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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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wartete. Dieser Greis aus einem kleinen Küstendorf wollte vor ein paar Sommern einem Mann begegnet sein, der behauptet hatte, die »Maulwürfe« und ihre Erdstadt zu kennen. Bosco beobachtete, wie der Rotmantel und der Bruder des Cabullos dem Eisernen Bericht erstatteten. Er selbst stand als Bogenschütze in der zweiten Reihe der beiden Belagerungsketten und kaute auf seiner Unterlippe herum - nichts fürchtete er mehr als zu Mord und Totschlag entschlossene Barbaren.
    Der jüngste Bruder des Cabullos und seine Söhne genossen inzwischen den Status von Hauptleuten innerhalb der straff organisierten Eroberungsarmee des Eisenmannes. Höher als früher trug er seine zerklüftete Nase, der Oberste der Wildsaujäger, geschwollener als früher schob er seine Brust vor sich her. Wenn die Küste erobert war, würde er einen Spähtrupp kommandieren, der die Sozietät jenseits des Hochgebirges am Großen See suchen sollte. Seit der Eisenriese ihm den Auftrag angekündigt hatte, führte er sich auf wie der König aller Wildsaujäger.
    Den Zwerg mit den Augengläsern und seinen grauen Ritter hatte Bosco übrigens nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit sie das Poruzzenschiff im Hafen von Chiklyo versenkt hatten.
    »Du musst eines begreifen«, sagte der schwarze Eisenmann mit seiner tiefen, schleppenden Stimme, als er wenig später zwischen seinen Mammutcaniden vor dem Tor stand. »Eine neue Zeit bricht an, die Wahre Goldzeit. Du machst das Tor auf, und du bist dabei. Du weigerst dich, und du bist nicht dabei.«
    »Verpiss dich!«, rief der Festungsfürst von der Mauer herab.
    Der schwarze Riese machte kehrt, blaffte Befehle. Ruderboote mit noch einmal achtzig Mann setzten an Land über. In einem großen Beiboot brachte man dem Eisenmann seinen baumlangen Speer und sein Reittier: einen schwarzen Rinkuda-Stier von atemberaubender Schulterhöhe und dem Gewicht von mindestens fünf Wildebern. Große gescheckte Möwen und graue Rabenvögel hockten auf seinem Rücken und seinem abgesägten und dennoch weit ausladenden Gehörn, drei oder vier Dutzend. Seine Augen schimmerten rot, und schwarz-grüne Schuppenhaut schillerte an seinen Flanken und auf seinem Rückgrat.
    Nie zuvor hatte Bosco einen derartigen Mutanten gesehen, doch es blieb ihm wenig Zeit, das Tier zu bestaunen: Der Eisenriese ließ es satteln, bestieg es und befahl den Sturm auf die Festungsmauer.
    Einen Pfeil um den anderen schoss Bosco auf die Verteidiger zwischen den Mauerzinnen ab, während die erste Angriffswelle mit Seilen, Widerhaken und Leitern der Festungsmauer entgegenstürmte. Nicht ein einziges Mal machte er sich die Mühe zu zielen. Dabei ging ein Hagel aus Speeren und Pfeilen vor ihm und hinter ihm nieder, und rechts und links stürzten seine getroffenen Kampfgefährten. Kalter Schweiß strömte ihm von der Stirn, und sein Herzschlag drohte ihm die Brust zu sprengen. Das Bild der Meisterin zuckte ihm durchs Hirn - er musste überleben, um sie zu warnen! Das Bild des Mädchens leuchtete vor seinem inneren Auge auf, wenigstens einmal noch wollte er in seinen Armen liegen. Sogar Heimweh nach seinem Vater empfand er plötzlich. Blitze zuckten hinter ihm, etwas heulte durch die Luft, jenseits der Festungsmauer donnerte es, dann blitzte es vor der Felswand, und Trümmer, Staub, Flammen und Rauch stiegen auf.
    Das Festungstor wurde aufgestoßen, an der Spitze vieler Krieger stürmte der Fürst heraus. Kampfgeschrei erhob sich, heiß und kalt wurde es Bosco.
    »Das ist er!«, krächzte nicht fern von ihm eine Altmännerstimme.
    »Der einäugige Kahlkopf dort! Der kennt die Maulwurfsstadt!«
    Bosco ging in die Hocke und setzte sein Binocular an die Augen. Elf Sommer war es her, und dennoch erkannte er ihn sofort, den Mann mit der Augenklappe in der vorletzten Sturmreihe der Verteidiger: dürr, hochgewachsen, kahlköpfig - tief im Landesinneren hatte er Heilkräuter gesammelt. Bosco hatte sich damals schon gern in den Wäldern herumgetrieben und nach seiner Mutter gesucht. Er fand den Mann fiebernd und sterbend an einem Bergsee und brachte ihn auf einem zahmen Hirsch nach Tikanum. Der Hauer eines Wildebers hatte ihm den Schenkel aufgerissen und ein Auge durchbohrt. Die Meisterin schnitt ihm das eiternde Fleisch und das zerstörte Auge heraus und rettete ihn so.
    Der Festungsfürst und die ersten Reihen seiner Kämpfer gingen plötzlich zu Boden, ohne dass Bosco einen Grund dafür erkennen konnte. Die nachfolgenden Männer stolperten über sie. Als er zwischen zwei

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