Die Time Catcher
beißt von ihrem Keks ab.
»O kay. Aber wie ich schon sagte, ich glaube nicht an dieses Zeug. Dort steht: Dich erwarten gefährliche Zeiten. «
Abbie starrt mich mit offenem Mund an.
»W as soll’s. Ist doch nur ein Keks«, sage ich.
Die Tür auf der Rückseite des Klosters öffnet sich. Zwei Mönche kommen heraus und gehen in den Garten.
»I ch weiß nicht«, entgegnet sie. »I ch mache mir Sorgen um dich. Du bist so verändert in letzter Zeit.«
Das höre ich jetzt schon zum zweiten Mal. Erst von Nassim, jetzt von Abbie. Der Schmerz in meinem Fuß macht sich erneut bemerkbar. Ich schüttele also eine Pille aus dem Fläschchen und schlucke sie trocken hinunter.
»A ls läge dir was auf der Seele«, fährt sie fort. »E twas, das dich zu Boden drückt. Es hat mit diesem Jungen zu tun, stimmt’s? Dem du auf der Expo ’67 das Leben gerettet hast. Deshalb benimmt du dich in letzter Zeit so seltsam.«
Ich wende mich ihr zu. In ihren Augen liegt echte Besorgnis.
»I ch muss mich vergewissern, dass er in Sicherheit ist«, sage ich. »E s darf ihm nichts passieren.«
»A ber was hast du damit zu tun?«, fragt sie. »I ch meine, ich weiß, dass du ihm das Leben gerettet hast und all das, aber …«
»D as ist es nicht allein. Ich habe so ein Gefühl, dass zwischen uns beiden eine besondere Verbindung besteht. Es hört sich vielleicht verrückt an, aber wenn ich ihn sehe, meine ich, mich selbst zu sehen – vielleicht nicht, wie ich heute bin, aber wie mein Leben … hätte sein können, wenn die Dinge sich anders entwickelt hätten.«
Abbie sieht mich lange schweigend an. Eine sanfte Brise setzt das Windspiel erneut in Bewegung. Die Mönche gehen zum Hintereingang zurück. Ihre Schritte sind ruhig und fest.
»M ario hat mich gefragt, ob ich seine Assistentin sein will.«
Mir klappt die Kinnlade herunter. »U nd du hast natürlich abgelehnt.«
Sie wendet den Blick ab. »N icht so ganz.«
»N icht so ganz? Was soll das heißen?«
Abbie zögert und scheint nach den richtigen Worten zu suchen. »Ich habe … vielleicht gesagt.«
Ich spüre ein Ziehen in der Magengrube. »V ielleicht? Hast du gehört, was Onkel von ihm verlangt? Er soll unschuldige Kinder entführen! Willst du ihm etwa dabei helfen?«
Sie sieht mich immer noch nicht an. »W arum schockiert dich das so? Wir wurden doch auch gestohlen oder adoptiert oder wie du das nennen willst, hast du das etwa vergessen? Und manchen von uns ist es gut ergangen.«
»D as ist nicht dasselbe«, widerspreche ich. »W ir waren Waisenkinder und niemand hat uns vermisst. Aber diese Kinder haben Familien! Und nicht nur das. Was uns geschah, passierte in der Gegenwart, nicht vor hundert Jahren!«
»W arum ist das so wichtig?«, fragt Abbie.
»W arum? Weil diese Kinder eigene Kinder und Kindeskinder hatten. Und so weiter. Durch ihre Entführungen hat Onkel spätere Generationen ermordet!«
Abbie schweigt für einen Moment. Dann sagt sie: »I ch kann zu Mario nicht einfach Nein sagen. Darüber haben wir doch schon gesprochen.«
Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Sie versteht es zwar nicht, doch indem sie Ja zu Mario sagt, sagt sie Nein zu mir.
Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt. Doch statt etwas zu entgegnen, gebe ich neue Daten in meinen Chip ein.
Sie starrt mich mit großen Augen an. »W o willst du hin?«
»F ort von hier!«
»C ale, außerhalb von Missionen darfst du die Zeitprogrammierung nicht benutzen!«
»D as ist eine Mission, Abbie. Eine private Mission.«
»T u es nicht!«, sagt sie. »O nkel beobachtet dich. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn er das herausfindet.«
»S o? Was kümmert dich das?«, blaffe ich sie an. »D u hast doch deinen tollen Mario.«
Jetzt hab ich’s also doch gesagt.
»B is später, Caleb«, sagt sie leise. Ohne mich anzusehen, steht sie auf und geht davon.
Habe ich ein leichtes Zittern in ihrer Stimme gehört? Für einen Moment bin ich versucht, darüber nachzudenken. Die große Frage ist und bleibt, ob sie mich wirklich mag. Vielleicht sogar ein bisschen in mich verliebt ist. Es gibt so viele offene Fragen, die mir durch den Kopf gehen. Wie kann ich Abbie davon überzeugen, nicht Marios Assistentin zu werden? Wie kann ich Onkels Überwachung entkommen? Wie kann ich Ben beschützen? Wenn ich wollte, könnte ich noch stundenlang über diese Dinge nachgrübeln.
Stattdessen tippe ich erneut auf mein Handgelenk. Während meine Erscheinung verblasst, erblicke ich ein
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