Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
…«, ich suche nach dem richtigen Wort, »… so banal, verstehst du? Es ist wie ein Film, in dem ich eine Rolle spiele, die mir nicht gefällt, die ich gar nicht spielen kann. Das bin nicht ich, du verstehst schon, nicht wahr? Außerdem…«, ich zögere, »manchmal habe ich das Gefühl, dass er mich als selbstverständlich ansieht. Ich meine, ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt mit irgendjemandem zusammen sein will. Aber er, er scheint zu glauben, dass wir …«
»Dass ihr was?«
»Dass wir ein Paar sind.« Ich kneife den Mund zusammen, die Stimme wird ganz leise, als ich die gefährlichen Worte ausspreche. Ich möchte sie am liebsten gar nicht in den Mund nehmen.
Aina zuckt mit den Schultern.
»Möchtest du wissen, was ich glaube?«
Sie leckt sich den restlichen Zucker von den Fingern.
»Natürlich, lass mich teilhaben an deiner Weisheit …«
Sie sieht meinen Blick nicht. Bemerkt den Sarkasmus nicht, und ich beschließe, keine Szene zu machen. Nicht schon wieder.
Es ist mir bereits gelungen, mich bei unserem letzten Treffen vor Weihnachten mit Markus zu streiten.
»Ich glaube, dass du nie, und ich meine wirklich nie, an ihm interessiert gewesen wärst, wenn er nicht Polizist gewesen wäre und du das Opfer. Ich meine, mein Gott, wie alt ist er denn überhaupt? Und hat dieser Mensch irgendeine Ausbildung?«
»Was bist du für ein verdammter Snob. Spielt das denn irgendeine Rolle?«
»Siri, ich glaube, du verstehst nicht. Ich will doch nur dein Bestes. Aber du bist so … verletzlich. Menschen können dich ausnutzen.«
Diese verdammte Aina. Verfluchte Aina und ihre fürsorgliche, herablassende Interpretation der Wirklichkeit. Meines Lebens.
Ich sehe sie an, wie sie mit aufgerissenen Augen und besorgter Miene dasitzt. Sie sieht meine Empörung und versucht die Stimmung zu entspannen.
»Also, wenn du vögeln willst … Ich meine, ich will dich nicht daran hindern. Von mir aus kannst du dich gern mit Inspektor Schlagstock treffen. Kommissar Fick.«
Aina grinst.
Ich kann nicht anders. Plötzlich werde ich von einer bodenlosen Kicherattacke erfasst, die kein Ende nehmen will. Wir winden uns vor Krämpfen.
Unsere Abschiedsumarmung ist lang und innig. Erneut atme ich den süßen Honigduft ein. Als Zugabe bekomme ich Zuckerkrümel auf die Wange, Reste des Kuchens, den sie gegessen hat. Ihre Hände sind kräftig und warm, als sie mich bei den Schultern fasst und mir tief in die Augen sieht.
»Und dann telefonieren wir morgen um zehn. Versprich,
rüberzukommen, wenn es dir zu langweilig wird. Du bist jederzeit willkommen, das weißt du. Ich verstehe sowieso nicht, warum du Heiligabend in einer Einzimmerwohnung in Kungsholmen feiern willst.«
Das Letzte murmelt sie vor sich hin, es ist fast nicht zu hören. Ich schaue ihr nach, als sie in der Dämmerung den Götgatsbacken hinunter verschwindet. Mal läuft sie, mal springt sie. Eine erwachsene Pippi Langstrumpf mit rotem BH.
Das Letzte, was ich von ihr sehe, sind der leuchtend rote Schal und ihre roten Fausthandschuhe, die schließlich auch von der Dunkelheit geschluckt werden. Es ist an der Zeit, nach Hause zu fahren. Bald wird es dunkel sein.
Viel zu dunkel.
Der Telefonanruf von Markus kommt kurz vor Mitternacht. Ich liege im Bett und lese. Jede Ecke der Wohnung ist erleuchtet, und auf dem Nachttisch liegt die Taschenlampe neben dem leeren Weinglas.
»Wir haben ihn. Es ist vorbei, Siri.«
»Was?« ist alles, was ich herausbringe.
»Sie haben Peter Carlsson heute geschnappt. Und weißt du, was auf seinem Couchtisch lag?«
»Was sagst du? Habt ihr Peter Carlsson festgenommen?«
Es ist ein Gefühl, als bewegten meine Gedanken sich im Zeitraffer. Es fällt mir schwer zu verstehen, was Markus mir zu berichten versucht. Langsam gelingt es mir, die Worte aneinanderzufügen. Einen Satz zu formulieren. Die Polizei hat Peter Carlsson geschnappt.
»Das Foto, das Foto von Sara Matteus. Du weißt doch, das, was wir bei Marianne gefunden haben. Es lag auch bei Peter Carlsson, oder genauer gesagt, ein ähnliches lag auf seinem Couchtisch.«
»Welches Foto?«
»Aber Siri, das Foto von Sara auf dem Felsen. Du weißt doch, wo sie oben ohne daliegt.«
Das Foto von Sara. Ich denke an ihre Augen auf diesem Bild. Ihre Verletzbarkeit. Ich spüre Wut in mir. Wut und Trauer über Saras Tod.
»Ist es sicher, dass er es ist?«
Markus klingt ruhig und besänftigend, als er antwortet.
»Warum sollte er sonst das Foto haben?«
»Ich weiß es nicht, was
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