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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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Frau die Hand. »Das zeigte mir auch ihre Reaktion, als sie im Krankenhaus von Wittmund das Bewusstsein wiedererlangte, nachdem man ihr in letzter Sekunde den Magen hatte auspumpen können. Sie war außer sich vor Wut. So hatten wir sie noch nie erlebt. Und sie machte uns bittere Vorwürfe, dass wir sie schon wieder nicht hatten gehen lassen.«
    »Und wie haben Sie darauf reagiert?«, wollte Erin wissen, die besorgt ihren leichenblassen und schwer atmenden Bruder ansah.
    »Das kann ich ihnen sagen«, erwiderte Egidius traurig. »Ich war genauso wütend. Gehasst habe ich Amelie in diesem Moment, ihr böse Sachen an den Kopf geworfen. Denn ich fühlte mich betrogen und hintergangen von ihr. Nicht nur aus dem Grunde, weil es meine Tabletten gewesen wären, die sie getötet hätten. Viel schlimmer war es für mich, dass sie uns allen Jahre lang vorgespielt hat, es würde ihr wieder gut gehen. Das konnte und wollte ich ihr nicht verzeihen. Ich hatte es satt. Und zwar so richtig. Als sie sich dann auch noch weigerte, sich in eine Therapie zu begeben, da bin ich vollends durchgedreht.«
    Er sah in die verständnislosen und angsterfüllten Gesichter seiner Gäste und holte tief Luft. »Ich habe sie einweisen lassen in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Emden. Dazu war nötig, dass sie entmündigt wurde. Auch das habe ich veranlasst, und ich tat es, ohne mit der Wimper zu zucken. Ob ich mich schlecht fühlte deswegen? Damals nicht die Spur, es gab für mich keinen anderen Weg. Heute sehe ich das, mit Abstand zu den Ereignissen, etwas differenzierter, wobei ich glaube, dass ich nicht wirklich eine Wahl gehabt habe. Amelie wollte sich partout nicht behandeln lassen, also war es meine verdammte Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie Hilfe bekam. Der Preis, den ich infolgedessen zahlen musste, war hoch, denn meine Kleine hat in der Zeit danach kein Wort mehr mit mir gesprochen. Nicht, nachdem sie nach einem Vierteljahr die geschlossene Abteilung wieder verlassen hat und auch nicht in den darauffolgenden 18 Monaten. Sie lehnte jeden Kontakt zu mir ab. Dem Himmel sei Dank galt das nicht für ihre Mutter, sonst wäre sie uns wohlmöglich ganz entglitten.«
    Man sah dem Pastor an, dass er auch noch nach nunmehr fast fünf Jahren zwiegespalten war, was seine damalige Entscheidung anging. Einerseits merkte man, dass er sich deswegen schuldig fühlte, andererseits strahlte er eine unnachgiebige Härte aus, eine wilde Entschlossenheit, sein Kind zu retten, egal wie.
    »Ich vermute, dass Sie jetzt über das, was ich meiner Tochter angetan habe, entsetzt sind, aber glauben Sie mir, es ging einfach nicht anders.«
    James stand auf und trat mit hinter dem Rücken verschränkten Händen an das Fenster und blickte hinaus. »Es steht uns und besonders mir nicht zu, Ihr Handeln zu verurteilen, Herr Johannson. Die meisten von uns geraten irgendwann im Leben in eine Situation, in der sie sich schuldig machen, ohne es zu wollen. Ich habe ebenfalls eine schwere Last zu tragen, nur kann ich leider nichts geradebiegen, auch wenn ich es mir noch so sehr wünsche. Sie hingegen haben jede Möglichkeit der Welt, wieder ganz mit ihrer Tochter ins Reine zu kommen. Vertrauen Sie doch darauf!« Er drehte sich um und sah Amelies Eltern ruhig und gefasst an. »Dürfte ich Sie um etwas bitten?«
    Magda und Egidius Johannson erwiderten den Blick des Mannes und nickten zaghaft.
    »Ich denke, besser gesagt, ich fürchte, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist. Aber die Fortsetzung möchte ich gerne von Amelie selbst hören. Sie hat den Hauptpart in dieser Story und wir dürfen sie nicht länger ausschließen. Würden Sie mich zu ihr bringen? Jetzt sofort? Bitte!«
     

Kapitel 31
     
    21.  Mai 2013 – Auf der Nordsee
     
    James stand auf dem Deck der Fähre »Frisia«, auf der er und Erin erst knappe zwei Stunden zuvor den Hafen von Spiekeroog erreicht hatten, und die sie jetzt zurück zum Festland nach Neuharlingersiel bringen würde. Nachdenklich beobachtete er die dunkelgrauen Wolken, die sich über seinem Kopf immer mehr bedrohlich zusammenzogen und den Ausbruch eines Unwetters sehr wahrscheinlich machten. Der Amerikaner lächelte müde. Dieses Bild passte so ganz und gar zu seiner derzeitigen Situation. Da braute sich etwas zusammen, von dem er noch nicht mal ansatzweise wusste, was es für ihn zu bedeuten hätte. Seine Hände umfassten die Reling. So fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er war in einer Aufruhr,

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