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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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kann ihn das wütend machen?«
     
    Sara erstarrt auf ihrem Weg durch den Raum, und einen Moment lang sieht es so aus, als schwebte sie über dem Boden, als ich das Band erneut anhalte. Wie ein Engel. Ein nikotinabhängiger Engel mit blonden Haarsträhnen und zerschnittenen Unterarmen.
    Warum hat Saras Annäherung diesen Mann so provoziert, dass er verärgert war? Warum macht ein Mann mittleren Alters einer jungen Frau teure Geschenke, um dann wütend zu werden, wenn sie sich ihm nähert? Was für eine Art von Beziehung sucht er? Ein älterer Mann, eine jüngere Frau – fast noch ein Mädchen, platonische Liebe, Geschenke. Vater und Tochter, könnte es so einfach sein? Hat er nach jemandem gesucht, der seine Tochter hätte sein können?
    Plötzlich fällt mir etwas ein, was Sara in einem unserer letzten Gespräche gesagt hat. Erneut wühle ich zwischen den Videobändern auf dem Fußboden, bis ich es finde. Ich lege das Band ein und spule ein paar Minuten vor.

    Sara sieht ungewöhnlich ordentlich aus. Ein schwarzes Top hängt lose über ihrem mageren Oberkörper, die Jeans ohne Löcher und Flicken. Plötzlich sieht sie viel jünger als fünfundzwanzig aus. Natürlich, denke ich, sie könnte problemlos als Teenagertochter durchgehen.
     
    »Es gefällt ihm, wenn ich sie aufmache. Ich meine, er will zugucken, wenn ich das Geschenkpapier aufreiße und all das – denn sie sind immer schön eingewickelt, mit Goldschleife und so. Gestern habe ich so eine Daunenweste gekriegt, wissen Sie, mit Leder auf der Außenseite.«
    »Ist es Ihnen nicht unangenehm, wenn er Ihnen so viele Sachen schenkt?«
    »Warum sollte es das?«
    »Na, beispielsweise, weil er vielleicht dafür etwas als Gegenleistung erwartet.«
    »Und was?«
    »Was denken Sie?«
    »Jedenfalls nicht …« (Sara murmelt etwas Unverständliches.)
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Jedenfalls keinen Sex! Er will mich nicht haben …« (Sara schluchzt.)
    »Hier.« (Ich reiche ihr die Taschentücher.)
    »Er will mich nicht haben, und er sagt, dass ich ihn zu sehr an jemanden erinnere …«
    »An wen denn?«
    »Ich weiß es nicht, vielleicht an seine Tochter.«
    »Hat er eine Tochter?«
    »Er will nicht darüber reden. Er weigert sich, über sie zu reden.«
    »Aber er sagt, dass Sie ihn an jemanden erinnern? An sie?«
    »Mhm.«

     
    Ich mache eine Pause, schließe die Augen. Dann ist Saras Freund und wahrscheinlich auch ihr Mörder also ein Vater mittleren Alters mit einer Wut auf mich und Kenntnissen über die Praxis? Und der Grund, warum er physische Nähe zu Sara meidet: Sie erinnert ihn zu sehr an seine Tochter, oder er will genau das – ihr in der Form nahe kommen, wie es Eltern tun. Sie lieben wie sein Kind. Alle Annäherungen ihrerseits werden deshalb voller Ekel abgewiesen. Wer ist dieser Mann? Natürlich eine gestörte Person, aber dennoch intelligent genug, seine Absichten zu verschleiern und nach außen hin ein normales Leben zu führen.
    Ich schaue auf die Uhr. Zu spät, um Vijay anzurufen.
    Da höre ich es, ein gurgelndes Knurren und ein dumpfer Fall. Es ist draußen. Doch ich bekomme keine Angst, bin nur verblüfft, es klingt nicht menschlich. Aber meine Beine wollen mich nicht richtig tragen, als ich langsam aufstehe und durch die schwarzen Scheiben aufs Meer hinausspähe.
    Die Dunkelheit da draußen ist undurchdringlich wie eine Betonwand. Das Zimmer liegt in einem grellen Licht, das effektiv alle Sinneseindrücke von draußen ausgrenzt. Schnell fahre ich mit der Hand zum Lichtschalter und presse die Augen zu. Ich habe es schon hundert Mal gemacht, aber ich mag es trotzdem nicht. Ich schalte das Licht aus, und langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Die Konturen des Zimmers treten hervor, anfangs eher aus der Erinnerung als direkt durchs Sehen.
    Da! Ein Schatten bewegt sich vor meinem Fenster. Ich sehe ihn deutlich – die Silhouette eines Menschen verschwindet in die verblühten Heckenrosen. Mehr brauche ich nicht zu sehen. Mit einer schnellen Bewegung schalte ich die Lampen wieder ein.
    Jemand war in meinem Garten, vor meinem Haus. Ein
Mann? Vielleicht hat er sogar sein Gesicht an mein Fenster gedrückt und mich betrachtet, wie ich auf dem Boden saß, den Blick fest auf den Fernseher gerichtet? Vielleicht hat er Sara betrachtet?
    Der Gedanke erzeugt bei mir Übelkeit.
    Ich warte lange, bis ich vorsichtig die Terrassentür einen Spalt weit öffne, um hinauszuschauen. Die Wellen und der Wind sind das Einzige, was zu hören ist, und ich kann

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