Die Tochter Der Goldzeit
Schweinekoppel und von dort in einen hölzernen Flachbau. Ein Bewaffneter döste hinter der Tür. Der Stall war durch Gatter in drei Verschläge unterteilt. In einem lag eine riesige Sau. Im zweiten wälzte sich ein Dutzend Ferkel. Im dritten kauerte ein großer, kräftig gebauter Mann mit langen schwarzen Locken.
Tiban!
Bosco zuckte unwillkürlich zusammen. Sie hatten Tiban mit Ketten an einen Bodenring gefesselt. Sein linkes Auge war geschwollen, ansonsten schien er unverletzt. Er starrte Bosco an wie eine Erscheinung.
Catavar nickte nur kurz, wandte sich dann wieder ab und verließ den Stall. »Dieser Gefangene ist gefährlich«, raunte Shoshacs Sohn Bosco zu, als sie dem Kriegsmeister zurück auf den Hof folgten. »Wir bewachen ihn Tag und Nacht.«
»Auch den im Schweinestall tötet morgen, wenn Nadolpher und Betavar ihn gesehen haben!«, sagte der graue Catavar. Fahlblaues Licht loderte hinter seinem Visier. »Der im Gänsestall ist schon so gut wie tot, wie ich höre. Ich muss ihn nicht sehen.«
Im Hof und auf der Terrasse hatten sich inzwischen Männer und Frauen aus Savasom eingefunden. Die Vorbereitungen für das Fest waren in vollem Gang. Zwei Ferkel drehten sich über dem Grill. Shoshac bot dem Kriegsmeister Brot und Wein an, doch der lehnte ab. »Ich übernachte unten auf der Dalusia«, sagte er zu Bosco. »Nadolpher wartet auf meinen Bericht. Der Lageplan von Hagobaven wird ihm Freude machen.« Er hob das Lederstück mit der Kartenskizze. »Bleibe du mit drei Männern hier und behalte alles im Blick«, befahl er.
Er stapfte aus dem Hof und verließ mit seinen Kriegern die Stadt.
Shoshac schenkte Wein aus, und ein großes Fress- und Saufgelage begann. Bosco aß nichts und trank nur Wasser. Ihm war übel. Seine Gedanken kreisten um die Gefangenen. Was um alles in der Welt konnte er tun, um sie zu befreien?
Gegen Mitternacht verschwand der berauschte Magier mit zwei Mägden in der Scheune. Alle, die noch auf dem Hof und der Terrasse feierten, waren inzwischen so betrunken, dass Bosco sich unbemerkt ins Haus schleichen konnte. Kein Mensch war hier zu sehen. Er nahm eine Fackel von der Wand, lief durch den Gang, zog den Riegel auf und öffnete die Eisentür.
Die Meisterin lag auf dem Boden und blickte auf, als sich die Tür öffnete.
»Himmel, Tarsina ...!« Bosco drückte die Eisentür hinter sich zu, steckte die Fackel in die Wandhalterung und umarmte sie. »Was ist nur geschehen?«, flüsterte er. »Wie konnte es so weit kommen?«
»Nicht!« Sie schob ihn weg. »Wenn sie uns so sehen, bist auch du verloren.«
»Niemand ist verloren!« Bosco nahm ihren Kopf zwischen die Hände. »Lass uns fliehen!«
»Ich kann nicht einmal dieses Haus verlassen.« Tarsina deutete auf ihren Verband. »Ein Schwerthieb hat mir das Bein zerschmettert. Wenn sie mich nicht töten, wird es das Wundfieber tun.«
»Wir müssen nach Hagobaven und die Sozietät dort warnen«, beschwor er sie. »Sie kennen die Lage der Erdstadt!«
»Und den Namen der Meisterin, ich weiß es aus den Gedanken des Mannes, dem dieses Haus hier gehört.« Tarsina sah ihn an. Ihr hohlwangiges Gesicht schien aus Stein gemeißelt, ihre dunklen Augen blickten ernst. »Aus seinem Geist habe ich auch erfahren, dass du als Dolmetscher Nadolphers giltst. Und das ist gut so. Das muss so bleiben!« Sie strich ihm über den Kahlkopf, und einen Atemzug lang wirkten ihre Züge weich und traurig. »Mein armer Ginolu«, flüsterte sie zärtlich.
»Ich befreie dich!« Bosco machte sich an ihren Ketten zu schaffen.
»Lass das.« Ihre Stimme klang wieder kühl und streng. »Meine Zeit ist vorbei. Jetzt kommt es nur noch darauf an, die Verbündeten in Hagobaven zu warnen und weiteres Unheil zu verhindern.«
»Ich hole dich hier raus.« Bosco bückte sich nach einem Schlüssel für das Kettenschloss um. »Wir gehen nach Hagobaven, das schwöre ich dir ... Ich befreie euch alle!« Er wusste kaum noch, was er redete.
»Schweig endlich!« Mit beiden Händen packte Tarsina seinen kahlen Schädel und sah ihm ins Auge. »Weißt du nicht, mit wem wir es hier zu tun haben? Nicht nur mit Nadolpher und dem Eisernen. Hast du denn den Hexer des Eisernen nicht erkannt? Roscar von Eyrun ist der Magier, der damals die Zeitfuge vor Tikanum verschloss! Er hat verhindert, dass wir die Anderen zu Hilfe rufen konnten! Dieser mächtige Zauberer würde uns überall finden.«
Nacktes Grauen schnürte Bosco die Luft ab; dasselbe Grauen, das ihn damals in der Nacht am Brunnen beim
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