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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Stockwerke höher.
    Jeden Werktag stehe ich vor unserer Tür und schnappe nach Luft, nachdem ich die Treppen hinaufgelaufen bin. Ich schaue das polierte Schild an, überlege, zögere und stecke schließlich den Schlüssel ins Schloss.
    So auch an diesem Tag. Es ist Mitte August. Der Sommer ist so intensiv schön auf eine gefährliche, fast ein wenig erotische Art. Die Düfte und Ausdünstungen der Natur sind schwer und süßlich und verursachen ein mulmiges Gefühl, verstärkt noch durch die drückende Hitze. In der Stadt vermischt sich der metallische Gestank von Abgasen und der Luftverschmutzung mit den Essensgerüchen der Restaurants und Würstchenbuden. Und mitten in dieser Geruchskakophonie gibt es ihn, den nicht zu ignorierenden Geruch nach Verwesung.
    Das Grün vibriert vor Intensität, und in der Stadt wie auch daheim bei meinem Häuschen ist die Luft erfüllt von Tausenden von Fliegen und Insekten. Wenn ich zwischen Bushaltestelle und meinem Häuschen unterwegs bin, kann ich das Geräusch
kriechenden, sich schlängelnden, primitiven Lebens hören. Ich kann sehen, wie das Grün des Waldbodens von Millionen von Insekten vibriert, und fühlen, wie jeder Schritt unzählige winziger Organismen zerquetscht und neue Biotope von heruntergetrampeltem Moos, zerdrückten Ameisen und Käfern schafft. Für mich stellt die fleischige Sinnlichkeit des Sommers den Höhepunkt des Jahres dar.
    Aber der Sommer stellt auch seine Anforderungen. Der Sommer fordert Freude und Leben, gesellige Zusammenkünfte und Ferien. Mein Sommer in diesem Jahr hat in einem erzwungenen Besuch im Ferienhaus meiner Eltern in den Wäldern von Sörmland bestanden. Eine Woche musste ich bleiben und die Besorgnis meiner Eltern und Geschwister ertragen, bevor sie mich endlich wieder gehen ließen. Ich konnte die Furcht direkt hinter dem Lächeln meiner Mutter sehen und in der Art, wie meine Schwestern mich behandelten, als wäre ich aus zerbrechlichem Porzellan. Und im Versuch meines Vaters, sich mit mir zu unterhalten, war die Panik direkt unter der Oberfläche zu spüren. Ich zweifle daran, dass irgendeiner von ihnen mich vermisst hat, nachdem ich abgefahren war.
    Den restlichen Sommer habe ich im Garten gesessen und übers Meer geschaut. Ich habe überlegt, ob ich wieder anfangen sollte zu tauchen. Die Ausrüstung ist ja da. Ich habe Erfahrung. Mir fehlt das Gefühl, mich in einer anderen Welt zu bewegen, die vielleicht besser ist. Tauchen macht mir keine Angst, trotz allem, was passiert ist, aber ich kann nicht das Engagement aufbringen, das nötig wäre. Und ich möchte meine ehemaligen Freunde nicht wiedersehen.
    Stattdessen tue ich so, als würde ich mich um die Beete kümmern, und trinke Wein, spiele mit dem fetten Bauernkater Ziggy, der seit ein paar Jahren mein Haus zu seinem Heim
erklärt hat, und ertrage den endlosen Zeitabschnitt, der Sommer genannt wird.
    Bis jetzt.
    Es ist mein vierter Arbeitstag. Tag vier. Mit vier Klienten.
    Am Empfang steht Marianne. Eine Halbtagssekretärin ist ein unnötiger Luxus, weil wir sie eigentlich nicht brauchen, den wir uns aber dennoch leisten.
    Marianne. Wie würden wir nur ohne sie zurechtkommen? Ihr kurzes blondes Haar kräuselt sich auf der Stirn, und sie strahlt, als ich hereinkomme.
    »Siri! Dann sind wir auch heute komplett! Du hast um zehn Uhr eine Absage.«
    Sie schaut mich bedauernd an, als wäre es ihre Schuld, dass Siv Malmstedt nicht kommt. Siv hat höchstwahrscheinlich abgesagt, um die zweistündige Metrofahrt und die damit verbundene Exposition zu umgehen. Marianne, die schon seit langem mit den Routinen vertraut ist, teilt mir mit, dass die Rechnung bereits losgeschickt ist und Siv dennoch ihren normalen Termin am nächsten Donnerstag haben möchte.
    Die Praxis ist klein, aber gemütlich. Wir haben drei Sprechzimmer, einen Empfang und eine kleine Pantry, in der wir Kaffee trinken. Ganz hinten befinden sich eine Toilette und eine Dusche. Mein Zimmer wird salopp das grüne Zimmer genannt, da die Wände in einem sanften Lindgrün gehalten sind, ein Versuch, eine irgendwie besänftigende Stimmung hervorzurufen. Ansonsten sieht es aus wie in jedem Sprechzimmer: zwei Stühle, die im rechten Winkel zueinander stehen, ein kleiner Tisch mit einer Blumenvase aus handgeblasenem blauem Glas und eine Packung Taschentücher, die signalisieren, dass man sich hier gehen lassen darf, dass man hier seine Gefühle zeigen und weinen darf.
    An einer Wand, die ansonsten mit neutralen Lithographien
passender

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