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Die teuflischen Schwestern

Die teuflischen Schwestern

Titel: Die teuflischen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lory
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Sie zuvor nicht genommen hatten? Oder haben Sie irgendwelche Spezialnahrung gegessen?«
    Mit der Frage verfolgte ich ein doppeltes Ziel. Selbstverständlich wollte ich prüfen, ob jemand ihr Drogen verabreicht hatte, doch mich interessierte auch, ob sie wirklich nichts von der Gesundheitsnahrung wußte, die sie – oder ihre Doppelgängerin – bei Rein & Fein gekauft hatte.
    »Nein. Keine Pillen. Ganz bestimmt. Der Arzt - er stellte die gleiche Frage – unterzog mich so vielen Tests, daß er es gemerkt hätte, wenn ich lüge. Was die Mahlzeiten betrifft, so bin ich kein Feinschmecker, war es nie. Ich esse nichts Außergewöhnliches.«
    »Keine Gesundheitsnahrung? Naturzeug?«
    »Reine Geldverschwendung. Wenigstens nach meiner Ansicht.«
    »Was hielt Ihr Mann davon?«
    »Das gleiche, soviel ich weiß.«
    An diesen Antworten konnte ich nichts bemängeln. Ich stellte zwei weitere Fragen. »Ihr Mann. Können Sie sich jemanden denken, der seinen Tod gewünscht hätte? Und Claude, auch in seinem Fall möchte ich das wissen.«
    Antworten: Nein und nochmals Nein. »Obwohl... Claude...«
    »Claude.«
    Sie sah aus, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie etwas sagen solle. Ich half nach. »Was empfanden Sie für ihn, Miß Kent? Sexuell, meine ich.«
    » Sexuell? «
    Ich nickte. »Er war ein gutaussehender Mann. Groß und stark. Es kommt nicht selten vor, daß eine verheiratete Frau einem solchen Typ ...«
    »Mr. Urban, das ist eine groteske Vorstellung! Ich habe mich nur meinem Mann gewidmet – sogar sehr. Warum hätte ich Sie sonst...« Ihre Stimme sank herab und verstummte. Wieder schaute sie auf ihre gefalteten Hände.
    »Sie wollten etwas über Claude sagen. Was?«
    »Nichts Wichtiges. Vielleicht habe ich es mir bloß eingebildet. Es war merkwürdig ... in der Nacht, als er umkam ...«
    Ich hakte ein. »Alles was in dieser Nacht geschehen ist, kann sehr wichtig sein, vor allem, wenn es merkwürdig war, wie Sie sagen.«
    »Es war so. Ich ging einen Augenblick vor das Haus. Er stand gerade oberhalb der Garage am Fenster. Ich winkte ihm zu, aber er winkte nicht zurück. Er hat mich ganz sicher gesehen. Irgendwie wirkte er verblüfft. Als sei er überrascht - überrascht, mich überhaupt zu sehen. Als sei ich ein Geist oder so etwas.«
    Ein Geist oder so etwas. Wie hatte schon Cullen bemerkt? Falls es Wesen wie Geister gibt, dann ist dies ein Ort, an dem ich welche vorzufinden erwarte.
    Oder so etwas.
    Mara Kent gähnte plötzlich und bedeckte dabei ihren Mund. »Mr. Urban, ich bin sehr müde. Ich kann mir vorstellen, daß Sie noch viele Fragen an mich haben, die ich beantworten sollte, und ich weiß, daß Sie sich bemühen, mir zu helfen, aber ...«
    »Kein Aber, Miß Kent. Gehen Sie ruhig zu Bett. Ich empfehle Ihnen jedoch, sich auf Ihr Zimmer begleiten zu lassen.« Sie sah mich ein wenig erheitert an, und ich grinste. »Keine Sorge, sobald ich mich vergewissert habe, daß alles in Ordnung ist, verschwinde ich.«
    Sie blinzelte. »Sie finden mich nicht attraktiv?« Eine seltsame Frage für eine Frau, die erst am vergangenen Nachmittag Witwe geworden war, aber vielleicht auch nicht; wenn man etwas unwiederbringlich verloren hat, etwas so Unersetzliches wie einen Ehemann, greift man wohl nach jedem Strohhalm, der auch nur geringsten Trost versprach.
    »Doch, sehr attraktiv, Miß Kent«, sagte ich und erhob mich aus dem Sessel. »Aber Sie sind nicht der einzige Mensch in diesem Haus, der hundemüde ist.«
    Ein Ausdruck von Dankbarkeit glitt über ihr Gesicht. Sie führte mich – und mit mir meinen zuverlässigen 38er — die Treppe hinauf. Die Treppe knarrte und quietschte, wie es sich in einem Bauwerk geziemte, das Schädelhaus hieß.
    Schädelhaus ... Auf dem Weg nach oben hatte ich das Gefühl, das Schädelinnere eines Lebewesens zu erklettern, in die Windungen und Gewölbe eines bösartigen Hirns vorzudringen. Die Beleuchtungsanlagen waren vor langer Zeit installiert worden, als der Standard in solchen Dingen offenbar niedriger war, und das Ersteigen der Treppe mit dem wackligen Geländer erwies sich als regelrechtes Wagnis.
    Um Cullens Bemerkung fortzuführen — wenn es hier Geister gab, dann gewiß im oberen Teil des Hauses. In diesen finsteren Winkeln würden sie spuken.
    Auf dem Treppenabsatz wandten wir uns nach links. »Es liegt ganz am Ende des Korridors«, sagte Mara Kent. Also gingen wir den Korridor hinab, und auf und hinter kostbarem antiken Kram spielten die Schatten uns allerlei unheimliche Streiche;

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