Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Unfähigkeit, ihm zu helfen, vor meiner Unvollkommenheit und vor der schlichten Unvorhersehbarkeit des Lebens.
»Versprichst du mir dann, dass du dir Medikamente besorgst?«
Er nickte.
»Ich verspreche es dir.«
Ich erinnere mich an den Sommer mit schmerzhafter Schärfe. Es ist, als wäre jeder Duft, jede Nuance und jede Tat in mein Gedächtnis eingeätzt und hätte dort einen Abdruck hinterlassen, den ich für alle Zeiten mit mir tragen muss. Wie eine Einsicht, die mir keine Ruhe lässt. Die Einsicht meiner eigenen, grenzenlosen Unvollkommenheit.
Stefan hatte sich Medikamente besorgt. Ich sah sie auf dem Regal im Badezimmer. Cipramil. Er nahm sie brav, und bereits
nach ein paar Wochen meinte ich eine Verbesserung zu spüren. Endlich konnte er schlafen, er las seine Post, holte die Zeitung, kaufte ein und ergriff die Initiative.
Wiederhergestellt?
Wohl kaum.
Im Juni war ich zum ersten Mal seit langer Zeit von Herzen glücklich. Stefan ging es besser, und Aina und ich hatten zusammen mit Sven die Praxis eröffnet. Der Sommer war betörend schön. Vor dem Fenster drängelten sich Heckenrosen zwischen die riesigen Blätter der Pfeifenwinde. Wilder Jasmin blühte und hüllte das Haus in einen betäubenden, fast Übelkeit erregenden Duft ein. Die Abende auf den Klippen waren lang und hellblau. Selbst die sommerliche Finsternis erschien willkommen und freundlich.
Stefan hatte wieder angefangen zu tauchen. Vielleicht war es logisch, dass es gerade dann passieren musste, als er tauchte? Vielleicht hätte er es selbst so haben wollen, wenn er hätte entscheiden können? Vielleicht hat er es so entschieden?
Ich erinnere mich daran, dass der Morgen schön war, windstill und etwas kühl. Wir frühstückten auf der Holztreppe vor dem Haus, wie wir es immer taten, meine nackten Füße auf seinen. Schweigen. Noch kein Kummer. Ich trank aus seiner Kaffeetasse wie üblich, und wir aßen Knäckebrot mit Kalles Kaviarcreme. Auf dem Wasser war ein Segelboot zu sehen, das vergebens versuchte, Richtung Osten zu kreuzen. Stefan meinte, dass die Segler wohl gezwungen sein würden, an diesem Tag den Motor anzuwerfen, wenn sie nicht in der windstillen, ruhigen See dahindümpeln wollten.
Der Tauchgang an diesem Tag sollte bei Vindö stattfinden. Abborrkroken, ich hatte dort selbst bereits getaucht, eine riesige Felswand, die fünfzig Meter tief kerzengerade ins Meer abfiel.
Ich las den Kulturteil von Dagens Nyheter , während Stefan seine Ausrüstung ins Auto packte und sich fertig machte. Ein kurzer Kuss, ein Winken vom Auto her, als er losfuhr. Vielleicht erinnere ich mich falsch, aber ich denke, er sah fröhlicher aus als üblich.
Ich benutzte den Tag, um zu arbeiten. Wir wollten jemanden für den Empfang einstellen, und ich las gewissenhaft alle Bewerbungen durch, da ich in solchen Dingen hoffnungslos pedantisch bin. Die Zeit verging so schnell, dass ich vergaß, etwas zu Mittag zu essen, und voller Verwunderung stellte ich fest, dass die Dämmerung bereits eingesetzt hatte, als ich den Wagen hinter dem Haus heranfahren hörte.
Ich zog meine roten Holzschuhe an und ging hinaus in den kühlen Sommerabend, um Stefan zu begrüßen. Doch dort, im Schatten unter den Kiefern, da standen Peppe und ein anderer Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Sie standen reglos neben der Wäscheleine, die zwischen dem Schuppen und der kleinen, gebeugten Kiefer, die wir den Knorrigen getauft hatten, verlief. Sie sahen so witzig aus, dass ich fast anfing zu lachen, irgendwie wie Denkmäler. Ich lächelte und ging ihnen entgegen, blieb jedoch stehen, als ich Peppes Blick sah. Da begriff ich.
Noch heute weiß ich nicht genau, was Stefan zugestoßen ist. Er wurde in dreiundfünfzig Meter Tiefe gefunden. Die technische Untersuchung zeigte, dass seine Ausrüstung tadellos in Schuss war. Er hatte noch ausreichend Luft gehabt, die Obduktion deutete auf kein physisches Problem hin, das den plötzlichen Unfall hätte erklären können. Sein Tod blieb ein Mysterium. Sicher, alle hatten so ihre Theorien: Angst, fehlende Angst, Todesverachtung, Todeswunsch, mangelnde Routine, Unachtsamkeit infolge langer Erfahrung und Routine, Verlust des Orientierungsvermögens in der Dunkelheit, Selbstmord,
Mord, geheimnisvolle Krankheiten und Krämpfe, um nur einige zu nennen. Ich wollte nicht daran denken, wie, es war schwer genug, mit dem dass konfrontiert zu sein.
Im ersten Monat war Stefan jede Nacht bei mir. Wenn ich genau hinhörte, konnte ich seinen
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