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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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war es still im Raum. Nur der Wirt erhob sich, mit verwirrtem Blick. Diesmal schien es um mehr als um Strafschillinge zu gehen.
    «Ist sie hier?», fragte einer der Schergen.
    Erst jetzt bemerkte Marthe-Marie einen dritten Mann im Türrahmen. Er war gekleidet wie ein Kaufmann oder Amtmann, sein graues, bartloses Gesicht wirkte verhärmt. Mit einem knochigen Zeigefinger wies er auf Isabell.
    «Da sitzt die Schlupfhure!»
    Mit einem Satz waren die Büttel an ihrem Tisch und rissen das Mädchen vom Stuhl. Antonia warf sich dazwischen, eine schmerzhafteMaulschelle ließ sie taumeln, der Prinzipal sprang auf, stieß den Mann im Türrahmen beiseite und versperrte breitbeinig den Weg.
    «Was soll das?», brüllte er so laut, dass die beiden Büttel zusammenzuckten. An ihrer Stelle antwortete der vornehm gekleidete Mann. Voller Abscheu blickte er Sonntag an.
    «Als heimliche Hure hat sie ihr dreckiges Geld verdient. Zweimal schon hat sie mir auf der Straße ihre Dienste angeboten. Leider ist das kleine Luder bei mir an den Falschen geraten.»
    «Ist das wahr, Isabell?»
    Isabell antwortete nicht. Schluchzend, mit gesenktem Kopf stand sie da, nur der feste Griff der Büttel schien sie aufrecht zu halten. Es ist wahr, dachte Marthe-Marie. Alles an ihrem Gebaren verriet die ertappte Sünderin.
    «Gehört sie zu euch?», fragte einer der Büttel streng.
    «Sie ist meine Freundin!», schrie Antonia. Marusch riss sie am Arm zu sich und schüttelte sie heftig.
    «Verwandte?»
    Sonntag schüttelte den Kopf. «Nein, sie hat niemanden.» Er wirkte plötzlich erschöpft. «Was geschieht jetzt mit ihr?»
    «Wir bringen sie in den Turm. Alles Weitere entscheidet der Richter. Und du hör auf zu heulen. Pack deinen Umhang und vorwärts.»
    Ebenso plötzlich, wie sie gekommen waren, waren die Männer verschwunden. Als ob das Ganze nur ein Spuk zu mitternächtlicher Stunde gewesen sei. Marthe-Marie schloss die Augen. Sie war dem Mädchen weder besonders zugetan, noch traute sie ihr allzu sehr über den Weg. Doch das hatte sie nicht verdient. Bei dieser Eiseskälte in den Turm gesperrt zu werden konnte die schlimmsten Folgen haben.
    Maximus brach das Schweigen.
    «Was glotzt ihr so?», raunzte er die übrigen Gäste an, die vonihren Tischen aufgestanden waren, um ja keinen Moment des Spektakels zu verpassen. «Wollt ihr Ärger?»
    Die Männer und Frauen wichen zurück und nahmen wieder ihre Plätze ein. Der Wirt verschwand wortlos in der Küche.
    «Leonhard, du musst morgen den Magistrat aufsuchen und um Wohlwollen bitten», sagte Mettel, die Antonia tröstend im Arm hielt.
    «Das werde ich wohl müssen.» Er sah seine Stieftochter an. «Hast du davon gewusst?»
    «Nein.» Antonias Antwort war kaum zu verstehen, sie hielt ihr Gesicht in Mettels Arm verborgen.
    Da sprang Marusch auf, riss ihre Tochter grob in die Höhe und schleifte sie hinter sich her in Richtung Schlafkammer. Man hörte sie die Stiege hinaufpoltern, hörte Maruschs wütende laute Stimme und dazwischen immer wieder das verzweifelte Schluchzen des Mädchens. Am liebsten wäre Marthe-Marie ihnen gefolgt, doch sie wagte nicht, sich einzumischen.
    Agnes kletterte auf ihren Schoß.
    «Ist Isabell ein Dieb?»
    «Nein, mein Spatz. Sie wird sicher bald wieder freigelassen.»
    Marusch kam allein zurück.
    «Das hier hat diese Mistkröte in ihrem Strohsack versteckt gehalten.»
    Sie leerte den Inhalt von Isabells Geldkatze auf den Tisch. Diego pfiff durch die Zähne.
    «Das reicht für ein gutes Reitpferd.»
    «Keiner rührt das an», fauchte Marusch, noch immer außer sich. «Seit Wochen treibt sie das schon so. Angeblich hat es Antonia erst heute erfahren. Und wisst ihr wo? In der Kirche. Da hat Isabell ihr alle Männer gezeigt, mit denen sie bereits rumgehurt hat, und ihr vorgeschlagen, beim nächsten Mal mitzukommen.»
    Sie ließ sich auf die Bank sinken.
    «Von mir aus kann die kleine Dirne im Turm verrecken.»
    Marusch tat Marthe-Marie Leid. So, wie sie vor sich hinstarrte, zermarterte sie sich wahrscheinlich den Kopf darüber, wie weit Antonia ihrer Freundin bereits auf deren verhängnisvollen Wegen gefolgt war.
    «Du musst Antonia vertrauen. Sie ist nicht wie Isabell, und das weißt du auch.»
    «Marthe-Marie hat recht. Für Antonia ist das alles schlimm genug, und es wird ihr eine Lehre sein.» Sonntag schob die Münzen wieder in den Beutel. «Das Geld nehme ich vorerst an mich. Und morgen werde ich trotz allem beim Magistrat vorsprechen.»
    Doch Leonhard Sonntag vermochte

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