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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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drehten die ersten fünf des Sextetts beschämt ab und zogen sich in ihren Bereich des geräumigen Achtbettzimmers zurück. Nur eine der Damen, eine recht hübsche Blondine mit allerdings momentan etwas glasigen Augen, konnte sich scheinbar nicht von seinem Anblick trennen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, flüsterte sie leicht errötend. »Wir haben gefeiert und sind ein bisschen ausgelassen. Aber jetzt ist Ruhe, versprochen. Nicht, dass sie am Ende auch noch wach wird.«
    »Sie? Was soll das heißen, sie? Ist das Mädel etwa so blau, dass sie etwas sieht, was nicht da ist?«
    James schaute der jungen Frau, die sich nun, zwar um leise Sohlen bemüht, dennoch einiges Gepolter verursachend, ins Bad verdrückte, irritiert hinterher. Doch dann dämmerte es ihm, und erst jetzt war er wirklich ganz wach. Er lag tatsächlich nicht alleine in seinem Bett. Amelie war immer noch bei ihm. Bei ihm? Nein, das war nicht richtig ausgedrückt. Es wunderte ihn überhaupt nicht, dass sich ihm ihre Anwesenheit nicht sofort erschlossen hatte. Denn es fühlte sich so gar nicht nach zwei separaten Menschen an, nicht nach zwei Körpern, die gemeinsam auf der harten Matratze der Hostel-Unterkunft lagen. Es war anders. Inniger! Als wenn sie eine Einheit wären. Irgendwie intim und dennoch so rein, so unschuldig. Sie hatte sich eng an ihn geschmiegt, ihr Kopf ruhte auf seiner Brust, ihre lange, rote Mähne flutete den Rest seines Oberkörpers. Mit beiden Armen hielt er sie umschlungen, seine rechte Hand lag auf ihrem Hinterkopf. Sie schlief tief und fest und atmete im gleichen Rhythmus wie er, was sich aber bei James im Nu änderte. Als er begann, die Situation richtig wahrzunehmen, beschleunigte sich nicht nur sein Herzschlag, auch die Abstände, in denen er Luft in seine Lungen pumpte, verkürzten sich dramatisch. Sie bewegte sich, murmelte irgendetwas Unverständliches, versuchte sich seiner Umarmung zu entziehen. Doch James ließ das nicht zu. Er konnte nicht, er wollte nicht. Brauchte sie ganz nah bei sich. Mehr als alles andere! Also verstärkte er den Druck seiner Arme und strich sanft mit der Hand über ihren Kopf.
    »Schsch«, raunte er. »Schlaf weiter, ich passe auf Dich auf, versprochen!« Erleichtert merkte er, wie sie wieder ruhiger wurde und sich enger an ihn kuschelte. Als er noch einmal ins Zimmer schaute, sah er die sechs mittlerweile bettfertigen Mitbewohnerinnen auf ihren Etagenbetten hocken. Sie starrten ihn mit heruntergefallener Kinnlade an und machten keinen Hehl daraus, dass sie liebend gerne, jede Einzelne, mit der Rothaarigen getauscht hätten.
    »Mund zu, Ladys!«, knurrte James unwirsch. »Hinlegen, Licht aus, schlafen, verstanden?«
    Die bis eben doch nicht nur gutgelaunten, sondern auch die Nachtruhe missachtenden Damen nickten stumm und befolgten brav die Anweisungen des selbsternannten, sehr gestrengen Zimmerhäuptlings. Sekunden später umfing eine tiefschwarze Dunkelheit die Berlin-Reisenden, die nach und nach ins Reich der Träume entglitten. Nur einer, der wehrte sich mit aller Macht gegen ein neuerliches Einschlafen. Weil James ahnte, dass hier gerade etwas Besonderes mit ihm geschah, und weil er das, was auch immer es letztendlich war, bis zur Neige auskosten wollte. Doch schließlich erwischte es auch ihn und er fiel in einen unruhigen Schlaf.
     
    Als er das nächste Mal im hellen Morgenlicht der Frühlingssonne wach wurde, war er allein. Was heißen sollte, dass Amelie nicht mehr da war, hingegen die anderen sechs Damen in Eintracht schnarchend dafür sorgten, dass alkoholische Ausdünstungen unterschiedlichster Sorte die Umgebungsluft durchwebten. Was einen sehr prägnanten Geruch selbiger zur Folge hatte, um es mal vorsichtig zu beschreiben. James setzte sich besorgt auf und blickte sich um. Erst als er im Bad das Rauschen der Dusche hörte, legte er sich beruhigt wieder hin und dachte daran, wie es gewesen war, sie in den Armen zu halten. Konnte es tatsächlich sein, dass er dabei war, sich in dieses Mädchen zu verlieben? Hatte er nicht genau das für sich ausgeschlossen? Dass es wieder passierte? Dass er sich noch einmal so verletzlich machen würde? James hob die Arme und verschränkte seine Hände hinter dem Kopf. Sein Blick war starr auf die Unterseite des oberen Etagenbetts gerichtet. War es möglich, dass er hier die Hunde in der Pfanne verrückt machte? Ja, sein Herz klopfte schneller, wenn er an sie dachte und ja, es war ihm etwas an ihr gelegen. Doch war das nicht eher eine Art von Mitleid

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