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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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die Notovich mit aufs Revier genommen hatten. Danach verschwand er kurz. Ein paar Minuten später öffnete er endlich die Tür: Linda und Nicole durften herein. Das wunderte Notovich. Sollte er nicht verhört werden?
    Lindas Augen waren rot umrändert, doch Nicole trat hart und professionell auf: die Standhaftigkeit eines Kindes auf einem Schulhof voller Quälgeister.
    »Mischa, was ist passiert?« fragte Linda mit unsicherer Stimme.
    »Haben sie dich gut behandelt?« fragte Nicole.
    »Was ist passiert?« fragte Linda abermals.
    »Was weiß ich. Darf ein Künstler heutzutage nicht mal einen Kollegen besuchen?« Er hatte genug Zeit gehabt, diese Geschichte vorzubereiten. »Ich meine … ist das vielleicht verboten? Was denken die denn, was ich vorhatte? Ihn umzubringen oder so? Und mit welcher Waffe? Meinem linken Schuh etwa?«
    »Natürlich nicht, Mikhael«, sagte Nicole. »Wir haben dich bald wieder draußen.«
    »Ja, Wim wartet im Parkhaus.«
    Das war sehr beruhigend: Sie hatten immerhin noch Wim.
    »Aber wir machen uns schon Sorgen«, fuhr Linda fort. »Die Polizei stellt Fragen über deine psychische Verfassung.«
    »Ja, mir ist auch klar, wie das auf einen Außenstehenden wirken muß.«
    »Sie wollen, daß ich überprüfe, wie es dir geht.«
    »Sie wollen mich einsperren, meinst du? Das ist Unsinn, und das wißt ihr genau. Holt mich hier raus, Herrgott noch mal! Es ist alles in Ordnung mit mir, Nicole. Du mußt mir glauben. Wir hatten neulich doch eine ausführliche Sitzung!«
    »Da habe ich dir einen Rat gegeben.«
    Linda und Nicole hatten ihre Rollen abgesprochen. Linda straffte sich, und Nicole legte einen Streifen mit Medikamenten auf den Tisch.
    »Wir wollen, daß du die wieder nimmst.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Und wir kündigen den Keller«, sagte Linda, ohne ihm zuzuhören, »das war sowieso ein deprimierendes Loch.«
    »Ja, Mikhael«, sagte Nicole. »Wir haben dort heute nachmittag mal reingeschaut, und ich muß sagen: Wir waren ziemlich erschrocken.«
    »Oh, wenn es um den schallisolierenden Schaumstoff geht? Das hätte ich dir ganz einfach erklären können. Ich hatte auf die Schnelle keine Zeit, ein Studio zu mieten.«
    »Es geht nicht nur um die Decke und die Fenster«, sagte Linda, »sondern auch um den unglaublichen Saustall, den Gestank im Badezimmer, das verkrustete Waschbecken, die verschimmelten Pizzas und den vergammelten Auflauf, den ich dir vor drei Wochen gemacht habe. Und es laufen Mäuse in den Küchenschränken herum.«
    Notovich fand, daß sie übertrieb. Vivien hatte ihm zwar ein paarmal angeboten aufzuräumen, aber er wollte nicht, daß sie seine Sachen berührte.
    »Mischa, ich weiß, daß du dich nie einweisen lassen wirst«, fuhr Linda fort.
    »Das siehst du völlig richtig. Und du kannst mich nur einweisen lassen, wenn ich eine Gefahr für mich selbst darstelle. Oder für andere.«
    »Mischa, du bist in verbotenes Gelände eingedrungen. Du bist blutend wie ein Schwein auf dem Boden herumgekrochen, um diesen Valdin auszuspionieren. Und du bist verhaftet worden! Es dürfte für Nicole nicht so schwierig sein, dich zur Beobachtung einweisen zu lassen. Aber wir haben uns beraten, und ich biete dir einen Ausweg: Du kannst bei mir einziehen.«
    »Bei dir?«
    »Wim hat das Gästezimmer leergeräumt, und das kannst du dir einrichten, wie du willst.«
    »Na, das kommt dir ja gelegen. Da kannst du für den Rest deines Lebens über mich bestimmen. Du verschwendest meine Zeit. Ich stecke, verdammt noch mal, in den Vorbereitungen für einen wichtigen Auftritt!«
    »Dieses blöde Klavierduell vergessen wir jetzt mal, ja?« Linda bemühte sich um einen tröstenden Ton, als ob er sich beim Fußballspielen das Knie verletzt habe. »Zuerst müssen wir zusehen, daß es dir wieder besser geht.«
    »Ich fühle mich schon viel besser, wirklich!« erwiderte er. »Ich bin höchstens ein bißchen müde.«
    Nicole schüttelte den Kopf.
    »Das ist nur eines der weniger besorgniserregenden Symptome, wenn man manisch-depressiv ist.«
    Manisch-depressiv . Es klang wie ein Urteil.
    »So nennst du es, Nicole, doch es ist eine äußerst ungenaue Bezeichnung für eine sehr vielgestaltige Reihe von Symptomen und Leiden, die die Wissenschaft noch lange nicht im Griff hat.«
    »Dein Fall ist aber ziemlich klar, darüber haben wir schon öfter gesprochen«, sagte Nicole. »Die Symptome kommen in verstärkter Form wieder, wenn du deine Medikamente nicht einnimmst. Du wußtest sehr genau, welche Risiken das

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