Die Teufelshure
auf den Prinzen wartet. Kein Wunder, denn die Geschehnisse der letzten Tage hatten bei Cynthia Weir dunkle Ringe unter den Augen hinterlassen. Lilians Ansinnen, ihren Mann noch einmal zu besuchen, hatte sie trotz des Erfolges, dass er durch sie sein Gedächtnis wiedergewonnen hatte, mit Argwohn entgegengenommen. Dough schien die Angelegenheit erheblich lockerer zu sehen und begrüßte Lilian beinahe überschwänglich an der Haustür.
»Was möchten Sie, Tee, Kaffee oder einen Whisky?« Er lachte dröhnend, während er Lilian in die gute Stube begleitete. Im Esszimmer bot er ihr einen Stuhl an, mit Blick auf die reichlich begrünte Terrasse.
Draußen im Garten hinter dem Haus plätscherte ein kleiner kitschiger Barockbrunnen aus Alabasterstein. Eine Idylle, die vielleicht von der Eintönigkeit seines Jobs ablenken sollte, oder es war ein Steckenpferd seiner Frau, die sich damit jenes Märchenreich schaffen wollte, das Dough ihr nie hatte bieten können. Lilian nahm an einem runden Tisch Platz und legte ihre Wagenschlüssel auf der fein säuberlich bestickten Tischdecke ab. Sie hatte nicht vor, lange zu bleiben, sie wollte Dough lediglich einen Vorschlag machen.
»Danke. Eine Tasse Tee wäre wundervoll«, sagte sie.
»Was führt Sie zu mir?«, eröffnete Dough das Gespräch, während er auf dem Stuhl gegenüber eine gekünstelt weltmännische Haltung einnahm, die so gar nicht zu seiner gedrungenen Gestalt passen wollte.
Lilian wusste nicht recht, wie sie beginnen sollte. Sie hatte am Telefon mit Bedacht nichts über den Anlass ihres Besuches gesagt, weil sie befürchtete, Dough könnte sie abweisen. Außerdem wusste sie nicht, wie sie ihm ihr Vorhaben in wenigen Worten hätte erklären sollen. Nein, so etwas benötigte Vertrauen, und Vertrauen benötigte Anwesenheit.
»Ich komme wegen Ihrer Personenbeschreibung, die Sie bei Scotland Yard abgegeben haben.«
»Warum?« Dough sah sie aufgeschreckt an. »War etwas falsch daran?«
»Nein.« Lilian musste lächeln. Wahrscheinlich dachte er, sie arbeite auch bei der Polizei und zweifle nun schon wieder an seiner Aussage. »Sagen wir, ich habe ein privates Interesse. Ich hatte nach unserer Begegnung im Royal Hospital ein ähnlich schreckliches Erlebnis wie Sie im Lagerhaus. Es gab einen Überfall in der Tiefgarage unserer Wohnung in Edinburgh. Vor meinen Augen wurden mehrere Menschen regelrecht abgeschlachtet.«
Doughs Frau war lautlos hereingekommen und servierte den Tee und ein paar Sandwiches. Ihr Blick war entsetzt, weil sie Lilians letzte Worte mitbekommen hatte. »Warum hat man davon nichts in der Zeitung gelesen?«, fragte sie fassungslos.
»Aus dem gleichen Grund, warum man von der Sache in Leith nichts in der Zeitung gelesen hat. Als die Polizei eintraf, waren sämtliche Spuren wie weggewischt, und niemand wollte mir glauben, dass der Überfall überhaupt stattgefunden hat.«
Doughs kleine braune Augen begannen zu leuchten. »Aber Sie können sich noch an alles erinnern, oder?«
»Was mir nicht sonderlich viel nützt, wenn es keine Spuren gibt und mir niemand glaubt«, erwiderte sie mit einem lakonischen Ton in der Stimme.
»Aber Sie haben doch gute Verbindungen zu Scotland Yard – wieso glaubt man Ihnen nicht?«
»Jenna hat es ihrem Chef erzählt. Als er zu ermitteln begann, hat man ihn auf Befehl aus London zurückgepfiffen. Anscheinend ist die Sache ein Politikum. Und jetzt sind Sie meine einzige Hoffnung, um Licht in die Angelegenheit bringen zu können.«
Dough sah sie verständnislos an. »Wie sollte ich Ihnen helfen? Ich habe alles gesagt, was ich wusste, und wenn Scotland Yard in der Sache nicht weiterkommt – wie sollte ich da was machen?«
»Ich habe einen Plan, den ich allerdings nicht alleine durchziehen möchte. Ich befürchte, am Ende vertraue ich mir selbst nicht mehr, wenn etwas Entscheidendes geschieht und ich mir hinterher nicht sicher bin, ob ich es tatsächlich erlebt habe oder nicht.« Lilian sah ihn fragend an. »Haben Sie Zeit?«
Dough grinste. »Alle Zeit der Welt, ich bin immer noch arbeitslos.«
»Hätten Sie nicht Lust, Ihrem Exchef mal richtig die Meinung zu geigen?«
Dough lachte bitter. »Darauf können Sie wetten, aber der sitzt in Leith und will bestimmt nichts von mir wissen.«
»Ich meine nicht Ihren Abteilungsleiter im Containerhafen. Ich meine seinen Boss. Den allerhöchsten Leiter von CSS. Der, dem der Laden wirklich gehört und nach dessen Pfeife alle tanzen.«
»Wer sollte das sein?« Dough setzte eine
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