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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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etwas unruhig geworden, als sie da so still und blass neben ihm gehockt hatte. So gefiel sie ihm wesentlich besser.
    »Alte Salzstraße?«, fragte er neugierig nach, denn sein berufliches Interesse regte sich. »Worum handelt es sich da?«
    »Also, die historische 'Alte Salzstraße' war früher ein bedeutender Handelsweg zwischen den beiden Hansestädten Lüneburg und Lübeck. Wie der Name schon sagt, wurde auf dieser Route das in Lüneburg gewonnene Salz nach Lübeck transportiert, von wo es dann in alle Welt verschifft wurde. Der Radweg, der ebenfalls den Namen 'Alte Salzstraße' trägt, berührt den historischen Verlauf aber nur an wenigen Punkten, überwiegend führt er am Elbe-Lübeck-Kanal entlang und ist von Radwandertouristen stark frequentiert.«
    James grinste sie schelmisch an. »Wow, junge Dame, das war ja ein richtiger Vortrag. Und das völlig ohne schnippischen Unterton. Was sind sie? Eine Reiseführerin oder einer dieser Radwandertouristen, die den Weg stark frequentieren, wie sie es ausgedrückt haben?«
    »Weder noch«, erwiderte Amelie trocken. »Ich fahre den Weg aus verschiedenen Gründen. Einer davon ist, dass ich an der Uni Hamburg Geschichte studiere und es einfach liebe, mir alte Gemäuer, welcher Art auch immer, anzusehen. Lüneburg zum Beispiel ist ein Traum. Waren Sie schon mal da?«
    James schüttelt mit dem Kopf. »Nein, leider nicht.« In Gedanken verfasste der Reisejournalist Prescott ein Memo an sich selbst, in dem er auf einen baldigen Besuch Lüneburgs pochte. »Sie sagten, Sie hätten mehrere Gründe. Wollen Sie mir davon erzählen?«
    Umgehend merkte er, dass sich die Atmosphäre wieder veränderte. Es war, als wenn jemand eine Scheibe zwischen ihnen rauffahren würde. Amelies Gesicht verlor noch mehr an Farbe, ihre Augen entbehrten von einem Moment auf den anderen jeden Ausdrucks, und wortlos wandte sie sich wieder von ihm ab. Ein intensiver Blick auf sie verriet ihm, dass sich ihr ganzer Körper binnen weniger Bruchteile von Sekunden versteifte. James hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Scheinbar hatte er einen wunden Punkt getroffen. Verdammt!
    Aber woher hätte er das wissen sollen? Er hatte sich doch nur ein wenig mit ihr unterhalten wollen. Mit diesem seltsamen Mädchen, das ihn irgendwie interessierte. Jetzt nicht so, wie eine Frau einen Mann im Allgemeinen zu interessieren pflegte, nein, das war es nicht. Er verspürte nur ganz einfach den Wunsch, sie näher kennenzulernen.
    Das kannst Du jetzt wohl knicken, Prescott! , schalt er sich selbst in Gedanken, beschloss aber im gleichen Atemzug, nicht kampflos aufzugeben.
    »Es tut mir leid, Amelie«, sagte er leise. »Ich wollte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten. Aber so sind wir Amis nun mal. Hoffnungslos neugierig, rüpelhaft und unsensibel.« Sein Plan, die Stimmung zwischen ihnen ein wenig zu entspannen, schien aufzugehen, denn das rothaarige Mädchen atmete hörbar tief durch und sank in ihren Sitz zurück.
    »Sie tun es ja schon wieder!«, erwiderte sie vorwurfsvoll. »Hatte ich Ihnen nicht gesagt, dass Sie sich nicht ständig entschuldigen sollen? Schon gar nicht für Dinge, für die sie nichts können. Und ja, vielleicht sind Sie neugierig, aber rüpelhaft und unsensibel, nun diese Adjektive hätte ich nicht unbedingt sofort mit Ihnen in Verbindung gebracht. Außerdem malen Sie ein denkbar schlechtes Bild Ihrer Landsleute. Das sollten Sie nicht tun!«
    »Ihr Wunsch ist mir Befehl, junges Fräulein. Ich bin ja heilfroh, dass Sie wieder mit mir reden.« James bog auf Geheiß des Navigationssystems nach links ab. Vor ihnen lag Mölln, die Stadt, deren berühmtester Sohn noch immer Till Eulenspiegel war. Diese Figur war dem Amerikaner durchaus ein Begriff, denn seine Mutter hatte früher oft Geschichten über ihn vorgelesen. Später dann, als er ein Auslandssemester an der Universität in Augsburg absolviert hatte, war ihm der Volksnarr im Rahmen einer Vorlesung wiederbegegnet, und er hatte damals umfangreich recherchiert zum Thema Eulenspiegel. Deswegen war ihm auch Mölln vom Namen her nicht unbekannt. Nur hätte er nicht gedacht, dass er diese Stadt jemals besuchen würde. Aber jetzt war er hier. Weil auf der Autobahn ein Stau war, und weil ihm dieses seltsame Mädchen vors Auto geraten war. So spielte das Leben! Sicher lenkte der dunkelhaarige Mann den Audi durch die Straßen des urig anmutenden Möllns, das direkt dem Mittelalter entsprungen schien mit seinen malerischen, roten Backstein- und

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