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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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einen Orgasmus bekommst.«
    »Na, dann kriege ich wenigstens auch mal wieder einen Orgasmus«, sagte er. Es war ein ganz neuer Ton, den sie ihm gegenüber anschlug, einer, der nicht zu ihr paßte.
    »Ich muß weg«, sagte sie.
    »Weg? Jetzt?«
    Er begriff überhaupt nichts mehr. Sie standen mit einigen Leuten im Foyer des Theaters, und es war schwierig zu reden, während andauernd jemand auf Notovich zukam, um ihm zu gratulieren. Es waren auch ein paar Musikerkollegen da. Sie wollten wissen, ob sie noch in eine Kneipe gehen würden. Notovich konnte gar nichts sagen, so verärgert war er. Senna lief zu den Toiletten, und Notovich folgte ihr.
    »Ich finde Mazeppa nicht einmal schön«, sagte er entschuldigend. »Ich spiele es nur für dich.«
    »Davon habe ich heute abend wenig gemerkt. Wolltest du deshalb so gern berühmt werden? Um die Aufmerksamkeit solcher Frauen zu gewinnen?«
    Er war zu wütend, um zu antworten, vor allem, weil sie recht hatte. Er genoß die Schreie, die aus den vorderen Reihen aufklangen, wenn er während eines Stücks kurz in den Saal schaute, als wollte er sagen: Das spiele ich für dich. Es gehöre dazu, das erwarteten die Leute von ihm, redete er sich ein. Und Bröll meinte, es sei gut für den Verkauf. Doch Senna war der Ansicht, daß sein Spiel darunter leide. Das verstand er nicht. Er war in der letzten Zeit gerade zum ersten Mal zufrieden mit seinem Spiel. Er war selbst erstaunt darüber, aber er konnte es zum ersten Mal genießen. Er fühlte sich von seiner ewigen Selbstkritik erlöst.
    »Applaus zu bekommen ist etwas anderes als gut zu spielen«, fand Senna. Sie ging in die Damentoilette, und die Tür fiel vor seiner Nase zu.
    Er hatte genug von ihrer Eifersucht. Er stiefelte aus dem Theater und nahm sich ein Taxi.
    Das lag alles an dieser Herumreiserei. Er hatte nicht genug Zeit zum Üben. Es war, als hätte er sich irgendwo in einem Hotelzimmer verloren.
    Senna kam in dieser Nacht nicht in sein Zimmer, doch am nächsten Morgen sah er sie im Frühstücksraum des Hotels mit einem Schälchen Obst. Sie hatte sich offenbar ein anderes Zimmer genommen. Er setzte sich zu ihr und entschuldigte sich. Sie reagierte kühl, wie sei es öfter tat, wenn andere dabei waren. Er versprach, daß er Mazeppa an diesem Abend nur für sie spielen würde, aber das wollte sie nicht. Das Werk war von Außenstehenden besudelt. Sie sagte es nicht, doch er wußte es.
    Vielleicht hatte sie recht. Vielleicht machte er es sich zu bequem. Er könnte ein paar Auftritte absagen und ein neues Stück einstudieren. Als Bröll von diesem Plan hörte, schob er ihm sofort einen Riegel vor. Wenn Notovich jetzt wieder Auftritte absagte, würde das seinem Ruf ernsthaft schaden. Es seien zwei große Städte und wichtige Säle dabei. In einem oder anderthalb Monaten vielleicht, aber nicht jetzt.
    Nach und nach wurde Notovich immer mehr von Publicity-Verpflichtungen aufgefressen. Er ging diesen auch immer weniger aus dem Weg. Senna und er sahen einander fast nur noch in der Öffentlichkeit. Senna wurde trauriger, sie hatte einen abwesenden Blick in den Augen. Er machte sich Sorgen um sie. Eines Abends eröffnete sie ihm, daß sie nach Paris zurückfahren werde. Er redete den ganzen Abend auf sie ein, aber sie ließ sich nicht davon abbringen.
    »Es ist doch kein Beinbruch, Mischa«, sagte sie leichthin. »Es ist gut für einen Künstler, wenn er sich unglücklich fühlt. Versprichst du mir, daß du dich sehr unglücklich fühlen wirst?«
    Er schrie wütend, daß er es verspreche.
    Sie hatte wieder recht. Sobald sie weg war, suchten seine Einsamkeit und sein Schmerz sich über die Musik einen Weg ins Freie: Sein Spiel bekam mehr Inhalt und blühte auf. Der örtliche Rezensent mußte während des Konzerts an diesem Abend sogar mit den Tränen kämpfen, während seine Frau neben ihm Notovich schöne Augen machte. Sie war die erste, mit der er fremdging, doch er fühlte sich danach nicht besser.

29
    S ie verabredeten sich in einem Hotelzimmer. Notovich fand die Idee lächerlich, doch Vivien wollte nicht mit ihm gesehen werden. Seine Bleibe war auch kein guter Treffpunkt, denn Natasja schlief nun fast jeden Tag dort.
    Sie lag im Mantel auf dem Bett und sah fern. Ihr Haar war immer noch schwarz. Notovich setzte sich auf den Stuhl, der unpraktisch zwischen Bett und Tisch gezwängt war. Sie sprachen eine ganze Weile kein Wort. Vivien zappte nervös von Kanal zu Kanal, der Ton war aus. Draußen klingelte eine Straßenbahn. Er stand

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