Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
Vom Netzwerk:
sagte mein Vater.
    Ich holte tief Luft und ließ sie geräuschvoll wieder entweichen. »Schöner Mist.« Aber dann musste ich schmunzeln. »Genau wie Felix damals beim Fußball. Könnt ihr euch noch erinnern?«
    Mein Vater nickte.
    Meine Mutter öffnete den Mund, schloss ihn wieder, entfernte ein imaginäres Staubkorn von ihrer Hose, inspizierte ihre Fingernägel, machte erneut Anstalten, etwas zu sagen – blieb aber stumm.
    »Wo ist denn nun Marc?«, wiederholte ich meine Frage.
    Wieder bekam ich keine Antwort. Mein Vater nahm nur meine Hand und drückte sie. So fest, dass ich ihn entrüstet anfuhr: »Hey, das tut weh!«
    Er ließ sie schnell los und lachte verlegen. Oder unsicher? Es kam mir jedenfalls komisch vor. Ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
    Dann schluchzte meine Mutter aus heiterem Himmel auf. »Clara und Jamie warten draußen«, schniefte sie.
    »Die beiden sind auch hier?«, wunderte ich mich. Doch dann fiel mir wieder ein, dass Marc gesagt hatte, er hätte sie verständigt. Und dass sie sich schon auf dem Weg nach England befänden.
    Meine Eltern standen auf und gingen zur Tür.
    »Wo wollt ihr hin?«, fragte ich beunruhigt.
    »Wie kommen gleich wieder zurück, mein Schatz«, sagte meine Mutter leise und irgendwie ein bisschen traurig. »Clara und Jamie haben darum gebeten, allein mit dir reden zu können. «
    »Worüber?« Meine Stimme hörte sich schrill an. »Ich will jetzt nicht …«
    »Mach dir keine Sorgen, Leni, Mäuschen«, sagte mein Vater. Er sah auch ganz geknickt aus. »Wir sind gleich wieder bei dir.«
    Ich hob die Hände und schüttelte verständnislos den Kopf. »Wenn ihr meint …«, murmelte ich schließlich.
    Kurz darauf klopfte es an meiner Tür und Clara und Jamie betraten das Zimmer. Beide wirkten nervös, angespannt und gleichzeitig sehr erleichtert.
    Jamie war zuerst an meinem Bett und tätschelte meine Hand, noch bevor Clara sich neben mich ans Kopfende gesetzt hatte.
    »Wie geht es dir?«, fragte er und musterte mich besorgt.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, ganz okay.«
    Er lächelte. »Das ist gut.«
    Stirnrunzelnd nickte ich und sagte dann betont locker: »Ich gehe mal davon aus, dass du Marc ordentlich die Leviten gelesen hast. Ich glaube, wir sollten ihm nicht zu viel Ärger machen. Marc braucht Hilfe, nicht noch mehr Stress. Aber wenn wir ihm alle zur Seite stehen, dann packt er das.«
    Ich wusste nicht, warum ich so locker mit dem Ganzen umging. Vielleicht war ich noch in einer Art Schockzustand. Oder ich wollte so schnell wie möglich zur Normalität zurück, um dem unangenehmen Gespräch zu entgehen, das mir ohne Zweifel bevorstand.
    Mir fiel ein, wie Marc mich im Auto zum Krankenhaus gefahren hatte. Ich auf dem Rücksitz, das verletzte Bein aufs Polster hochgelegt.
    Sein Freund Will war es gewesen, vor dem ich am Haus die Flucht ergriffen hatte. Marc hatte ihn gebeten, mich von dort abzuholen und zurück nach London zu bringen. Er selbst, hatte er mir mit gequälter Stimme gesagt, wäre dazu nicht in der Lage gewesen. Und er hatte auch Clara und Jamie verständigt. Ihnen gesagt, dass sie mich im Imperial Hotel abholen könnten. Dorthin sollte Will mich bringen.
    Ja, Marc hatte sich wirklich um alles gekümmert.
    Blöd nur, dass Will das Haus trotz Navi erst nach stundenlanger Suche gefunden hatte. Und dass er sein Auto ein ganzes Stück vom Haus entfernt geparkt hatte, weil er sich nicht sicher war, ob er mit dem Wagen den schmalen Feldweg entlangkommen würde.
    Dass ich in meiner Panik wie angestochen in den Wald flüchten und mich dabei verletzen würde, hatte bestimmt nicht auf Marcs Plan gestanden.
    Will hatte ihn noch im Wald angerufen. Aber letztendlich nur eine Nachricht auf Marcs Mailbox hinterlassen können. Dann war er zurück nach London gefahren und hatte ihm persönlich von dem ganzen Dilemma berichtet.
    Daraufhin hatte Marc sich sofort ins Auto gesetzt. Die ganze Nacht hatte er nach mir gesucht. Mich aber erst im Morgengrauen in der Kuhle entdeckt, zusammengekauert schlafend, von Laub und kleinen Ästen bedeckt.
    »Ich habe das alles nicht gewollt, Leni«, hatte er mir während der Autofahrt immer wieder versichert. »Ich hoffe so sehr, dass du mir das glaubst.«
    »Und warum hast du mich zurückgelassen? Warum bist du nicht selbst gekommen? Warum hast du diesen Will geschickt? Ich versteh das nicht … wie konntest du mir das antun?«
    »Ich kann es dir nicht erklären. Es ist schwer. Ich muss verdammt noch mal

Weitere Kostenlose Bücher