen gestartet und mit heulendem Motor aus der Parklücke herausgesetzt hatte, während seine übrigen Verfolger, die ihn bereits umkreist hatten, zur Seite sprangen. Mit quietschenden Reifen raste er los und bremste direkt vor Lilian ab, dann öffnete er hastig die Beifahrertür und streckte ihr seine Linke entgegen. »Komm, Lilian, du kannst hier nicht

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