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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sie die weiten Schwingen. Torya beobachtete sie, bis neben ihr Albus nach ihren Fingern tastete. Sie griff nach der Hand ihres Bruders und hielt sie fest. Kalt, kraftlos und feucht fühlte sie sich an. Albus war ein Schatten seiner selbst, seit ihr Vater gestorben war.
    Vor dem erhöhten Ruderhaus setzten Fanfarenbläser ihre Instrumente an die Lippen. Ein schleppender Marsch tönte über die Köpfe der Menge an Bord des königlichen Flaggschiffs hinweg. Erschreckt von der unerwartet lauten Musik, zog Torya die Schultern hoch. Sie verabscheute diesen blechernen Lärm.
    Zur Rechten ihres Bruders nahm der Hofmarschall Haltung an, Albus' Lehrer. Als engster Berater des Königs leitete er die Zeremonie. Eine knochige Hand schloss sich um Toryas Linke. Die Hand Gulwyons, des zweiten königlichen Beraters. Der Magier hatte Torya erzogen und war schon Vertrauter ihrer Mutter gewesen. In dieser Stunde stand er nun ihr als Vertrauter zur Seite.
    Über das Boot mit ihrem toten Vater hinweg blickte sie zu den anderen Schiffen. Auch dort hatten Seeleute und Ritter und Bürger von Albridan Aufstellung genommen. Alle sahen herüber zum Flaggschiff. Sieben wendige Galeeren umgaben den königlichen Viermaster. Doppelt so viele patrouillierten nicht weit entfernt im Westmeer und weiter nördlich in der Tausendinselsee. Die Tiefländer kreuzten seit einiger Zeit vermehrt in den Hoheitsgewässern Albridans und überfielen Handelsschiffe und Fischersiedlungen. Gerüchte kursierten, wonach die barbarischen Seeräuber fremden Herrschern auswichen, die an den Küsten des Kleinen Südmeers aufgetaucht waren.
    Das Vogelpaar schwebte durch Toryas Blickfeld. Sein behäbiger Schwingenschlag hatte etwas Majestätisches. Waren es Schwäne? Oder ein Kranichpaar? Doch seit wann hatten Kraniche ein derart weißes Gefieder? Die Vögel flogen eine Schleife und senkten sich den Wogen entgegen, bis sie dicht über den Wellen schwebten. Torya beobachtete sie durch die Holme der Reling hindurch. Sie waren schön anzusehen, und ein paar Atemzüge lang vergaß die Prinzessin sogar die Fanfarenklänge. Bis die Thronritter rechts und links des Beibootes aufmarschierten und den Blick durch die Reling verstellten.
    Die Fanfaren verstummten, die Thronritter klappten ihre Visiere hoch und neigten zweimal die Köpfe. Einmal in Richtung des Prinzen und künftigen Königs, einmal in Toryas Richtung. Die Prinzessin achtete auf jede ihrer Gesten, auf das kleinste Mienenspiel. Sie registrierte genau, wessen Blick sie nur flüchtig oder gar nicht streifte und wer ihr in die Augen sah.
    Diese dreizehn Männer waren die mächtigsten Ritter von Albridan. Erst vier von ihnen hatten sich bei heimlichen Treffen mit dem Magier Gulwyon für Torya ausgesprochen, unter ihnen Olfarkan von Nordlandon, der Reichste und Mächtigste. Um den Thron zu gewinnen, war Torya jedoch auf die Unterstützung einer deutlichen Mehrheit dieser Männer angewiesen. Gulwyon arbeitete daran.
    Der Hofmarschall trat vor. Mit einladender Geste winkte er die Trauergäste heran. Sie schritten mit würdevoller Haltung und unbewegten Mienen näher. Es waren verbündete Fürsten und Stammesführer mit ihren Familien, etwa sechzig Männer, Frauen und Kinder.
    Sippenweise blieben sie vor dem Beiboot stehen, verneigten sich vor dem Toten und wandten sich dann zu Torya und Albus um. Der Hofmarschall nannte jedes Mal ihre Namen und den Namen ihrer Insel oder ihrer Provinz, und der jeweilige Fürst oder Stammesführer versicherte die Königskinder seines Mitgefühls und seiner Trauer über den Tod des großen Königs Ybert von Albridan.
    »Runynger, Fürst von Eyrun«, kündigte der Hofmarschall den nächsten Trauergast an.
    Ein stattlicher Mann in den besten Jahren verneigte sich vor Torya und ihrem Bruder Albus. Um seine Lippen spielte ein stolzer, unerbittlicher Zug.
    Eyrun und Albridan verband eine wechselhafte Geschichte. In einer Generation gab es Krieg, in der nächsten verbündete man sich gegen gemeinsame Feinde. Toryas Vater hatte sich mit dem Fürsten von Eyrun gegen die Tiefländer verbündet, doch Runynger hielt ein paar Inseln besetzt, die in grauer Vorzeit einmal zu Albridan gehört hatten. Der Magier Gulwyon gab dem Bündnis deswegen keine Zukunft, und Torya erwiderte die Beileidsworte des Fürsten lediglich mit einer knappen Verbeugung. Albus dagegen sprach freundlich mit ihm. Ein Sohn gleichen Namens begleitete den Fürsten, ein weißblonder Knabe von etwa zwölf Wintern und mit hochnäsiger

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