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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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spielen würde. So einen Vorsprung dürfe der Franzose beim nächsten Mal nicht haben. Vivien sei die einzige, die Notovich helfen könne. Natürlich habe sie ihn nicht bewußt ausspioniert, sie brauche sich also überhaupt nicht schuldig zu fühlen. Sie sei damals auch noch nicht seine Geliebte gewesen. Liebende tun einander so etwas doch nicht an, oder? Aber es wäre eine große Erleichterung, die Sicherheit zu haben, daß Valdin nichts plante.
    Vor allem interessiere ihn, ob der Franzose noch manchmal über die Teufelssonate sprach.
    Nicht mit ihr, antwortete Vivien.
    Er fragte sich, ob sie die Wahrheit sagte. Er rückte ganz nah an sie heran und legte den Arm um sie. Dies sei der Moment, da sie ihm wirklich helfen könne. Ob sie ihm verriete, wo Valdin übte? Nicht, daß er vorhätte, ihn auszuspionieren, sondern nur so … Wenn er die Gewißheit hätte, daß Valdin brav arbeitete und sich nicht um ihn kümmerte, würde er wesentlich besser schlafen. Denn er schlafe nicht allzu gut in letzter Zeit. Valdins Spielchen hätten sein Vertrauen doch mehr erschüttert, als er gedacht hätte.

32
    E r konnte den kleinen, weißen Bunker durch die Bäume sehen. Der quadratische Betonbau befand sich mitten auf einem Landgut und war von hohen Zäunen und Stacheldraht umgeben. Alle zehn Meter hing ein Schild am Gitter, auf dem stand, daß das Landgut von einem bewaffneten Wachdienst beaufsichtigt werde. Diese Schilder wechselten sich sicherheitshalber mit Abbildungen von Dobermännern ab.
    Ein Bunker mit bewaffneter Bewachung? Notovich mochte ab und zu etwas übers Ziel hinausschießen bei seiner Vorbereitung, aber Valdin tat, als ob Krieg wäre. Notovich kannte diesen Bunker vom Hörensagen; er hatte früher als Aufnahmestudio gedient. Ein idealer Ort, um sich ungestört vorzubereiten: nirgends ein Fenster zu entdecken und zwei Meter dicke Mauern. Die Bewachung stammte vermutlich noch aus der Zeit, als weltberühmte amerikanische und englische Popgruppen sich hierher zurückzogen, um ihre kreative Flaute zu überwinden. Hier wurden sie nicht abgelenkt von Groupies, Dealern und Fehden zwischen Freundinnen, die sich in alles einmischten. Doch diese angebliche Bewachung von damals gab es wahrscheinlich nicht mehr, und Hunde sah er auch keine. Trotzdem schien es ihm besser, nicht den Haupteingang zu benutzen. Über den Schlagbäumen hing eine klapprige Kamera, die vielleicht noch funktionierte.
    Er drapierte seine Jacke über den Stacheldraht und setzte den rechten Fuß auf einen Holzpfahl neben dem Zaun an der Seite des Geländes. Der Stacheldraht hing durch und pendelte hin und her, als Notovich hinüberklettern wollte. Er schwang seinen linken Fuß ungeschickt über die Jacke, dabei landete sein entblößter Unterschenkel auf einem Stück Draht. Vor Schreck zog er das Bein zurück und riß sich die Wade auf. Er probierte, das Blut mit einem Taschentuch zu stillen. Es gelang nicht. Erst nach zwei Versuchen schaffte er es, über den Zaun zu kommen. Zuerst zerriß er sich das Hemd. Dann verlor er oben auf dem Zaun das Gleichgewicht, als er über dem Stacheldraht hin und her schwankte. Mit zitternden Händen suchte er Halt am Gitter, aber die eisernen Spitzen bohrten sich gnadenlos in sein Bein und zwischen seine Schenkel.
    Der Bunker wirkte verlassen. Notovich hörte nur das Rauschen der Straßen in der Umgebung. Für einen Moment durchschoß ihn der Gedanke, daß Vivien ihn vielleicht absichtlich zu einer falschen Adresse geschickt hatte, aber dann sah er neben der Eingangstür ein Auto stehen. Valdin war also tatsächlich da.
    Es war absurd. Das hatte er, verdammt noch mal, nicht nötig. Er war der große Notovich, und der brauchte sich keine Sorgen über minderwertige Konkurrenten zu machen. Doch jetzt, wo er so nah dran war, siegte die Neugier über sein wankendes Ehrgefühl. Weit und breit war kein Fenster zu erkennen, genau wie er es erwartet hatte. Blieb zu hoffen, daß Valdin allein war. Seine Intuition sagte ihm, daß es so war; er selbst würde auch allein sein wollen.
    Die Tür war offen.
    Noch konnte er umkehren: Dies war die letzte Chance, sein beschädigtes Selbstwertgefühl wiederherzustellen.
    Aber er ging hinein.
    Überall brannte Licht. Ein Klavier war nirgends zu hören. Das war natürlich auch nicht möglich in einem schalldichten Aufnahmestudio. Wie sollte er vorgehen bei all diesen geschlossenen Türen? Ohne Plan schlich er hinein. Die ersten beiden Türen versuchte er nicht einmal zu öffnen. Valdin hatte

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