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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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antwortete mir gar nicht.
    Er verschloss sich zusehends und ließ weder mich noch jemand anderen an sich heran. Bei der Arbeit schien er gut zu funktionieren, war aber immer häufiger erschöpft, wenn er nach Hause kam, und ging direkt von der Haustür ins Bett, in
dem er dann mit fest geschlossenen Augen wach dalag, bis ich kam und mich neben ihn legte. Ich kroch hinter seinen Rücken, näher, immer näher, und schlief ein, gequält von dem Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben, denn ich wusste ja, dass er nicht schlief.
    Morgens. Stefan lag still da, die Augen fest geschlossen, aber ich wusste, dass er wach war. Meine Hand suchte seine – er entzog sich mir. Meine Wange suchte nach dem weichen Hügel, der seine Schulter war – Schweigen.
    »Stefan, wie geht es dir wirklich?«
    »Gut.«
    »Wirklich…?«
    »Es ist schon in Ordnung. Ich will nicht darüber reden.«
    »Ich weiß, dass es nicht in Ordnung ist. Du schläfst nicht genug, du wirst immer dünner, und du bist… total… so verdammt … passiv geworden. Du sitzt ja den ganzen Tag auf dem Sofa. Es ist, als würde ich mit einem Toten leben.«
    Stefan schaute auf unseren frisch abgeschliffenen Fußboden und zuckte mit den Schultern. Ich konnte keine Gefühlsregung in seinem Gesicht erkennen, die mir einen Hinweis hätte geben können, was er dachte oder fühlte. Der Blick war ausdruckslos und auf die Wand hinter mir gerichtet.
    »Ich glaube, du bist deprimiert. Ich meine, das ist doch kein Wunder, nach dem, was wir durchgemacht haben. Ich sehe so etwas jeden Tag, das musst du in deinem Job doch auch, oder? Ich bin wirklich der Meinung, du solltest etwas dagegen tun, dir zuliebe und mir zuliebe, aber… in erster Linie uns zuliebe. Ich habe das Gefühl, als könnten wir … als könnten wir nicht mehr miteinander reden. Ich kann dir den Namen eines guten Therapeuten geben, oder du fragst einen Kollegen, ob er dir Antidepressiva verschreibt, ja? Ich weiß nicht, ob …«
    »Halt den Mund!«

    Stefan unterbrach mich mit einem Brüllen. Sprang aus dem Bett, und ich konnte sehen, wie die Spucke aus seinem Mund spritzte, während er weitersprach. »Ich hasse es, wenn du mich analysierst. Ich muss keinen dieser verdammten Psychologen sehen oder irgendwelche Glückspillen schlucken. Das Einzige, was ich brauche, ist meine Ruhe. Kannst du das in deinen alles kaputt analysierenden kleinen Psychologenkopf kriegen? Ich muss mich von dir und deiner verdammten Fürsorge erholen. Deiner klebrigen Neugier und deiner Besorgnis. Lass. Mich. In. Ruhe.«
    Ich sah eine Art von Wahnsinn in Stefans Gesicht, ich erkannte ihn nicht wieder, ein Gefühl, das ebenso schnell wieder fort war, wie es gekommen war.
    »Du weißt nichts von meinen Problemen, gar nichts. Erst das mit dem Kind und dann … und dann der Job.«
    »Der Job?«
    Ich verstand gar nichts. Stefan hatte seine Arbeit doch immer geliebt.
    »Jeden Tag begegnen mir Patienten mit Rückenmarksschädigungen. Und ich muss ihnen sagen, dass sie nie wieder werden gehen können. Ich muss mit ihren Angehörigen sprechen, der Freundin erzählen, dass sie niemals wieder ein normales Sexualleben haben werden, nie auf normalem Wege werden Kinder kriegen können, erklären, wie ein Katheter funktioniert, von der Krankengymnastik berichten.«
    »Aber Stefan, warum hast du nichts gesagt…«
    »Halt den Mund. Lass mich in Frieden. Ich möchte, dass du mich einfach nur in Ruhe lässt. Ich möchte morgens aufwachen, ohne von deinem forschenden Blick taxiert zu werden, ohne die Besorgnis in deiner Stimme zu hören. Ich will ohne dich aufwachen!«
    Stefan ließ sich auf den Boden vor mir niedersinken, wie
eine Stoffpuppe oder vielleicht eher wie ein Luftballon, dem die Luft ausgeht, und blieb in einer merkwürdigen Haltung auf dem Teppich hocken, es sah aus wie eine von Ainas Yogastellungen, die Stirn auf den Boden gedrückt. Ich konnte im Halbdunkel sehen, dass seine Schultern zitterten. Vorsichtig setzte ich mich neben ihn auf den Teppich und nahm seine Hand. Sie war kalt und feucht.
    »Stefan, ist dir klar, dass du krank bist?«
    Er gab keine Antwort, bebte nur und gab merkwürdige Laute von sich, so etwas wie lang anhaltendes Schluchzen, Weinen in Zeitlupe.
    »Stefan, du brauchst Hilfe. Das ist eine Krankheit wie jede andere.«
    Er nickte langsam zwischen den Schluchzern.
    »Willst du die Nummer von einem meiner Kollegen?«
    »Neeeiiiin!« Das Wort klang wie ein Heulen, und plötzlich bekam ich Angst. Ich bekam Angst vor meiner eigenen

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