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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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sich damit über ihren Pagenkopf, und irgendwie gelingt es ihr, sich zu sammeln. Als sie mir zum Abschied die Hand gibt, existiert das schluchzende kleine Mädchen Charlotte Mimer nicht mehr. Aus dem Zimmer geht die Vertriebsleiterin Charlotte Mimer, und zurück bleibt die Psychotherapeutin Siri Bergman, und das bin ich.
    Ich trete ans Fenster und schaue hinunter auf die Straße. Weit unten, auf dem Pflaster des Medborgarplatzes, geht eine Gruppe Kindergartenkinder. Die Augustsonne strahlt, als wüsste sie nicht, was sie sonst tun sollte. Kein Geräusch dringt in mein Zimmer, doch als ich die Augen schließe, kann ich mir vorstellen, wie die Kinderstimmen da unten klingen. Ein leises Gefühl, das ich nicht identifizieren kann, erfüllt meine Brust. Vielleicht ist es Trauer, vielleicht ist es nur Ruhe und Leere.

     
     
     
     
    Abend.
    Es gibt ein Ritual, das jeden Abend durchgeführt werden muss. Wenn ich die Arbeit beendet habe, die ich fast ohne Ausnahme täglich mit nach Hause bringe, nehme ich ein Bad im Meer. Jetzt im Sommer versuche ich darauf zu achten, ein wenig zu schwimmen. Anschließend koche ich mir das Essen.
    Essen für eine Person.
    Das ist nie etwas besonders Aufwendiges oder Nahrhaftes: Spaghetti mit fertiger Tomatensoße, gekaufte Pfannkuchen, Käseauflauf, gegrilltes Hähnchen vom ICA in Gustavsberg. Ich besitze nicht einmal ein Kochbuch. Zum Essen trinke ich Wein, wasche sorgfältig nach der Mahlzeit ab und gehe dann aus dem Haus, lege die kurze Strecke zwischen den Rosenbüschen zum Badezimmer im Nebenhäuschen zurück, ich will nicht riskieren, nach Einbruch der Dunkelheit auf die Toilette zu müssen. Ich rufe Ziggy herein. Manchmal klappt das. In anderen Nächten will er seine eigenen Wege gehen, statt mein Bett zu wärmen. Wenn ich zurück im Haus bin, gehe ich durch alle Zimmer und schalte die Lampen ein. Alle Lampen: Deckenleuchten, die Nachttischlampe, die Schreibtischlampe. Sogar die Lampe in der Dunstabzugshaube in der Küche. Ich kontrolliere, dass die große Taschenlampe strategisch günstig unterhalb meines Nachttischs liegt. Ein Stromausfall ist dort, wo ich wohne, keine Seltenheit. Dann schaue ich durch die großen Fenster hinaus in die Dunkelheit, zu dieser Tageszeit ähneln sie leeren, schwarzen Löchern.

    Mit Hilfe von noch etwas mehr Wein schlafe ich, tief und traumlos.
     
    Eine meine frühesten Erinnerungen ist, dass meine Schwester mich in den Schrank in ihrem Zimmer eingesperrt hat, weil ich die Haare ihrer Cindypuppe mit Nutella eingeschmiert hatte. Ich wollte Cindys Haarpracht nicht in einen kackbraunen Kuchen voller schmieriger, ranziger Schokocreme verwandeln. Geplant war gewesen, Cindy schöner zu machen. Schließlich benutzten ja sowohl meine Schwester als auch meine Mutter Gesichtsmasken und Haarpackungen, wenn sie besonders schön sein wollten.
    Ich erinnere mich noch genau, wie ich sie anflehte und bettelte, mich doch wieder raus zu lassen, nachdem sie mich fest und unerbittlich in ihren Schrank geschubst hatte. »Du Rotzgöre, verdammte Rotzgöre! Du Miststück! Ich bring dich um, wenn du meine Cindy noch einmal anrührst.«
    Im Schrank war es dunkel und stickig, als wäre die Luft selbst ganz schwer und würde sich auf mein Gesicht und meinen mageren Körper legen, mich gegen meinen Willen noch weiter hinein zwingen. Ich erinnere mich an einen leichten Geruch nach Wolle, Staub und etwas, das Gummi ähnelte.
    Zögernd bewegte ich mich in der Dunkelheit, die Hände vor mir ausgestreckt. Kleider, die für den Sommer weggehängt worden waren, streiften meine Wangen, und die Stahlkanten alter Slalomskier stießen gegen meine Schulter.
    Mein Herz schlug immer schneller, und plötzlich wuchs ein sonderbarer Druck auf meiner Brust. Mein erster Gedanke war eher Verblüffung als Angst; es war, als wäre mein Körper ängstlich geworden, während mein Intellekt begriff, was passierte, als könnte ich deutlich alle physiologischen Zeichen der Angst spüren und registrieren, bevor ich tatsächlich begriff
, dass ich Angst hatte. Ich hörte die Bügel gegen die Kleiderstange reiben und fing instinktiv an, mit den Armen zu rudern. Daunenjacken, Mäntel und alte Skianzüge donnerten mit dumpfem Lärm um mich herum zu Boden, und ich hörte zu meiner eigenen Verwunderung, wie sich ein merkwürdig schriller Ton aus meiner Kehle schraubte. Es klang genau wie die Schweine, die wir gesehen hatten, als wir mit der Klasse auf dem Bauernhof in Flen auf Schulausflug gewesen

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