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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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hatten.
    »Nur die Götter haben keine Feinde«, knurrte Cahn Rosch. »Und selbst die schlagen einander manchmal aus Versehen tot.« Ächzend erhob er sich und blickte sich um. »Na los, Poruzzen! Rein in den Wald und dann immer flussaufwärts! Das Würfelglück der Götter sei mit uns! Und dass mir keiner einen Furz lässt, bevor der Tanz losgeht!« Er deutete auf den Gefangenen. »Und dem hier verpasst einen Knebel.«
    Otman stopfte dem Mann sein Halstuch in den Mund.
    Sie liefen hinunter in den Birkenwald, schlichen zum Fluss, pirschten sich entlang seines Ufers an das Dorf heran. Bald bewegten sie sich nur noch kriechend und nutzten jeden Stamm und jeden Busch zur Deckung aus. Waller Rosch übernahm die Spitze.
    Nach einiger Zeit hielt er an und winkte den Capotan zu sich. Ka-tanja schlich Cahn Rosch hinterher. Über ihr flatterte der Blaue von Birkenkrone zu Birkenkrone. Waller war auf eine Stelle zwischen einer Birkengruppe und einer Beerenhecke gestoßen, an der kein Gras wuchs, wo nichts als lockerer Waldboden zu sehen war. Die Erde dort wirkte wie umgepflügt.
    »Na und?«, flüsterte Cahn.
    »Hier haben sie ein Grab ausgehoben«, sagte Waller Rosch leise und deutete auf das Wurzelgeflecht einer Birke.
    Katanja erschrak, als sie das viele Blut dort sah. Schwarzrote Klumpen überall, Fliegen summten darüber. Es stank nach Fäulnis. Brechreiz würgte sie.
    »Hat er nicht gesagt, sie hätten keine Feinde?«, murmelte Waller.
    »Säue werden sie hier kaum geschlachtet haben ...«, knurrte Cahn. Von dem geronnenen Blut zwischen den Wurzelsträngen führte eine Blutspur in den Wald hinein. »Wir folgen ihr«, entschied der Capotan. Die ganze Rotte setzte sich wieder in Bewegung.
    Die Blutspur verlief auf einem Pfad. Der führte etwa hundert Schritte vom Ufer entfernt weiter flussaufwärts und zwang die Poruzzen, wieder eine Kolonne zu bilden. Katanja schlich hinter Waller und Wenz. Sie sah zurück zu Otman, der den Gefangenen wie einen Caniden am Seil hinter sich herzog. Der Mann war bleich, seine Lippen ein Strich, und seine Kiefer mahlten. Seine Augen zuckten, seine Blicke flogen ständig ins Unterholz zu beiden Seiten des Pfades. Etwas stimmte nicht mit ihm.
    Der Pfad führte an den Rand einer Lichtung. Auf ihr stand das Dorf. Ein ringförmiger Palisadenzaun, mannshoch, umfriedete es. Niedrige Steinhäuser standen hinter dem Holzwall, vierzig kleine Gebäude etwa, alle mit grauen Schieferplatten bedeckt. Sie waren um einen Platz in der Mitte angeordnet. Ein mit Feldsteinen eingefasster und mit Schieferplatten bedachter Brunnen stand dort. Die Flügel des Palisadentors standen offen. Der Pfad mit der Blutspur führte hindurch und danach auf einem breiten Weg bis zum Brunnen. Ein mit hellgrauem Tuch bedeckter Korb stand vor dem Brunnen.
    Kein Mensch war zu sehen. Zwischen den Häusern nicht, an den Fenstern nicht, auf dem Weg zum Brunnen nicht. Keine Stimmen waren zu hören. Nicht einmal das Gemecker, Geblöke und Gekläff von Tieren. Cahn packte den Gefangenen am Bart, riss ihn an sich und drückte ihm die flache Seite seiner Dolchklinge an die Kehle. »Warum sehe und höre ich hier niemanden?«, flüsterte er.
    »Ich weiß es nicht ...« Die Stimme des Mannes zitterte leise. »Vielleicht haben Fischer sie vor euch gewarnt ...«
    »Vielleicht.« Cahn Rosch stieß ihn von sich. »Vielleicht hat auch jemand zu laut gefurzt!« Seine Poruzzen hatten sich zwischen den Bäumen gesammelt.
    »In diesem Dorf ist niemand«, flüsterte Otman. »Ich tät einfach reingehen und die Fässer mit dem Gerstenwässerchen aus den Häusern holen, und was wir sonst noch brauchen können.«
    »Ich hätte gern ein paar Gefangene gemacht, kapierst du das nicht?«, zischte Cahn. »Weibliche Gefangene! Nach all der Knochenarbeit an dem bescheuerten Damm haben wir uns ein bisschen Spaß verdient!« Sein vorwurfsvoller Blick traf Katanja. Er spuckte aus, winkte einen seiner Neffen zu sich und schickte ihn mit elf Kriegern in das Dorf. »Geht zum Brunnen! Ich will wissen, was in dem verdammten Korb drin ist.«
    Bogenschützen flankierten das Tor. Cahns Neffe und seine Vorhut zogen ihre Schwerter oder schulterten ihre Speere und Äxte und liefen durch das Tor. Sich drehend und nach allen Seiten sichernd, näherten sie sich dem Brunnen. Niemand hielt sie auf.
    »Keiner zuhause«, rief der Capotan. »Rein mit euch!« Seine Krieger setzten sich in Bewegung. »Durchsucht jedes Haus!« Er gab seine Deckung am Waldrand auf und schaukelte mit Otman

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