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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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hörbar, webte der Pianist die Melodie in das Netz von Akkorden, Arpeggien und protzigen Trillern. Wie eine verschlüsselte Botschaft. Es war die Melodie, die Notovich nun schon zweimal gehört hatte, erst in seinem Traum und später im Konservatorium. Konnten diese leisen, unheimlichen Klänge aus der Teufelssonate stammen? War es möglich, daß Valdin der Teufelssonate bei Karl Süssmeier in Deutschland auf die Spur gekommen war?
    Unsinn.
    Er bildete sich das alles ein.
    Auf einmal löste sich die seltsame, gespenstische Melodie in nichts auf. Valdin ließ das Thema von Mazeppa wieder aufleuchten und schloß die Improvisation ab. Die populären Themen echoten noch einen Moment nach und gingen dann nahtlos in Liszts Noten über. Valdin beendete das Stück exakt so, wie Notovich es gerade gespielt hatte.
    Der Applaus war der Gnadenstoß für Notovich. Er blieb wie betäubt sitzen, während sich das Publikum in Scharen erhob. Valdin nahm die Ovationen mit gespielter Demut entgegen und machte dann eine einladende Geste in die erste Reihe. Notovich wollte Unterstützung bei Vivien suchen, doch ihr Platz war leer. Er begriff, daß er aufstehen mußte, aber es kostete ihn Mühe, das Gleichgewicht zu halten, so unsicher waren seine Beine. Sein Mund war trocken, und seine Augen brannten.
    Er konnte den Ausgang nicht finden. Es war, als ob die Dunkelheit im Saal einen dicken, undurchdringlichen Brei bildete, der seine Arme und Beine verlangsamte, so daß er sich in Zeitlupe nach hinten bewegte. Der Gang wirkte schmaler denn je, immer wieder prallte er gegen Stühle und Menschen. Er hörte seinen Namen flüstern und glaubte, Leute lachen zu hören.
    Jemand versperrte ihm den Weg, und er stolperte über zwei Rollstühle. Hatten die vorhin auch schon dagestanden?
    Jemand streckte ihm die Hand entgegen.
    »Nicht hinfallen, Herr Notovich.«
    Er erkannte die Stimme. Es war Van der Wal. Wer hatte den Mann eingeladen? Warum ließ dieser Mistkerl ihn nicht in Ruhe? Er stieß die ausgestreckte Hand rüde weg und lief weiter.
    Er hatte keine Orientierung und fuchtelte mit den Armen, um zur Tür zu gelangen. Es schien endlos zu dauern, bis er das Ende des Ganges erreichte. Das Flüstern wurde lauter. Er konnte nicht verstehen, was die Leute sagten. Bis auf ein Wort, das eine Frauenstimme hinter ihm leise, aber deutlich artikulierte, als ob es schon viel eher hätte ausgesprochen werden müssen.
    Mörder .

28
    D ie ganze Nacht lagen sie eng aneinandergeschmiegt und starrten auf die bizarren blau-gelben Lichtformen, die an der Decke hin- und herkrochen. Ab und zu schaute Natasja, ob er schlief, und küßte ihn. Als er aufstand, saß sie mit Bröll am Küchentisch.
    »Morgen, Noto. Willst du Kaffee zu den Schlagzeilen?«
    Er warf einen Blick auf die Tageszeitungen, die über den Croissants und Eiern verstreut waren. DER NEUE TICK VON NOTOVICH : WEGLAUFEN NACH MAGISCHER AUFFÜHRUNG . Die nächste: SENSATIONELLES KLAVIERDUELL ENDET UNENTSCHIEDEN . Und eine andere: NEUROTOVICH IST ZURÜCK !
    »Geht doch, oder?«
    » Neurotovich . Warum haben sie den nur wieder aus der Versenkung geholt?«
    »Weil Journalisten keine Phantasie haben. Die recyceln ihre Texte immer gegenseitig. Sei froh, daß du so glimpflich davonkommst. Nein, es war doch ein sehr gelungener Abend.«
    »Dein Zynismus ist nicht zu überhören.«
    »Tja, du hast behauptet, daß du dich wieder großartig fühlst.« Bröll legte eine Scheibe Lachs auf sein Brötchen. »Und daß ich mir überhaupt keine Sorgen zu machen brauche, nicht wahr?«
    Notovich seufzte entschuldigend.
    »Ich hätte wissen müssen, daß Valdin mit einer Improvisation kommen würde.«
    »So brillant war die nicht. Ich hab schon Besseres gehört. Tausendmal Besseres sogar. Von einem gewissen Pianisten, den ich nicht bei seinem russischen Namen nennen werde.«
    » Mazeppa ist nicht gerade ein leichtes Stück zum Improvisieren. Ich war einfach … beeindruckt.«
    »Ja, das habe ich gemerkt. Und nun können es die ganzen Niederlande in der Zeitung lesen. Schon witzig, wie sie das beschreiben: ›Bleich vor eingebildeten Ängsten irrte Notovich hinaus und ließ das Publikum in totaler Konsternation zurück.‹ «
    Natasja legte das Brotmesser mit einem lauten Klick auf die Tischplatte, um darauf hinzuweisen, daß noch niemand sie um ihre Meinung gefragt hatte.
    »Ich kapiere das nicht. Seid ihr taub, oder was? Das war überhaupt keine Improvisation. Das war eindeutig vorbereitet.«
    »Oh? Und woran hörst du

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