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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Küchentisch. Wie sind Sie daran gekommen?«
    Markus antwortet nicht auf meine Frage, er fährt sich stattdessen mit der Hand durch sein blondes Haar, das immer noch feucht ist vom Regen, zieht Papiere aus der Mappe und schiebt sie langsam über den Tisch zu mir hin.
    »Aktennotizen? «
    »Ja, aber nicht irgendwelche Aktennotizen. Es sind Kopien von Ihren Aufzeichnungen zu Sara Matteus. Und dann hat jemand eigene Notizen auf den Seiten vermerkt. Wie hier…«
    Markus schlägt eine Seite auf, auf der lange Sätze mit blauer Tinte zu erkennen sind.

    »Darf ich mal sehen?«
    Ich warte die Antwort nicht ab, sondern beuge mich vor und drehe den Papierstapel so, dass ich lesen kann.
    »Das ist Svens Handschrift«, sage ich und spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Wieso hatte er Saras Akte?
    Ich versuche seine gespreizte Handschrift zu entziffern, aber wie üblich ist das fast unmöglich. »Muss nicht unbedingt bedeuten, dass … Problem mit Autorität… Selbstbewusstsein. « Svens Kommentare sagen mir nichts und können auch nicht erklären, warum er die Akte hatte.
    »Lesen Sie gegenseitig die Patientenakten?«
    »Das kommt vor.« Ich putze mir vernehmlich die Nase in der roten Serviette, die bereits zusammengeknüllt und feucht auf dem Tisch lag, als ich kam, ohne darüber nachzudenken, dass ich meine Körpersäfte mit denen eines anderen Gastes vermische.
    »Manchmal helfen wir einander bei einem Patienten, oder jemand muss vielleicht in eine Akte schauen, um eine Fallbeschreibung zu machen. Sven unterrichtet ja nebenbei und schreibt wissenschaftliche Artikel und so.«
    »Und Sara?«
    Ich zucke mit den Achseln.
    »Und wenn Sven sich die Aufzeichnungen ausgeliehen hat, wieso befinden sie sich dann zu Hause bei Marianne?«
    Ich schüttle den Kopf, weiß nicht, was ich sagen soll.
    »Und da ist noch etwas.«
    »Was meinen Sie?«, frage ich und schaue Markus an.
    Er beißt von dem Lavendelzwieback ab und zeigt mit der Hand auf die Papiere, ohne etwas zu sagen. Ich kann Spuren weißer Farbe an seinen Fingern sehen. Vielleicht hat er am Wochenende ja gemalt? Mir kommt in den Sinn, dass ich überhaupt nicht weiß, wie Markus lebt, wenn er nicht arbeitet.
Plötzlich bekomme ich Lust, die Farbflecken zu berühren und zu fragen, was er gemalt hat. Seine feste, trockene Handfläche in meiner zu fühlen. So nah und doch so weit entfernt. Stattdessen blättere ich gehorsam den Stapel der Kopien von Sitzungsaufzeichnungen durch.
    Da, etwas fällt aus dem Stapel und landet auf meinem Schoß. Vorsichtig hebe ich es auf. Es ist das Schwarzweißfoto eines jungen Mädchens, gemacht mit – das muss man anerkennen – einem gewissen künstlerischen Anspruch. Sie ist stark geschminkt. Die Augen sind eingerahmt von mehreren Schichten Kajal. Das Haar fällt in weichen Strähnen, der Blick ist herausfordernd, und der Mund lächelt vielleicht ein wenig, es ist schwer zu sagen. Sie liegt auf dem Rücken, anscheinend auf einem Felsen, mit nacktem Oberkörper, die eine Hand ruht zwischen den Brüsten. Es sieht aus, als umfasste sie etwas. Vielleicht einen Kettenanhänger? Die ganze Erscheinung hat etwas Verletzliches an sich, etwas Kindliches trotz aller Provokation.
    »Sara«, sage ich matt.
    »Haben Sie eine Ahnung, warum Marianne ein Foto von Sara hatte?«
    Ich schüttle langsam den Kopf.
    »Haben Sie das Foto schon einmal gesehen?«
    »Nein. Noch nie. Das ist…«
    Ich beende den Satz nicht, denn etwas schnürt mir die Kehle zu. Markus sieht mich schweigend an. Dann nickt er kurz, als wüsste er genau, was ich sagen will.
    »Verletzlich, sie sieht so schrecklich verletzlich aus. Trotz der herausfordernden Haltung«, sagt er und nimmt mir vorsichtig das Foto aus der Hand, dreht es langsam um, so dass es verdeckt auf dem Tisch zwischen uns liegt. Als wäre das eine Möglichkeit, Sara Respekt zu erweisen.
    Draußen fällt der Regen mit unverminderter Kraft.

     
    Dann ist er da, der Tag, vor dem ich mich die ganze letzte Woche gefürchtet habe. Ich streiche mir nervös durchs Haar und wühle ziellos im Papierstapel auf dem Schreibtisch vor mir. Ainas Gesicht taucht in der Tür zu meinem Sprechzimmer auf. Wortlos gibt sie mir zu verstehen: »Sie ist jetzt hier! « Ich stehe auf und gehe zur Tür, um sie zu begrüßen. Sie war es, die mich angerufen und um einen Gesprächstermin gebeten hat. Was ich kaum abschlagen konnte.
    »Guten Tag, herzlich willkommen. Setzen Sie sich doch bitte!«
    Ich deute auf den Sessel.
    Kerstin Matteus nickt mir

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