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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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Theorie betrifft, die Du im Übrigen äußerst beeindruckend formuliert hast, so bin ich sehr gespannt, mehr darüber zu erfahren. Was zum Beispiel hast Du bei mir gesehen? Wie tief ist sie, meine Seele? Zwei Meter? Oder gar drei? Und was bedeutet das überhaupt? Je tiefer die Seele, desto besser ist der Mensch, oder doch eher das Gegenteil? Hast Du auch eine Theorie dazu?«
    »Guck an, jetzt gibt er sich nicht mal mehr mit dem Beleidigen meiner Person zufrieden, sondern lacht mich scheinbar auch noch aus. Willst Du, dass ich das denke, James Anthony Prescott? In diesem Fall muss ich Dich enttäuschen. Denn ich weiß, dass Du versuchst abzulenken. Aber um zuerst Deine Fragen zu beantworten: Die Tiefe einer Seele lässt sich natürlich nicht in Längenmaßen beziffern. Sie ist ja etwas, was man nicht mit Händen zu fassen bekommen kann. Mir hat sich nur ein bestimmtes Bild aufgetan. Spricht man von menschlichen Abgründen, meint man in der Regel das unfassbar Böse damit. Warum aber sollte ein Mensch nicht abgrundtief gut sein? Heißt, bis auf den Grund seiner Seele? Ist es nicht das, was man anstreben sollte? Das Gute in sich zu suchen und zu finden? Die wahre Tiefe seines Ichs zu erfahren? Die meisten bemühen sich nicht darum, schwimmen lieber weiter an der Oberfläche. Und diese Typen machen mir fast noch mehr Angst, als die durchweg bösen. Weil sie ohne jegliches Gefühl sind. Leblose Gestalten. Und damit wären wir auch schon wieder bei Dir. Ich spüre, dass Du versuchst, etwas vor mir zu verbergen. Du hast diese Fotografien hier sehr eindrücklich angesehen. Mit großem Interesse, das ich aber mehr auf der beruflichen, als auf der persönlichen Ebene ansiedeln würde. Ich fühle eine gewisse Distanziertheit, die Dich umgibt. Und ich glaube, dass Du das Wissen, das hinter diesen Bildern verborgen ist, die grausame Wahrheit, nicht bis ins Detail an Dich heranlassen möchtest. Weil Du eben diese vielleicht gar nicht ertragen würdest. Weil Du alles, was Dich verletzen oder berühren könnte, einfach von Dir fernhältst. Das ist jetzt an sich nichts Verwerfliches, mein Lieber. Viele würden Dich sogar darum beneiden. Ohne Schmerz und Trauer, ohne Schuldgefühle und Zorn, ja ohne jeglichen negativen Gedanken lebt es sich doch um einiges besser, nicht wahr? Nur sollte man bedenken, dass das Leben genau in dem Moment, wo man sich für das Verdrängen bestimmter Erfahrungen entscheidet, eine Unwucht erhält. Und irgendwann wird sich das rächen. Du willst wissen, ob ich die Tiefe Deiner Seele erahne. Nein, tue ich nicht, James. Weil ich, wenn ich in Deine Augen schaue, das Gefühl habe, gegen eine Mauer zu blicken, und ich frage mich, warum das so ist.«
    James senkte wortlos den Kopf. Ehrlich gesagt wusste er gerade gar nicht, wie ihm geschah. Dieses Mädchen war wie aus dem Nichts in seinem Leben aufgetaucht. Ein zartes und zierliches Persönchen, mit dem er ein berufliches Interesse teilte. Eines mit gewaltigen Problemen. Um das er sich sorgte. Sogar sehr sorgte! Und jetzt stand sie vor ihm und sagte all diese Dinge. Die ihn nicht nur berührten, sondern die ihn vernichtend trafen. Seine Achillesferse, seinen wunden Punkt. Brutal und ungebremst. Wie war das möglich? Wie konnte diese Frau ihm derart nahekommen, ohne dass er das wollte. Nein, er wollte das nicht. Auf gar keinen Fall!
    »Ich finde, wie haben genug rumgequatscht!«, knurrte er mit tiefer Stimme. »Sind wir hier, um zu arbeiten oder irgendeinen Psycho-Kram durchzudiskutieren. Komm jetzt!« Er drehte sich um und schritt eilig davon.
    »James?«, rief Amelie ihm verwirrt hinterher, aber sie bekam keine Antwort.
     

Kapitel 14
     
    29. September 2003 – Spiekeroog
     
    Es wehte eine steife Brise an diesem Tag. Magda Johannson liebte seit eh und je eben jenen böigen Starkwind, der einem den Kopf durchpustete, ungefragt und konsequent, mit der Gründlichkeit eines ergiebigen Reisigbesens das Gehirn bis in die letzten Ecken auskehrend. Nicht, dass sie das noch nötig gehabt hätte. Nein, es ging ihr wieder gut. Besser gesagt, den Umständen entsprechend. Welch eine bescheuerte Floskel, dennoch äußerst zutreffend nach diesem Blackout in dem Büro von Rektor Brockmann vor jetzt drei Monaten. Etwas, das ihr heute peinlich war und dessen sie sich mit jeder Faser ihres Körpers schämte. Sie hatte die Nerven verloren. Zu einem Zeitpunkt, an dem das nicht nur völlig unangebracht war, sondern beinahe auch noch das absolute Drama für ihre Familie ausgelöst

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