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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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sagt er selbst?«
    »Er behauptet, nicht zu wissen, woher es stammt, dass es morgens noch nicht dort lag. Denkt er wirklich, dass wir ihm das glauben? Und es gab noch mehr. Ganz oben auf dem Bücherregal haben sie ein Buch darüber gefunden, wie man Tiere ausstopft. Nicht so leicht, das zu erklären. Und verdammt viele Links zu Webseiten über Serienmörder und Folter auf seinem Computer. Außerdem ist er vorbestraft, wegen Drogenbesitz, vor fünf Jahren.«
    »Drogenbesitz? Was hat das denn damit zu tun?«
    »Ach weißt du, Siri, das habe ich schon so oft erlebt. Es fängt damit an, dass man etwas findet, was nicht stimmt. Eine Notlüge, eine Eintragung im Strafregister. Daraufhin sucht man weiter, und dann will es gar kein Ende mehr nehmen. Außerdem, er ist gleich zusammengebrochen, hat erklärt, dass er ein schlechter Mensch ist und all so einen Kram.«
    »Was genau hat er gesagt?«
    »Das weiß ich nicht. Ich war ja nicht dabei, Siri. Ich bin ja … abgezogen worden. Aber das habe ich jedenfalls gehört. Ich dachte, du möchtest es möglichst bald wissen. Damit du ruhiger Weihnachten feiern kannst.«
    Ich kann mir all das, was Markus gerade berichtet hat, immer noch schwer vorstellen. Bilder von Sara, auf meinem Sessel zusammengekauert, eine Zigarette in der Hand, kommen mir in den Sinn. Aber auch das Bild eines konturlosen Fremden, der mich verfolgt. Mich betrachtet. Der mir übel will. Ein Bild, das plötzlich ein Gesicht bekommt. Peter Carlsson. Ich bin auf meine Reaktion nicht vorbereitet. Verstehe zunächst selbst nicht, was passiert. Ich kann kaum atmen, ringe nach Luft. Dann kommt das Geräusch. Ich weiß, es stammt von mir, aber ich habe das Gefühl, dass ich nichts machen kann, um es
zu stoppen. Das Geräusch beginnt wie ein unterdrücktes Jammern, geht dann in schluchzendes Weinen über. Als sähe ich mich von außen. Ich sehe das Weinen, höre das laute Schluchzen. Aber spüre zunächst gar nichts. Dann breitet sich ein bis jetzt fast unbekanntes Gefühl in mir aus: Erleichterung.

     
    Ich habe einen Entschluss gefasst: Ich werde Weihnachten in meinem eigenen Haus feiern. Die Logik ist einfach, Peter Carlsson sitzt irgendwo in einer Zelle, und niemand erwartet mich heute.
    Meine handschuhlosen, verfrorenen Finger zittern unter dem Gewicht der Lebensmitteltüten, als ich die Munskbron entlang zur Slussen und zu den Värmdö-Bussen gehe. Die niedrig stehende Vormittagssonne hüllt Stockholm in einen hellen goldenen Schimmer, und die Kälte lässt den Schnee unter meinen Schuhsohlen knarren. Es ist kalt heute, richtig kalt. Heute Morgen zeigte das Thermometer vor meiner Miniküche minus fünfzehn Grad.
    Der Bus 438 ist bis zum Bersten voll mit Weihnachten feiernden Familien mit Kindern und Großeltern. Tüten mit Paketen stapeln sich in jeder erdenklichen Ecke, Tüten, die in ein paar Stunden, mit irgendwelchem Kram gefüllt, den niemand braucht, überreicht werden. In meiner Tüte liegt nur ein Päckchen, knallgrün ruht es wie ein Juwel auf einem Käse und einer Kekspackung.
    Ich denke ununterbrochen an Peter Carlsson. Einen Menschen zu durchschauen, ist unmöglich. Es ist niemandem wirklich anzusehen, ob er schlimme Taten begangen oder böse Gedanken gedacht hat. Wenn eine Person beschlossen hat, Teile von sich zu verbergen oder zurückzuhalten, dann ist es sehr, sehr schwer, die Lügen zu durchschauen, oder besser gesagt die unterdrückte Wahrheit. Ich bin zwar Psychologin,
aber keine Gedankenleserin. Ich erinnere mich an Vijays Worte: »Du kannst es nicht wissen, Siri.« Wenn Peter Carlsson also beschlossen hatte, mich zu täuschen, dann gab es nichts, was ihn daran gehindert hätte, es zu tun.
    Ich schüttle den Kopf, ein Schauer überläuft mich trotz der feuchten, drückenden Wärme im Bus. Vielleicht kann ich den Abend damit verbringen, mir die Videoaufnahmen meiner Gespräche mit ihm noch einmal anzusehen. Alle Filme liegen immer noch verschlossen im Tresor meines Hauses draußen. Vielleicht kann ich es verstehen, wenn ich es sehe. Das Böse.
    Als ich vom Bus zu meinem Haus gehe, versinken meine dünnen, abgetretenen Schuhe im Schnee, die Kälte dringt an meine Knöchel. Die Sonne scheint durch Kiefern und Tannen, und ich kann sehen, dass der Weg vor mir unberührt daliegt. Umgeben von den Geräuschen des Waldes, die Nase angefüllt mit der kalten, geruchlosen Luft, bleibe ich eine Sekunde stehen, als ich das Haus und das Wasser sehe, die Bucht bedeckt von Eis und Schnee, wie ich es bisher um

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