Die Teufelshure
und hatte ihn eine ganze Weile lang ignoriert. Später hatte sie sich eines Besseren besonnen und ihm im Half Moon Inn immer wieder schmachtende Blicke zugeworfen, ganz gleich, welchem Mann sie gerade in den Armen lag. Dennoch hatte John sie fortan gemieden wie der Teufel das Weihwasser.
»Als sie gestern hier aufkreuzte, hat sie es mir erzählt«, flüsterte Paddy resigniert. »Und ich habe gedacht, die Kleine hätte deinen Hintern längst vergessen. Aber da war ich wohl im Irrtum. Wenn sie dich schon hängen sehen muss, hat sie mir gestanden, will sie dich bis dahin wenigstens nicht hungern lassen.«
»Das nenne ich großzügig«, schnaubte John ernüchtert. »Und was weiß sie sonst noch? Hat sie etwas über Madlen gesagt?« Das Wohlergehen seiner Geliebten interessierte ihn weit mehr als die Unterstützung aller Huren, die er in Edinburgh und Umgebung jemals gehabt hatte, und das waren nicht wenige. Jedoch war keine von ihnen wie Madlen gewesen. Nie zuvor hatte er sich derart spontan in ein Mädchen verliebt. Und dass sein körperliches und geistiges Unvermögen ihr Unglück nun noch viel schlimmer gemacht hatten, schmerzte ihn weit mehr, als er sich eingestehen wollte.
»Sie sagte nur, dass sich Madlen wieder in Chester Cuninghames Obhut befindet«, ergänzte Paddy seinen kurzen Bericht, »und dass unser schwarzer Lord sie in Wichfield Manor verborgen hält, bis der Prozess beginnt.«
»Prozess?« John Stimme klang alarmiert. »Welcher Prozess?«
Paddy schnaubte verächtlich. »Unser Prozess! Oder dachtest du etwa, man lässt uns nach allem, was man uns vorwirft, nach ein paar Tagen Arrest einfach laufen?«
»Und was hat der Prozess mit Madlen zu tun?« John begriff gar nichts mehr.
»Sie ist Kronzeugin der Anklage und wird gegen uns aussagen!«, erwiderte der Ire.
Wenn Paddy ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen hätte, wäre es nicht schlimmer gewesen.
»Du lügst«, flüsterte er. »Das würde sie mir nicht antun.«
»Es ist keine Lüge, John. Das kleine Luder hat dich hereingelegt. Warum, weiß nur der Teufel.«
Paddys aberwitzige Mutmaßungen bereiteten John eine schlaflose Nacht, und der anbrechende Tag gab ihm schließlich den Rest. Nicht nur Paddy, Randolf und der Minister befanden sich zusammen mit John im Thieves Hole. Als es heller wurde, sah er neun weitere Gestalten, die angekettet am Boden hockten. Arne, der schwindsüchtige Holländer. Geoffrey Fitzgerald, ein hitziger Waliser mit permanent hochrotem Kopf, der nie als Soldat gedient hatte und dessen ausschweifende Reden über den Bürgerkrieg John gehörig auf die Nerven gingen. Neben ihm saß David Ogilvy, ein junger, breitschultriger Lowlander mit fuchsrotem Haar, der meist schweigsam und fleißig war. Hinter ihm hockte Ruaraidh MacAlpine, ein drahtiger Mittzwanziger mit schulterlangen braunen Locken und einem schmalen, nachdenklichen Philosophengesicht, der wie John ebenfalls aus den West-Highlands stammte. Gerald Webb, ein kleiner struppiger Kerl, krümmte sich zwischen den Männern wie ein Wurm am Boden und schnarchte. Er war ein ehemaliger Galeerensträfling und entsprechend ausgemergelt und hager. Peter Huntlay, ein beleibter Mittvierziger, dem Frau und Kinder bei der Pest gestorben waren und der seitdem vom Leben nichts mehr erwartete, lag unter einer graubraunen Decke im Stroh und schlief. Archibald Thomas aus Leith, der hellwach neben ihm saß, setzte im trüben Morgenlicht sein typisch irres Grinsen auf, als John wie zur Begrüßung die Hand hob. Er war Ende zwanzig und geistig zurückgeblieben. Im letzten Jahr war seine Mutter gestorben, die sich bis dahin um ihn gekümmert hatte. Seitdem lebte er unter der Obhut seiner Kameraden in der Baracke. Dazu kamen Micheal und Malcolm MacGregor. Die beiden hockten stumm und bleich an die Wand gelehnt und machten den Eindruck, als müssten sie sich jeden Moment übergeben.
Cuninghame hatte als angesehener Parlamentsabgeordneter für die Festnahme der gesamten Baracke gesorgt. Paddy hatte John zunächst mit Absicht nichts davon erzählt, weil der Schock sonst noch größer gewesen wäre. Für einen Moment stellte sich John das Gesicht Abraham Brumbles vor, als man ihm mit einem Schlag die gesamte Lademannschaft verhaftet hatte.
Einige der Männer lächelten schwach. John war erleichtert, dass sie ihm keinerlei Vorwürfe machten. Vielleicht lag es daran, dass Paddy ihnen nicht alles erzählt hatte.
»Warum?«, krächzte John mit Blick auf die beiden Jungen. »Die zwei haben
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